SR: T1002: 1
FEES bei komplex kranken Kindern – ja, nein, vielleicht und wenn, wie?
Sandra Bergmann1, Oliver Muensterer1, Karl Reiter2, Carola Schön2
1Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderchirurgie, LMU Klinikum München, Deutschland; 2Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderbronchoskopie, LMU Klinikum München, Deutschland
Die FEES (flexible/fiberoptic endoscopic evaluation of swallowing) ist bei Erwachsenen eine sichere und hinreichend validierte Schluckuntersuchung. Sie ermöglicht die nähere Klassifikation von Dysphagien sowie eine Aussage über Aspiration beim Schlucken bei Erwachsenen als auch bei Kindern (Miller & Willging, 2020; Printza et al., 2022; Zang et al., 2021). Die untersuchten Kinder sind wach, die FEES ist in jedem Alter und bedside möglich. Die FEES ermöglicht zudem eine Beurteilung der Larynxfunktion bei Phonation und Atmung. Trotz der positiven Datenlage ist der Einsatz der FEES in der Pädiatrie weltweit als auch in Europa sehr unterschiedlich, sowohl hinsichtlich Verfügbarkeit als auch der praktischen Durchführung. Standards hinsichtlich Einführung der FEES, Ausbildung der Untersuchenden und Durchführung fehlen (Pizzorni et al, 2024; Zang et al., 2022), ein ganzheitlicher und patientenorientierter Zugang zum Thema ist noch nicht obligatorisch (Krug et al., 2023). In diesem Vortrag werden Implementierung und Durchführung der FEES in einem universitären Kinderkrankenhaus aus einem erfahrungsbasierten, multidisziplinären Blickwinkel beleuchtet. Dabei liegt der Fokus auf Ein- und Ausschlusskriterien bei komplex kranken Kindern mit Dysphagie.
Methode
Die untersuchten Kinder wurden aus den mit Dysphagie vorgestellten PatientInnen gewählt, vorab erfolgte eine multidisziplinäre Teambesprechung. Im Falle eines Konsensus hinsichtlich FEES-Indikation wurde die Untersuchung im Therapeut-Arzt-Tandem durchgeführt. Die Ergebnisse wurden unter Berücksichtigung des klinischen Bildes und – falls vorhanden – weiterer bildgebender Verfahren bewertet sowie mit der aktuellen Literatur verglichen. Von Februar 2024 bis November 2024 durchliefen 15 Kinder im Alter von zweieinhalb Wochen bis 16 Jahre die FEES. Hauptindikation waren unklare Dysphagie und unbekanntes Aspirationsrisiko bei Kindern mit ÖA (n=5), Kindern mit syndromaler Grunderkrankung (n=2) und Kindern mit feuchter bzw. auffälliger Stimme/Atmung (n=5). In 4 Fällen ergab sich in der FEES der Verdacht auf eine bisher unbekannte laryngeale Ursache wie z.B. Larynxspalte. Alle Untersuchungen verliefen komplikationslos, keine musste abgebrochen werden. Herzstücke für eine erfolgreiche FEES in der Pädiatrie sind die bedachte Komposition des FEES-Teams als auch die patienten- und familienzentrierte Kommunikation vor der Untersuchung.
Zusammenfassung
Die FEES ist auch in der Pädiatrie eine sichere Untersuchung. Dennoch muss sie für Kinder mit komplexen Grunderkrankungen hinsichtlich Indikation bzw. Aussagekraft und Konsequenz differenziert betrachtet werden. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen eine hohe Aussagekraft hinsichtlich Schluckstörungen, aber auch funktionellen laryngealen Auffälligkeiten. Zusätzlich zur wissenschaftlichen Datenlage müssen Teamstruktur, Fachexpertise und Erfahrung im Bereich pädiatrische Dysphagie als auch Fütterstörungen Beachtung finden.
