SR: T-1001 UG: 1
Entwicklung eines Geschmackstests für Kinder im Alter von 3-6 Jahren mit und ohne SARS-CoV-2-Infektion.
Anne Schlegtendal, Johannes Weißenfeld, Christoph Maier, Thomas Lücke
Universitätskinderklinik Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
Hintergrund und Ziel:
Hypo- und Parageusie bei Vorschulkindern sind wenig erforscht. Ziel der Studie war die Entwicklung eines Geschmackstests für Kleinkinder (TasTY = taste test for young children) im Alter von 3-6 Jahren einschließlich der Analyse von Machbarkeit und Reliabilität in einem Test-Retest-Design, wobei Kinder mit und ohne vorheriger SARS-CoV-2-Infektion verglichen werden sollten.
Methode:
TasTY basiert auf einer Geschichte über ein krankes Dinosaurierbaby, das mit einem Zaubertrank geheilt werden soll, den die Kinder herausfinden sollen. Aus 10 zufällig ausgewählten Proben, bestehend aus Wasser (dient als Verständniskontrolle) oder 9 Lösungen (süß, salzig, sauer, jeweils in drei verschiedenen Konzentrationen), müssen die Kinder den „Zaubertrank“ identifizieren, der nicht wie Wasser schmeckt. Jede richtige Identifizierung (Zaubertrank: ja oder nein) bedeutet einen Punkt bis zur maximalen Testpunktzahl von 10. Bei 20 gesunden Kindern wurde der Test nach 7,8 ± 3,6 Wochen wiederholt.
Von 04-11/2022 wurden 66 Kinder (35 gesunde Kontrollen (HC), 31 mit einer PCR-bestätigten SARS-CoV-2-Infektion während der letzten 4 Monate (COVID-Gruppe), davon 27 (87%) symptomatisch erkrankt) getestet. Die Eltern wurden per Fragebogen zu Vorerkrankungen, Beschwerden im HNO-Bereich einschließlich Operationen und COVID-19-Status der Kinder befragt. Die statistische Analyse umfasste die Berechnung des Intraklassen-Korrelationskoeffizienten (ICC mit Standardfehler SEM), t-Test, chi-Test, ANOVA, multiple Regression und Spearman's rho. P < 0.05.
Ergebnisse:
59 Kinder (89%) identifizierten die Kontrolllösung (Wasser). Nur zwei Kinder (3 %) brachen ab. Die Test-Retest-Reliabilität war signifikant für die Gesamtpunktzahl (R=0,6; p < 0,01), salzig (R=0,78; p < 0,01), und die Kontrolle (R=0,61; p < 0,01), aber nicht für süß und sauer. Der ICC für den Test-Retest betrug 0,74 mit einem SEM von 0,71 und 0,79. Die Gesamtpunktzahl unterschied sich nicht zwischen den Gruppen (HC 8,2±1,5, COVID-Gruppe 8,37±1,5). Alter und Geschlecht beeinflussten die Punktzahlen (Multiple R = 0,3; p < 0,05). Dreijährige schnitten insgesamt schlechter ab als 4-6jährige (p < 0,01).
Schlussfolgerung:
Der TasTY ist ein zuverlässiger und praktikabler Test zur Beurteilung der Funktion des Geschmackssinns von Vorschulkindern. Im Gegensatz zum COVID-19-Status hatten Alter und Geschlecht einen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse. Die individuelle Bewertung der Testfähigkeit, insbesondere bei jüngeren Kindern ist erst sinnvoll, wenn die Kontrolllösung erkannt wurde.
SR: T-1001 UG: 2
Fallvorstellung: Grenzen der Tuberkulose-Diagnostik im Kindesalter
Susann Quickert1, Julia Weitzel1, Folke Brinkmann2, Manfred Ballmann1
1Kinder- und Jugendklinik, Universitätsmedizin Rostock; 2Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck
Die Mortalität der Tuberkulose (TB) im Kindesalter ist im Vergleich zu Erwachsenen deutlich höher. Neben einem größeren Risiko für schwere Krankheitsverläufe tragen dazu auch zahlreiche Herausforderungen in der pädiatrischen TB-Diagnostik bei.
