Rhythm Games in VR - musikdidaktische Perspektiven aus dem Projekt LEVIKO-XR
Tobias Rotsch1, Philipp Ahner1, Charlotte Triebus2, Jochen Feitsch2
1Staatliche Hochschule für Musik Trossingen, Deutschland; 2Hochschule Düsseldorf, Deutschland
Das Erlernen von rhythmischen und metrischen Kompetenzen bildet einen zentralen Aspekt in Musikdidaktiken, Bildungsplänen und in der Unterrichtspraxis in Schulen und Musikschulen. Spätestens seit dem Erfolg von Applikationen wie Guitar Hero und Piano Tiles ist dieser Bereich des musikbezogenen Lernens auch in Form von Rhythm Games Teil digitaler Lernumgebungen. Den Lernenden (hier insbesondere Schülerinnen und Schülern in Schulen und Musikschulen) eröffnen sich hierdurch andere, neue oder erweiterte Lernwege und Lernorte sowie neue, andere oder erweiterte musikalische Genres, Stile und Werke. Diese technologiebasierten Angebote (Affordanzen) bieten auch aus musikdidaktischer Perspektive andere und neue Gestaltungsmöglichkeiten und dies gerade hinsichtlich selbstgesteuerter und individualisierter Lehr-Lern-Szenarien. Im Bereich Virtual Reality erfahren diese technologischen Innovationen kontinuierlich ihre Fortsetzung. Mittlerweile sind auf dem Markt eine Reihe unterschiedlicher kostengünstiger oder kostenloser Applikationen verfügbar, die zum Teil sehr aufwendig produziert sind und vielfältige Funktionen und Spielmodi bieten. Eine sehr verbreitete Anwendung ist beispielsweise Beat Saber.
Das Verbundprojekt LEVIKO-XR (Lehrkräftebildung in virtuellen Kontexten) untersucht an den drei Standorten Osnabrück, Düsseldorf und Trossingen Potenziale und Grenzen des Einsatzes von XR-Applikationen im Musikunterricht. Die Practice Research des Projekts wird anhand des Beispiels eines Lehr-Lern-Designs vorgestellt, das in einem iterativen Prozess über das Design-Based-Research Verfahren entwickelt wird (McKeeny, Reeves 2019). Das Projekt befindet sich aktuell in der Vorbereitung eines ersten Meso-Zyklus mit Fokussierung der (körperlichen) Interaktion mit der Technologie, korrelierender musikbezogener Erfahrungen und dazugehöriger Lernprozesse in VR-Rhythm-Games. Bisher durchgeführten Pretests als Mikrozyklen konzentrierten sich insbesondere auf eine detaillierte Analyse der Applikationen und genutzten Technologien, User Experiences sowie Fragestellungen zur Verbindung von Realraum und Digitalraum als hybrides Interaktionsmapping in körperbasierten Spielen, basierend auf System Usability Scale (SUS) (Brooke 1996), User Experience Questionnaire (UEQ) (Laugwitz, Schrepp & Held 2008), Mobile App Rating Scale (MARS) (Stoyanov, Hides, Kavanagh, Zelenko, Tjondronegoro & Mani 2015) sowie dem Technologieakzeptanzmodell (TAM) Technologieakzeptanzmodell (Venkatesh & Bala 2008).
Die Entwicklung der Designprinzipien fokussiert das Musiklernen von rhythmischen und metrischen Grundkompetenzen mit VR-Technologien, sowie Lernpotenziale der sich entwickelnden kulturellen Praxis, auf Basis der Förderprinzipien und Praxisfeldern im AMU (Jank und Stroh 2006, Jank 2014), des didaktischen Modells Mev (Wallbaum 2018) sowie aktueller Diskurse zum postdigitalen Musiklernen (mit VR). Diese relevanten Lernpotenziale werden im Kontext des Forschungsdesigns vorgestellt und reflektiert (Ahner 2022).
Post-digital Spaces for Music Education: Empirical Insights from the PULSE Laptop Ensemble Project
Lawrence Wilde
Universität Siegen
I am writing to propose a scientific lecture for the 'Contours of a Postdigital Music Education' Symposium. The lecture will introduce the 'PULSE: The Post-Digital Laptop Ensemble’ project at the University of Siegen.
PULSE is a technology-mediated music ensemble and a post-digital educational space for music teacher training. The project aims to develop new pedagogical formats in music, drawing on the concept of 'postdigitality' in educational science.
The lecture will present empirical findings based on data from student surveys, interviews, and course outcomes following the first year of PULSE’s operation. These findings support the view that the laptop orchestra can serve as an effective post-digital educational space. By addressing the impacts of digitalization on music education, the lecture aims to facilitate an exchange of ideas on these critical topics.