SR: T1002: 2
Move-PCD – A multi-center longitudinal randomized controlled trial on the effect of a 6-month individualized and supervised physical activity (PA) program on quality of life (QoL) in children, adolescents, and adults with primary ciliary dyskinesia
Anna Teresa Hoffmann1, Anne Schlegtendal1, Klaus Baum2, Anna Mai3, Christoph Maier1, Julien Stein3, Marianne Tokic3, Stefanie Dillenhöfer1, Thomas Lücke1, Nina Timmesfeld3, Folke Brinkmann1,4
1University Clinic for Pediatrics and Adolescent Medicine, Ruhr University Bochum, Alexandrinenstr. 5, 44791 Bochum; 2Trainigsinstitut Prof. Dr. Baum, Wilhelm-Schlombs-Allee 1, 50858 Köln; 3Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (AMIB), Ruhr University Bochum, 44780 Bochum; 4University Clinic Schleswig Holstein, Section for Pediatric Pneumology and Allergology, Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Background: Primary Ciliary Dyskinesia (PCD) is a rare genetical disease characterised by malfunction of the motile cilia leading to impaired muco-ciliary clearance in the respiratory tract. There is no cure for PCD, only supportive therapy like physical activity (PA) aimed at minimising the progression of the disease and improving quality of life (QoL) of people with PCD (pwPCD). However, there is no scientific evidence to support this recommendation. In addition, regular medical advice to increase PA remains largely ineffective in pwPCD. Methods: In this first multicentre, randomized controlled trial the putative positive effect of a 6-months supported PA program on QoL will be evaluated. The intervention group receives an individual PA program, while the control group should continue exercising as usual. A QoL-PCD questionnaire, motor test and lung function will be carried out over 12 months at regular intervals in both groups. In addition, PA is recorded in both groups using activity trackers during the study period. The main aim is to estimate the difference in the change of QoL between both groups after 6 months. Therefore, our full analysis set consists of all randomized patients and analysis is performed using the intention-to-treat principle. Results: Recruitment has been ongoing since March 2024 and 44 participants, of whom 23 are minors (as of October 30, 2024), have been included in six study centres yet. The participants had a median age of 17 years (IQR 21). The adults had a median FEV1 of 74% (IQR 35) when enrolled, the minors of 86% (IQR 10.5). Almost a third was Pseudomonas aeruginosa positive. At the beginning of the study, one-third each felt happy/full of energy often or at least sometimes. Half of the participants were physically active more than 1x/week. 20 participants are currently in the intervention group. There have been two dropouts so far for personal, non-medical reasons. Discussion: Currently, one third of the estimated sample size has been recruited. The spectrum of participants includes all age groups and lot of them were already previously active in sports. The aim is to present complete data in March 2025; these may differ from the current status. Overall, we assume that the supervised PA program results in a better QoL compared to sole recommendation for PA. We suspect that the supervised PA program also improves adherence to treatment in the medium and long term, which could reduce future disease progression.
SR: T1002: 3
Chiari-Malformation Typ 1 mit Kompression des zervikalen Myelons als Ursache für Laryngomalazie
Anna Pauly1, Mathis Steindor1, Adela Della Marina2, Heike Kölbel2, Philipp Dammann3, Florian Stehling1
1Universitätsklinikum Essen, Abteilung Pädiatrische Pneumologie, Essen, Deutschland; 2Universitätsklinikum Essen, Abteilung Neuropädiatrie, Essen, Deutschland; 3Universitätsklinikum Essen, Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie, Essen, Deutschland
Hintergrund
Die Chiari-Malformation Typ 1 ist eine angeborene Fehlbildung der hinteren Schädelgrube, die mit einer kaudalen Verlagerung der Kleinhirntonsillen in das Foramen magnum einhergeht. Klassischerweise resultieren eine Kleinhirnsymptomatik mit zerebellärer Ataxie sowie eine zentrale Atemregulationsstörung infolge einer Kompression des zervikalen Myelons.