Wir berichten von einem Patienten, der 2023 mit seiner Familie aus Moldawien nach Deutschland einreiste. Die Erstaufnahmeuntersuchung ergab bei der Mutter einen TB-verdächtigen Befund im Röntgen-Thorax. Daraufhin erfolgte in unserem Haus die TB-Diagnostik der drei Kinder. Bei den zwei Töchtern wurde eine latente tuberkulöse Infektion (LTBI) mit positivem Interferon-Gamma-Release Assay (IGRA) nachgewiesen. Der Sohn (13 Jahre, Erhalt einer BCG-Impfung nach Geburt) zeigte initial bei unauffälliger Klinik einen negativen IGRA. Bei röntgenologisch fraglich TB-verdächtigem pulmonalen Herd wurde der Verdacht auf eine pulmonale TB gestellt und eine antibiotische 3-fach Therapie (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid) begonnen. Die mikrobiologische Diagnostik (Mikroskopie, PCR, Kultur) des Jungen blieb negativ.
Im Verlauf gelang der Nachweis von M. tuberculosis in einer Sputum-Kultur der Mutter mit Resistenzen gegenüber Isoniazid und Rifampicin, sodass eine Multidrug-resistent Tuberkulose (MDR-TB) vorlag. Im Rahmen einer erneuten Diagnostik blieb der IGRA des Patienten weiterhin negativ. Zudem war der pulmonale Herd im Röntgen nicht mehr darstellbar, sodass die Vermutung bestand, dass initial keine Infektion mit M. tuberculosis stattgefunden hatte. Bei anhaltendem Kontakt zu MDR-TB wurde entsprechend des Resistogramms der Mutter eine Chemoprophylaxe mit Levofloxacin und Ethambutol initiiert. Darunter entwickelte der Junge eine ausgeprägte Gonarthritis, sodass die Therapie beendet werden musste. Bei Überprüfung der Therapieindikation zeigte sich nun bei infektfreiem Patienten ein grenzwertig positiver IGRA. Die erneute stationäre Diagnostik erbrachte eine unauffällige Bildgebung und Mikrobiologie (inklusive Bronchoalveolärer Lavage) sowie einen weiteren negativen IGRA-Befund. Bei Verdacht auf ein falsch positives Testergebnis entschieden wir uns nach breiter Diskussion gegen eine weitere antibiotische Therapie und vereinbarten Verlaufskontrollen. Diese erbrachten nach drei Monaten bei anhaltender pulmonaler Beschwerdefreiheit erneut einen positiven IGRA. Über den anschließenden Beobachtungszeitraum von einem Jahr blieb der Patient ohne weitere antibiotische Therapie symptomfrei und gut belastbar. Im Röntgen Thorax zeigten sich ebenfalls keine neuen Aspekte.
In Zusammenschau der umfangreichen Diagnostik ist eine zurückliegende Infektion mit M. tuberculosis letztlich nicht sicher auszuschließen.
Es zeigt sich, dass die leitliniengerechte TB-Diagnostik in Einzelfällen Fragen aufwirft und eine individuelle Interpretation von Untersuchungsbefunden erfordert. Zu diskutieren sind neben unspezifischen radiologischen und mikrobiologischen Befunden auch das therapeutische Vorgehen bei widersprüchlichen Untersuchungsergebnissen sowie der Nutzen weiterer Diagnostik bei Beschwerdefreiheit.
SR: T-1001 UG: 3
Seltene Differentialdiagnose eine „happy wheezers“
Cristina-Teodora Lelutiu, Anna Wiemers
St. Josef Bochum, Deutschland
Hintergrund
Einleitung: Das juvenile Xanthogranulom ist eine seltene Form der Non-Langerhanszelll Histiozytose, die häufigste Form ist die kutane Form. Extrakutane Präsentationen sind selten.
Ergebnisse
Kasuistik: Wir berichten über einen 7 Monate alten männlichen Säugling der sei dem zweitem Lebensmonat und einer RSV-Infektion ein persistierendes pfeifendes Atemgeräusch hatte. Bei sehr gut gediehenem Säugling, initial unauffälligem Röntgenbild und einer kurzfristigen Befundbesserung unter inhalativer Therapie bestand zunächst die Diagnose eines „happy wheezers“. Aufgrund im Verlauf zunehmender Dyspnoezeichen und Distanzgiemen erfolge ein weiteres Röntgen des Thorax mit Nachweis einer Atelektase des rechten Oberlappens und Überblähung links. Eine CT Thorax zeigte eine hochgradige Stenose des rechten Hauptbronchus (HB) ohne Nachweis der komprimierenden Ursache. In der initialen Bronchoskopie zeigte sich a.e. Granulationsgewebe welches aus dem rechten HB bis in die Trachea herauswucherte. Mehrere Proben hiervon wurden mittels Zangen und Körbchen abgetragen zur histopathologischen Untersuchung. Eine Fremdkörperaspiration als Ursache konnte nicht ausgeschlossen werden. Bei schwierigem Atemweg war eine vollständige Abtragung nicht möglich und es wurde zunächst eine systemische Steroidtherapie begonnen. Im Verlauf waren mehrfach Atemwegsendoskopien erforderlich mit sukzessiver Abtragung des Gewebes aus dem rechten HB und Rekanulierung des rechten Oberlappenabgangs u.a. mit Einsatz einer Cryosonde. Ein Fremdkörper zeigte sich nicht.