Launched in the winter semester of 2023, PULSE is part of the Music Institute of Faculty II, which includes the departments of Education, Architecture, and Art. The project was funded by the 'Besser innovativ!' grant of the University of Siegen Commission for Quality Improvement in Teaching and Studying. This funding supports projects that embrace diverse forms of teaching, learning, and examination within a culture of digitality.
The proposed lecture provides the first detailed account of PULSE's launch, exploring the motivations behind creating a laptop ensemble for pre-service music teacher education. It outlines the pedagogical, technological, and socio-cultural aspects of the project. The discussion will focus on the relationship between humans and technology in music education, challenging established ideas of linear progress and outdated dichotomies to promote a nuanced understanding of musical practice in the post-digital age.
The PULSE project aims to contribute to post-digital research in music education by exploring the sociomateriality of musical practice and fostering innovative formats of teacher training. It considers the potential of the laptop orchestra model to account for the diversity of musical practices and cultures, the increasingly mediatized and globalized nature of music education, and aligns with the goals of Education for Sustainable Development.
By examining empirical approaches to understanding the impact of digital technologies in music education, the lecture will highlight the project's commitment to sustainable educational development and its potential as a valuable model for future innovations in music education. It also contributes to the discourse on musical participation, sense of agency, and empowerment within the context of post-digital music education. The lecture will conclude with a discussion on the opportunities and challenges of integrating technology-mediated ensembles in music teacher training, emphasizing that these spaces, when effectively implemented, have the potential to prepare future educators for the field.
On the Ones and Twos – Digital DJing und (post)digitales Medienwissen
Lukas Iden2, Malte Pelleter1, Sophia Tobis1
1Universität Münster, Deutschland; 2Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Digitale Musikpraxen eröffnen neue Formen der ebenso präzisen wie spielerischen Arbeit mit ›Musikalischem Material‹. Im Rahmen dieses Beitrags wollen wir untersuchen, inwieweit das buchstäbliche Schrauben an Loops, Tracks und Samples im digitalen DJing neue Chancen für diversitätssensible Musikbildung eröffnet und fixen Kategorien von Identität und Ungleichheit im Musikunterricht entgegenwirken kann.
Dabei gehen wir davon aus, dass Digital DJing im Sinne »Phonographischer Arbeit« (vgl. Großmann 2016, Phonographic Work. Reading and Writing Sound) Lehrkräfte und Schüler:innen dazu befähigt, ästhetisch mit Sound als (post)digitales Medienmaterial umzugehen. Digital DJing lässt – mit seinen kreisenden Jog-wheels, wandernden Wellenformen und blinkenden Buttons – digitale Phonographie greifbar werden. Dabei werden sowohl die analoge Medialität des Vinyls als auch digitale Formate re-inszeniert und ineinander verschränkt. In eben diesem Sinne wären am so genannten ›digitalen‹ DJing zugleich ein praktisches Medienwissen und ein theoretisches Vokabular zu entwickeln, um aktuelle Produktionspraxen populärer Musik und ihre komplexen Wirklichkeiten nachzuvollziehen.
Einschlägige Softwares und Controller untersuchen wir vor diesem Hintergrund als epistemisch vielseitige MusikmachDinge (vgl. Ismaiel-Wendt 2016, post_PRESETS. Kultur, Wissen und populäre MusikmachDinge). Als Wissensobjekte lassen sich an Ihnen, wie oben angerissen, Medien/Materialitäten praktisch erproben. Sie lassen sich aber vor allem auch auf ihre technikkulturelle Verflechtung hin untersuchen – etwa mit subkulturellen Narrativen von DJ- und Producing-Kulturen. DJ-Technologien lassen dann bspw. die Entstehung des HipHop im Backspinning von Kool DJ Herc oder die Bedeutung der Four-To-The-Floor-Kick im Disco für die Stonewall-Kämpfer:innen aus den New Yorker Ballrooms hörbar werden. Eine solche historische Perspektive hilft, die (post)digitalen Werkzeuge in ihrer heutigen Form zu verstehen. Wir möchten insbesondere untersuchen, inwiefern sie auch helfen kann, Berührungsängste, mit der zunächst vielfach abschreckenden Technizität, welche häufig mit Gender-Stereotypen verbundenen sind, (vgl. Siedenburg 2022, Gendersensibler Musikunterricht) abzubauen. Indem wir die Geschichten der Technik erzählen, wird deutlich, dass es nicht um ihre ›korrekte‹ Bedienung oder die ›richtigen‹ Sounds geht, sondern darum, in der praktischen Arbeit – mit in bestem Sinne ›spielerischen Ernst‹ – (vgl. Ochsner et.al. 2023, ›Serious Gaming‹ oder Spielen Ernst Nehmen: Ein Forschungsprogramm) am und mit Sound zu erproben, was dieser noch alles (sein) kann.
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