Fallbericht
Wir berichten über einen 3-jährigen Jungen mit inspiratorischem Stridor, nächtlichem Schnarchen, rezidivierenden Bronchitiden sowie einer progredienten Kleinhirnsymptomatik mit Dyslalie, Schluckstörung und Ataxie der unteren Extremitäten. Klinisch präsentierte sich der Patient mit der klassischen Symptomatik einer Laryngomalazie. Im Schlaflabor zeigte sich das Bild einer zentralen Atemregulationsstörung mit zusätzlich obstruktiven Apnoen. Laryngoskopisch wurde die Diagnose einer Laryngomalazie bestätigt und als Typ 3 nach Olney (inspiratorischer Kollaps der Epiglottis) eingeordnet. MR-tomographisch wurde eine Chiari-Malformation Typ 1 mit Tiefstand der Kleinhirntonsillen und Kompression des zervikalen Myelons nachgewiesen. Nach suboccipitaler Dekompression und Laminektomie HWK1 mit Teilresektion der tiefstehenden Kleinhirntonsillen und Duraerweiterungsplastik normalisierte sich nicht nur die schlafbezogene Atmungsstörung, sondern auch die laryngomalazisch bedingte Obstruktion der oberen Atemwege. Bis auf banale Atemwegsinfektionen bestanden im weiteren Verlauf keine relevanten respiratorischen Probleme mehr. Auch klinisch-neurologisch entwickelte sich der Patient altersentsprechend und es ergab sich kein Hinweis auf ein fokal-neurologisches Defizit.
Schlussfolgerung
Die Kompression des zervikalen Myelons im Rahmen einer Chiari-Malformation kann nicht nur zu einer zentralen Atemregulationsstörung, sondern auch (am ehesten durch Kompression der basalen Hirnnerven) zu dem Bild einer Laryngomalazie führen. Beide respiratorischen Manifestationen konnten in unserem Fall mittels neurochirurgischer Therapie behandelt werden.
Interessenskonflikte
Keine
SR: T1002: 4
Kritisches segmentales Hämangiom, labial, subglottisch und mit Sternenhimmel-Effloreszenzen im zentralen und distalen Bronchialbereich
Annika Döhmen, Pauline Sadrieh, Hans Kössel, Jochen G Mainz
Klinikum Westbrandenburg, Brandenburg Medical School (MHB)University Hospital, Brandenburg an der Havel, Germany.
HINTERGRUND
Wir berichten über den Fall einer kritischen laryngealen Raumforderung, die ex juvantibus bei raschem Ansprechen auf orales Propranolol als subglottisches submuköses Hämangiom diagnostiziert werden konnte. Ein kutanes Hämangiom im Bereich der Unterlippe in Verbindung mit der kritischen subglottischen Raumforderung und multiplen flohstichartigen Effloreszenzen im Bereich des linken Bronchialbaums und der Trachea veranlassten eine probatorische Therapie mit dem Betablocker. Infantile Hämangiome sind häufige vaskuläre Tumoren bei Kindern. Während kleinere kutane Hämangiome in der Regel keiner spezifischen Behandlung bedürfen, erfordern Lokalisationen des oberen Atemwegstraktes, welche zu einem lebensbedrohlichen Verschluss der Atemwege führen können, einer angemessenen und rechtzeitigen Diagnostik und Therapie. Bei Hämangiomen, insbesondere des Gesichtes und hier besonders im „Bartbereich“ besteht ein erhöhtes Risiko für ein gleichzeitiges vorliegendes Hämangiom der (oberen) Atemwege.