Die histopathologische Untersuchung stellte schlussendlich die Diagnose einer Non-Langerhanszell-Histiozytose, spezifisch eines juvenilen Xanthogranuloms. Es erfolgte die Vorstellung des Kindes in der Kinderonkologie zur weiteren Diagnostik und Therapie. Unter Larotrectinib, einem Tropomyosin-Rezeptor-Kinase (TRK)-Inhibitor, war der Junge im Verlauf vollständig beschwerdefrei. Eine Re-Endoskopie nach 3 Monaten Therapie zeigte nur noch ein leichtes Schleimhautödem und lymphatische Hyperplasien.
Schlussfolgerung
In unserem Fall präsentieren wir eine sehr seltene Differentialdiagnose bei einem Säugling mit persistierendem Giemen nach einer RSV- Infektion. Pulmonale Manifestationen juveniler Xanthogramulome sind extrem selten. Unter einer Therapie mit Larotrectinib kam es rasch zur Remission der Erkrankung.
Interessenkonflikte: Keine
SR: T-1001 UG: 4
Bleibt alles anders: Besondere atypische Pneumonie
Carolin Czekalla1, Mirjam Stahl1,2,3
1Klinik für Pädiatrie m.S. Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 2Berlin Institute of Health at Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; 3Deutsches Zentrum für Lungenforschung, assoziierte Partnersite
Fallbeschreibung: Ein 16-jähriges Mädchen wurde mit seit zwei Wochen bestehender Schwäche, seit drei Tagen bestehendem Fieber und zunehmender Dyspnoe vorgestellt. Die Patientin hatte eine bekannte Immunschwäche aufgrund einer off-label Chemotherapie und Antikörpertherapie bei einem Hodgkin-Lymphom ohne Cotrimoxazol-Prophylaxe .
Diagnostik: Der Aufnahmestatus zeigte eine Jugendliche in mäßig reduziertem Allgemeinzustand mit einer Atemfrequenz von 29/min, Ruhedyspnoe, jugulären Einziehungen, Pulmo mit ubiquitär abgeschwächtem Atemgeräusch sowie apikal ein leises Knistern beidseits. Der O2-Bedarf lag bei 3l/min über die Nasenbrille. Laborchemisch bestanden initial erhöhte Entzündungsparameter und eine erhöhte Laktatdehydrogenase bei stark verminderten CD4+-Zellen in der Lymphozytendifferenzierung. Das Röntgen-Thorax zeigte diffuse bilaterale Infiltrate. Die CT des Thorax wies ubiquitär eine Milchglastrübung auf. Im Blut erfolgte der positive DNA-Nachweis von Pneumocystis jirovecii. Nebenbefundlich zeigten sich Nachweise von CMV-DNA sowie Parvo B19-DNA. Ein direkter Erregernachweis durch induziertes Sputum gelang nicht, bei nicht vorhandener Sputumproduktion. Eine bronchoalveoläre Lavage war wegen eines stark eingeschränkten Allgemeinzustandes mit respiratorischer Insuffizienz nicht möglich. In Zusammenschau der Befunde lag der hochgradige Verdacht einer Pneumocystis jirovecii-Pneumonie vor.
Behandlung und Verlauf: Die Patientin erhielt initial eine hochdosierte intravenöse Erstlinientherapie mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol 20 mg/kg/d TMP-Anteil und Doxycyclin zur Abdeckung von Pneumocystis jirovecii bei nicht eingenommener Cotrimoxazol-Prophylaxe und V.a. atypische Pneumonie sowie eine unterstützende Sauerstofftherapie. Bei anhaltendem Fieber und respiratorischer Dekompensation eskalierten wir die antibiotische Therapie auf Ampicillin-Sulbactam und Azithromycin anstatt des Doxycyclins und ergänzten um eine antimykotische Therapie mit Amphotericin B sowie bei CMV-Nachweis um Ganciclovir. Zudem war eine intermittierende High flow-Therapie notwendig. Bei anhaltendem pO2 < 70 mmHg in der kapillären BGA war der Beginn einer intravenösen Steroidtherapie mit Prednisolon 1mg/kg/d indiziert. Darunter stabilisierte sich der Zustand und besserte sich allmählich. Wir führten die antibiotische Therapie mit einer Cotrim-Monotherapie fort. Nach drei-wöchiger intensiver Behandlung wurde die Patientin entlassen, gefolgt von ambulanter Nachsorge und prophylaktischer Antibiotikatherapie.
Hintergrund: Die Pneumocystis-Pneumonie (PCP) ist eine seltene, lebensbedrohliche Infektion, die besonders bei immungeschwächten Patienten, v.a. mit CD4+-Zell-Mangel, auftritt. Die Mortalitätsrate bei Immunsuppremierten, mit negativen HIV-Status, liegt bei 30-60% (Thomas CF, Liper AH. Pneumocystis Pneumonia. New Engl. J Med 2004; 350 (24): 2487 – 98 CrossRef MEDLINE).
Schlussfolgerung: Dieser Fall betont die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und aggressiven Behandlung der PCP, insbesondere bei immungeschwächten Patienten. Ein rechtzeitiger Erregernachweis, bestmöglich mit einer bronchoalveolären Lavage, und geeignete antimikrobielle Therapie sind entscheidend für das Überleben. PCP sollte bei schweren respiratorischen Erkrankungen unklarer Ätiologie in die Differenzialdiagnose einbezogen werden. Zudem ist eine Cotrimoxazol-Prophylaxe unausweichlich bei immungeschwächten PatientInnen, um eine schwere Infektion zu vermeiden.
SR: T-1001 UG: 5
Fallserie stationär behandelter pädiatrischer Patient:innen mit Mycoplasma Pneumoniae Pneumonie – ein Post-Covid-19-Pandemie-Effekt?
Jule Rohde1, Guido Stichtenoth1,2, Folke Brinkmann1,2, Alexander Herz1,2
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck; 2Airway Research Center North (ARCN), Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL)
Einleitung:
Mycoplasma Pneumnoniae (MP) ist eine häufige Ursache für Infektionen der oberen und unteren Atemwege bei Kindern und kann in Endemiemiejahren für mehr als 40 % der pädiatrischen Fälle ambulant erworbener Pneumonien (pCAP) verantwortlich sein. Während die Zahl der diagnostizierten MP-Infektionen in den letzten Jahren aufgrund der Covid-19-Pandemie und der Umsetzung nicht-pharmazeutischer Restriktionsmaßnahmen weltweit fast vollständig zurückgegangen ist, ist in den letzten Monaten deutschlandweit ein deutlicher Anstieg der Inzidenz von MP-Infektionen zu verzeichnen gewesen.
Fallserie:
Diese Fallserie umfasst eine Auswertung aller Patient:innen mit MP-Pneumonie (MPP), die zwischen November 2023 und Juli 2024 in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKSH Lübeck stationär behandelt wurden. Die Infektion wurde bei 20 Mädchen und 14 Jungen, deren durchschnittliches Alter 9,7 Jahre betrug, durch einen nasopharyngealen Abstrich mittels PCR detektiert. In dieser retrospektiven Analyse wurden die Inflammationsparameter, radiologischen Befunde sowie die Krankheitsschwere anhand der Aufenthaltsdauer, Notwendigkeit einer Sauerstofftherapie und des Auftretens extrapulmonaler Manifestationen ausgewertet. Dem gegenübergestellt wurden die nur 24 stationären MPP-Fälle der Jahre 2014-2022.
Ergebnisse:
Verglichen mit den Vorjahren zeigte sich ein deutlicher Anstieg der stationären Fallzahlen. Insbesondere in den Jahren 2020-2022 - zum Höhepunkt der Covid-19-Pandemie - war kein einziger stationärer Fall einer MPP zu vermerken. Das Aufnahmelabor zeigte meist mäßig erhöhte Inflammationsparameter, der röntgenologische Pneumoniebefund war vielseitig. Die stationäre Aufenthaltsdauer betrug im Mittel 5,4 Tage und war u.a. abhängig von der Dauer der Sauerstofftherapie bei etwa 2/3 Patient:innen. 59% der Patienten waren bereits ambulant antibiotische anbehandelt worden. Zusätzlich zur antibiotischen Therapie erhielt knapp die Hälfte der Patient:innen eine Behandlung mit systemischen Steroiden. Bei ca. 1/3 der Patienten war eine virale Koinfektion nachweisbar und 3 Krankheitsfälle waren durch zusätzlich extrapulmonale Manifestationen gekennzeichnet.