FALLZUSAMMENFASSUNG
Ein zwei Monate altes, primär asymptomatisches, Mädchen entwickelte eine zunehmende Obstruktion der oberen Atemwege mit Husten, Tachy- Dyspnoe und intermittierendem, vorwiegend inspiratorischem Stridor. Darüber hinaus wies sie kleine, stecknadelkopfgroße Hämangiome der rechten Unterlippe auf. Während des stationären Aufenthalts wurde ein nun biphasischer Stridor immer ausgeprägter, sodass wir eine flexible Bronchoskopie durchführten. Es zeigte sich subglottisch dorsolateral ein submuköser Tumor, der etwa 60% des Lumens obstruierte und dessen Oberfläche sich nicht von der umgebenden Atemwegsschleimhaut unterschied. Darüber hinaus fanden wir kleine, flohstichartige erythematöse Effloreszenzen, segmental im unteren Bronchialbaum und an der dorsalen Trachea verteilt. Die kleine Patientin entwickelte eine zunehmend kritische Atemwegsobstruktion mit Sauerstoffbedarf. Wir sahen ein Hämangiom als zentrale Differentialdiagnose und leiteten eine probatorische orale Therapie mit Propranolol ein. Bereits nach zwei Tagen führte diese zum vollständigen Abklingen des Stridors, sodass die Mutter um ein Heimmonitorgerät bat, da sie „ihre Tochter nicht mehr atmen hörte“.
SCHLUSSFOLGERUNG
In unklaren Fällen von Dyspnoe und Stridor sollte ein segmentales Hämangiom der Atemwege als ursächlicher Faktor in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn es gleichzeitig mit anderen kutanen Hämangiomen sekundär auftritt. In unserem Fall konnte die Diagnose eines subglottischen Hämangioms somit ex juvantibus gestellt werden. Segmentale Hämangiome im Gesicht, die jedoch größer als 5 cm sein sollten, treten beim PHACES-Syndrom auf. Die kleineren Hämangiome unserer Patientin waren aber nicht mit Anomalien des Herzens, des Sternums (Mittellinienanomalien) oder der Augen assoziiert. Einen Anlass zum MRT des Schädels zum Ausschluss einer Dandy-Walker oder Gefäß-Anomalie sahen wir nicht beim sonst altersgerecht entwickelten Mädchen. Wir freuen uns über das regelrechte Gedeihen ohne Propranolol-Nebenwirkungen wie Bradykardien, Hypoglykämien, Hypotension oder Bronchospasmen.
SR: T1002: 5
Tracheale Narben ohne Ursache - pädiatrische Kohorte mit idiopathischer, subglottischer Stenose
Karl Reiter, Florian Hey, Carola Schoen
Kinderklinik der Universität am Dr. von Haunerschen Kinderspital, LMU München, Deutschland
Ein chronisch-progredienter, inspiratorischer oder biphasischer Stridor ist selten und hat je nach Altersgruppe diverse Ursachen, die primär (z.B. Atemwegsmalformationen) oder sekundär (z.B. Postintubationsstenose) sein können.
Die idiopathische, subglottische Stenose ist ein bei jungen Frauen durchaus bekanntes Krankheitsbild. Demgegenüber finden sich nur vereinzelt Berichte über pädiatrische Patienten. Wir möchten anhand dreier Patienten auf Symptomatik, Diagnostik und Therapie dieses Krankheitsbildes aufmerksam machen, das bereits im Kleinkindalter auftreten kann.
Aufgrund eines über Wochen bis Monate progredienten inspiratorischen, in späteren Phasen biphasischen Stridors kamen 3 Kinder (m, m, w) im Alter von 3,5 Jahren, 7 und 10 Jahren zur bronchoskopischen Diagnostik. Es zeigte sich jeweils eine ausgedehnte narbige Stenose von subglottischem Larynx und proximaler Trachea. Weder anamnestisch noch pathologisch als auch in breiter Organ- und immunologischer Diagnostik fand sich eine greifbare Ätiologie. Therapeutisch kamen Laser- und Ballondilatation zur Anwendung. Rezidive traten bei allen Kindern im Abstand von 3 bis 33 Monaten vor, sodass 2 - 3 weitere bronchoskopische Eingriffe erforderlich wurden. Im Intervall waren die Kinder symptomfrei.