Diskussion:
Die Ergebnisse dieser Fallserie stimmen mit den weltweiten Beobachtungen überein, dass die Anzahl der hospitalisierten Kinder mit MP-Infektionen derzeit deutlich ansteigt und die Inzidenzen der vorangegangenen Epidemie aus dem Jahre 2019 sogar übertroffen werden. Die Gründe dafür sind vielfältig - das Zusammenwirken viraler, bakterieller und wirtsbezogener Faktoren ist bislang noch nicht vollständig verstanden. Theorien umfassen Veränderungen im molekularen Virulenzmuster der MP-Stämme. Eine weitere mögliche Erklärung ist der Rückgang der Herdenimmunität, der durch die pandemiebedingten Beschränkungen verstärkt wurde.
SR: T-1001 UG: 6
Neutropenie mit gewissen Extras
Stefanie Dillenhöfer1, Anna Hoffmann1, Anne Schlegtendal1, Thomas Lücke1, Folke Brinkmann2, Tobias Rothoeft1
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, St. Josef Hospital, Universitätsklinikum Bochum, Deutschland; 2Abteilung pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Universitätskinderklinik, Deutsches Zentrum für Lungenforschung (ARCN,DZL), Universität Lübeck, Universität Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck
Fallbericht:
Wir berichten über einen 3jährigen Patienten mit Aortenisthmusstenose mit tubulärer Hypoplasie des distalen Bogens, linkem Aortenbogen mit A. lusoria, persistierendem Ductus arteriosus, korrigiert im Alter von 5 Tagen mit Resektion der Aortenisthmusstenose mit End-zu-End-Anastomose und Erweiterungsplastik des Aortenbogens. Im Mai 2024 wurde der Patient geplant zur operativen Korrektur der postoperativ neu aufgetretenen Subaortenstenose und sowie einer hochgradigen Mitralstenose stationär aufgenommen. Im Labor zeigte sich eine schwere Neutropenie und leichte CD8+ Lymphopenie, worauf eine Cotrimprophylaxe initiiert wurde. Laut Eltern habe er in den zurückliegenden Monaten rezidivierende Bronchitiden, Fieberepisoden von 10-14 Tagen Dauer und vermehrten Nachtschweiß ohne Belastungsintoleranz gehabt.
In der abdominellen Bildgebung fanden sich verkalkte Lymphknoten abdominell und Verkalkungen der Milz sowie im Röntgen-Thorax eine rundliche Konsolidierung rechts infrahililär. Der Quantiferontest und der RT23 waren positiv, in den Magennüchternsäften gelang der Nachweis von Mykobakterium tuberculosis (PCR)..und damit der Nachweis einer disseminierten Tuberkulose. Nach Ausschluss einer tuberkulösen Meningoenzephalitis (cMRT und Liquorpunktion) initiierten wir eine 4fach Therapie mit Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol bei initial 1420 Neutrophilen/µl. Nach bereits 3 Tagen Abfall der Neutrophilen auf 540/µl mit weiterem Abfall auf 310/µl, so dass wir eine Therapie mit Granulozyte-colony-stimulating-factor(G-CFS) zur Verbesserung der Immunantwort begannen, um die Miliartuberkulose weiter effektiv behandeln zu können. Mit Nachweis von Autoantikörpern gegen neutrophile Granulozyten konnte zusätzlich die Diagnose einer Autoimmunneutropenie gesichert werden.
Schlussfolgerung:
Bei klassischer Symptomatik einer Tuberkulose (Husten, rezidivierende Fieberschübe, Nachtschweiß) ist die Tuberkulosediagnostik - auch wenn andere Begleitsymptome oder Differentialdiagnosen vorliegen - zügig zu initiieren. In diesem Fall wurde die Diagnose der Miliartuberkulose zeitlich verzögert durch die schwere Neutropenie, die zunächst auch eine Erklärung für Fieberepisoden hätte sein können. Die Weiterführung der antituberkulöse 4fach Therapie wurde verkompliziert durch die Autoimmunneutropenie, die nun mit G-CSF behandelt wird.
Bekannt sind bereits Fallberichte, bei denen gesunde Kinder durch die iatrogen verursachte Neutropenie durch die Therapie mit Isoniazid bei Tuberkulose mit G-CSF erfolgreich behandelt wurden (1). Zuvor bereits bestehende Neutropenien bei Tuberkulose werden nicht vermehrt beschrieben.
1 Eur Respir J. 2004 Apr;23(4):649-50. doi: 10.1183/09031936.04.00053804.G-CSF enables completion of tuberculosis therapy associated with iatrogenic neutropenia. Cormican LJ et al
SR: T-1001 UG: 7
Bronchiale Kompression und Lymphknoteneinbruch bei Lungentuberkulose im Kindes- und Jugendalter
Pia Maier, Nicolaus Schwerk, Katharina Schütz, Martin Wetzke
Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover
Hintergrund: Hauptmanifestation der kindlichen Tuberkulose (TB) ist der Befall von hilären und paratrachealen Lymphknoten. Potenzielle Komplikationen dieser Manifestation sind bronchiale Kompression sowie Einbruch von Lymphknoten in das Bronchialsystem mit konsekutiver Obstruktion des Atemwegs.
Methoden: Retrospektive, monozentrische Analyse von pädiatrischen Patienten mit bronchoskopisch gesicherter bronchialer Kompression oder Lymphknoteneinbruch im Rahmen einer TB in einem Krankenhaus der Maximalversorgung im Zeitraum von 2017 bis 2024.
Ergebnisse: Es wurden n=23 Kinder mit gesicherter TB identifiziert, bei denen eine diagnostische Atemwegsspiegelung erfolgte. Bei n=15 (65%) wurde eine bronchiale Kompression oder ein Lymphnoteneinbruch in das Bronchialsystem identifiziert. Das mediane Alter lag bei 23 Monaten, n=11 waren <3 Jahre alt, 60% waren männlich. Kein Patient zeigte spezifische klinische Symptome, die auf eine komplizierte Lungentuberkulose hindeuteten. Das rechte Bronchialsystem war häufiger von isolierter Kompression betroffen (80%), das linke häufiger von Lymphknoteneinbruch (59%). In 67% der Fälle waren Transparenzminderungen durch Atelektase, Dystelektase oder Konsolidierung als radiologische Zeichen einer Verlegung des Atemwegs präsent. In 10 Fällen wurde eine Bronchoskopie vor Beginn der Tuberkulosetherapie durchgeführt, wobei eine bronchiale Kompression in 40% und Lymphknoteneinbruch in 60% nachweisbar war. In 8 Fällen erfolgte die Bronchoskopie unter Tuberkulosetherapie aufgrund radiologischer Zeichen einer komplizierten Lungentuberkulose und in 100% der Fälle bestätigte sich ein Lymphknoteneinbruch. Zur Eröffnung des Bronchiallumens wurden flexible und starre Zangen oder Kryosonden eingesetzt. Mikrobiologische Kulturen von geborgenem Material waren in 75% vor und in 33% nach Einleitung der Tuberkulosetherapie positiv. Eine Therapiemodifikation mit Ergänzung der antituberkulostatischen Behandlung um eine systemische Steroidtherapie erfolgte in 94%.
Schlussfolgerungen: 1) Bronchiale Kompression und Lymphknoteneinbruch sind Komplikationen der Lungentuberkulose, die auch unter Tuberkulosetherapie auftreten können. 2) Risikopatienten sind Kinder unter 3 Jahren. 3) Die Patienten sind oft asymptomatisch, haben aber bei ausgeprägter bronchialer Kompression/Lymphknoteneinbruch meist suggestive radiologische Befunde. 4) Die Bronchoskopie ermöglicht die Unterscheidung zwischen bronchialer Kompression/Lymphknoteneinbruch und die interventionelle Therapie.
SR: T-1001 UG: 8
Klinische Charakteristika von hospitalisierten Kindern mit humanem Metapneumovirus im Vergleich zu Respiratory Syncytial Virus
Samra Roth1, Andreas Ambrosch2, Michael Kabesch1, Alexander Kiefer1
1Kinderuniversitätsklinik Ostbayern (KUNO) der Universität Regensburg an der Klinik St. Hedwig des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Regensburg, Abteilung für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Regensburg, Bayern, Deutschland; 2Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Institut für Labormedizin, Mikrobiologie und Klinikhygiene, Regensburg, Bayern, Deutschland
Hintergrund:
Humanes Metapneumovirus (hMPV) ist ein häufiger Erreger von oberen und unteren Atemwegsinfektionen im Kindesalter. Analog zu anderen respiratorischen Viren ist der Erkrankungsverlauf in der Regel mild bis moderat und selbstlimitierend. Schwere Verläufe sind u.a. bei jungen Säuglingen, Frühgeborenen sowie Kindern mit chronischen Erkrankungen beschrieben. Wir berichten über klinische Charakteristika der hMPV-Infektionen in unserer Klinik im Vergleich zu RSV-Infektionen.
Methoden:
In den Jahren 2023 und 2024 hospitalisierte Patienten mit hMPV-Nachweis mittels rt-PCR wurden retrospektiv bezüglich Altersstruktur, Liegedauer, klinischen Aspekten sowie Ko-Infektionen analysiert.
Ergebnisse:
Im Analysezeitraum wurden 54 Patienten mit einer hMPV-Infektion hospitalisiert. Die Altersspanne der Patienten reichte von 0,5-192 Monaten, das mediane Alter lag bei 9 Monaten. In 16 Fällen (30 %) lag eine Ko-Infektion mit Rhinovirus vor, die zweithäufigste Ko-Infektion war Adenovirus (3 Fälle, 5,5 %). Bei einem Patienten lag eine Ko-Infektion mit RSV vor. Bei 3 Patienten war eine Atmungsunterstützung mittels HighFlow notwendig. Bei 14 Patienten (25 %) betrug die Liegedauer länger als 7 Tage (als Ausdruck der Erkrankungsschwere), während die Mediane-Liegedauer bei 4 Tagen lag. Gehäuft traten die Infektionen im Zeitraum von Februar bis April (32 Fälle, entspricht 60 %), mit vereinzelten Nachweisen über das restliche Jahr verteilt. Sowohl Altersverteilung als auch Dauer der Hospitalisierung zeigte keine signifikanten Unterschiede zu RSV Infektionen im gleichen Beobachtungszeitraum.
Schlussfolgerung:
Respiratorische Infektionen mit hMPV sind im Vergleich zur RSV Infektionen seltener und treten häufig nach der RSV Saison auf. Das Altersspektrum sowie die klinischen Verläufe sind ebenso wie die Liegezeit vergleichbar. Da aktuell kein regelhaftes Aufnahmescreening erfolgt, wird die Anzahl von hMPV Infektionen möglicherweise unterschätzt.
SR: T-1001 UG: 9
RSV Awareness und Akzeptanz der Immunisierung mit Nirsevimab - eine Querschnittsbefragung unter Eltern von Neugeborenen
D. Funken1, K. Beinhauer1, E. Röpe1, J. Beitler2, S. Ritter1, C. Happle1, M. Lange2, M. Wetzke1
1Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover, sowie Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL), Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease (BREATH), Hannover, Deutschland; 2Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Oldenburg – Elisabeth-Kinderkrankenhaus, Oldenburg, Deutschland
Hintergrund: Seit Sommer 2024 empfiehlt das RKI die passive Immunisierung von Neugeborenen und Säuglingen mit Nirsevimab zur Prävention schwerer RSV-Infektionen im ersten Lebensjahr. Public-Health-Effekte sind nur bei einer breiten Anwendung der Prophylaxe zu erwarten. Bisher liegen keine Daten zur Awareness für RSV und der assoziierten Erkrankung sowie zur Akzeptanz der Immunisierung bei Eltern von Neugeborenen in Deutschland vor.
Zielsetzung: Erfassung des Wissensstandes der Eltern von Neugeborenen über die RSV-Erkrankung und der Akzeptanz der Immunisierung mit Nirsevimab sowie Identifikation von Personengruppen mit geringerer Immunisierungsrate.
Methodik: Querschnittsbefragung von Eltern auf Wochenbettstationen in zwei norddeutschen Geburtskliniken mittels eines standardisierten Fragebogens.
Ergebnisse: Im Zeitraum KW 40-48/2024 haben n=163 Eltern den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Das mediane Alter der Neugeborenen betrug zum Zeitpunkt der Befragung einen Tag. 53% der Befragten gaben an, keine oder nur rudimentäre Kenntnisse über die RSV-Erkrankung zu haben. 32% der Eltern gaben an, Angst vor einem schweren Infektionsverlauf zu haben. In der Gruppe der Eltern, die bereits persönliche Erfahrungen mit der Erkrankung gemacht hatten (z.B. Geschwisterkind), lag der Anteil der Besorgten bei 72%. 74% gaben an, nicht oder nur unzureichend über die Immunisierung mit Nirsevimab informiert zu sein. Als Hauptinformationsquelle wurden Kinderärzte oder Geburtshelfer angegeben (35% bzw. 33%), Hebammen spielten eine untergeordnete Rolle (18%). 41% der Eltern wollten ihre Kinder impfen lassen, 38% waren sich zum Zeitpunkt der Befragung unsicher. 12% lehnten die Impfung ab. Als häufigster Hinderungsgrund wurde unzureichende Information genannt. Bei der Akzeptanz der Immunisierung zeigten sich keine Gruppenunterschiede nach soziodemographischen Merkmalen.
Schlussfolgerung: In der vorliegenden Stichprobe war das Wissen über RSV und die Immunisierung mit Nirsevimab bei einem Großteil der befragten Eltern gering. Die Angst vor der Erkrankung war mit persönlichen Erfahrungen assoziiert. Die Akzeptanz der Immunisierung und damit auch der Erfolg auf Bevölkerungsebene sind an eine ausreichende Information der Eltern gebunden.
SR: T-1001 UG: 10
Seltene Lungenerkrankung – oder doch nicht?
Anne-Kathrin Schulz1, Katharina Hufert2, Kristina Stamos1, Christoph Meißner3, Nina Aldag4, Christian Vogelberg1
1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Klinik u. Poliklinik für Kinder- u. Jugendmedizin, FB Kinderpneumologie/Allergologie, Universitäts AllergieCentrum, CAC, Dresden, Deutschland; 2Medizinische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen; 3Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Institut und Poliklinik für diagnostische und interventionelle Radiologie, Abteilung Kinderradiologie; 4Praxis für Kinderpneumologie und Allergologie, Kinderzentrum Dresden-Friedrichstadt (Kid), Dresden
Hintergrund:
Chronische Lungenerkrankungen stellen bereits im Kinderalter oft diagnostizierte Krankheitsbilder dar. Während das Asthma bronchiale und rezidivierende Bronchitiden zu den häufigen Erkrankungen zählen, werden chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen mit Lungenstrukturveränderungen bei Kindern und Jugendlichen nur selten verzeichnet, in der Literatur sind nur einzelne Fälle beschrieben. Hierbei sind eine genaue Anamneseerhebung und eine ausführliche Diagnostik unerlässlich, um die korrekte Diagnose stellen und eine adäquate Therapie einleiten zu können.
Kasuistik:
Ein 15-jähriger, ursprünglich aus Venezuela stammender Patient wird aufgrund einer chronisch-obstruktiven Ventilationsstörung der Abteilung für Kinderpneumologie zugewiesen. Der Jugendliche leidet unter Belastungsdyspnoe und Leistungsminderung, eine auswärtige Bodyplethysmographie hatte bereits eine schwere bronchiale Obstruktion gezeigt. Ein aufgrund der partiell positiven Bronchospasmolyse durchgeführter Therapieversuch mit ICS/LABA über mehrere Wochen hatte keine wesentliche Besserung erbracht.
Anamnestisch war vor vier Jahren in Venezuela eine pulmonale TBC diagnostiziert und für drei Monate mit einer 4-fach-Therapie behandelt worden. Die bisherige Entwicklung des Jugendlichen war bis dato unauffällig und die Familienanamnese ohne wesentliche Auffälligkeiten.
Im klinischen Status stellt sich eine ausgeprägte Thoraxasymmetrie dar. Ein CT Thorax weist zusätzlich eine inhomogene Lungenüberblähung rechts sowie eine Volumenminderung links mit Lungenstrukturveränderungen nach. Die hier durchgeführte Bodyplethymographie bestätigt erneut eine mittelschwere bis schwere obstruktive Ventilationsstörung, diesmal mit negativer Bronchospasmolyse, das FeNO ist unauffällig.
Zur Komplettierung der Diagnostik wird eine Bronchoskopie angeschlossen, welche eine generalisierte Schleimhautentzündung ohne anatomische Auffälligkeiten zeigt. Ein Schweißtest bleibt unauffällig.
Aufgrund der multiplen pulmonalen Auffälligkeiten werden verschiedene mögliche ursächliche Erkrankungen diskutiert. Nach Ausschluss einer zugrundeliegenden Grunderkrankung werden die Befunde letztlich als klassischer, wenn auch im Jugendalter und unserer Region seltener Befund einer Defektheilung bei unzureichend therapierter TBC eingeordnet. Hierbei sind in der Literatur insbesondere die Obstruktion und Dilatation der Atemwege, Emphysem, Kavernenbildung sowie pulmonale Gefäßveränderungen beschrieben.
Zusammenfassung:
Auch heute noch ist die Tuberkulose trotz moderner Therapiemöglichkeiten ein häufiges Krankheitsbild. Die Inzidenz beträgt ca. 6,7/100.000 Einwohner pro Jahr. Insbesondere bei erwachsenen Patienten wird nach nicht ausreichend langer Therapie häufiger eine Defektheilung beobachtet, bei Kindern wird dies nur selten verzeichnet. Zur optimalen Therapie der Patienten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere auch bei Transition in der Erwachsenenmedizin erforderlich. Die Patienten sollten an Spezialambulanzen angebunden werden und regelmäßige klinische Kontrollen erhalten.
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