Eine idiopathische, subglottische Stenose kann bereits im Kleinkindalter auftreten. Ein chronisch progredienter inspiratorischer oder biphasischer Stridor ist das führende Symptom, die Diagnosestellung gelingt bronchoskopisch. Pathogenetisch ist die Erkrankung ungeklärt. Es gibt Hinweise auf immunologische Auffälligkeiten unter Beteiligung von IL-17. Therapieoptionen sind symptomatisch und beinhalten interventionelle bronchoskopische Massnahmen wie Ballondilatation mit evtl Laserinzision und lokaler Steroidinjektion sowie in ausgewählten Fällen eine Tracheasegmentresektion. In der Regel besteht die Notwendigkeit interventioneller Massnahmen über Jahre, die Langzeitprognose ist bei Kindern und Jugendlichen unklar.
SR: T1002: 6
Orofaciodigitales Syndrom vom Typ XVII mit einer oberen Atemwegsobstruktion auf doppelt und dreifachem Boden
Guido Stichtenoth1,2,3, Mats Ingmar Fortmann1, Philipp Jung1, Ursula Schröder4, Britta Hanker5, Alexander Herz1,2,3
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, UKSH, Campus Lübeck; 2Universitätsklinium Schleswig-Holstein; Sektion Pädiatrische Pneumologie & Allergologie; 3Airway Research Center North (ARCN), Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL); 4Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie, UKSH, Campus Lübeck; 5Institut für Humangenetik, UKSH, Campus Lübeck
Hintergrund: Die häufigste und meist transiente angeborene Obstruktion der oberen Atemwege stellt eine Laryngotracheomalazie dar. In dem hier dargestellten syndromalen Fall stellten sich diagnostisch und klinisch sequentiell Engen des oberen Atemwegs auf drei Ebenen dar.
Kasuistik: Ein eutrophes männliches Neugeborenes der 41+3 Schwangerschaftswoche aus einem Perinatalzentrum Level II wird uns bei progredienter respiratorischer Globalinsuffizienz mit biphasischen Stridor unter CPAP Beatmung mit 60% Sauerstoff per Baby Notarzttransport vorgestellt. Videolaryngoskopisch zeigte sich eine gekerbte Epiglottis und eine retrolaryngeale Raumforderung. Des Weiteren fand sich eine präaxiale Hexadaktylie, eine postaxiale Polydaktylie sowie kardial eine bikuspide Aortenklappe. Bei Verschlechterung nach Aufnahme erfolgte eine bronchoskopische Inspektion und eine videolaryngoskopische Intubation. Nach Stabilisierung am Tubus erfolgte eine Fehlbildungsdiagnostik bestehend aus Echokardiographiue, cerebralem MRT, Abdomensonographie und eine genetische Evaluation. Letztere ergab im Trio-Exom eine homozygote Variante unklaren Phänotyps im INTU Gen, für das wiederum zwei assoziierte Phänotypen beschrieben sind. Einer davon ist das orofaciodigitale Syndrom XVII. Hierzu liegen Fallberichte von nur wenigen Patienten vor, bei denen jedoch keine laryngotrachealen Auffälligkeiten beschrieben worden sind. Nach Diagnostik und Stabilisierung mit 5 Tagen invasiver Beatmung führten wir sequentiell mehrere diagnostische Schlaf-Bronchoskopien durch. Diese konnten die große retrolaryngeale Raumforderung als Plusgewebe bei einer ausgeprägten Laryngomalazie zuordnen. Die Stimmbandebene war zu diesem Zeitpunkt schwer beurteilbar, oft geschlossen, zeigten aber letztlich eine intermittierende Öffnung unter abflachender Sedierung. Bei fehlender Besserung unter nicht-invasiver Beatmung mittels CPAP und High-Flow erfolgte eine Laser-Supraepiglottoplastik mit Vermeidung einer Ansaugung der Aryknorpel und der Epiglottis. In Folge konnte der Patient jedoch weiter nicht vom High-Flow abtrainiert werden und zeigte weiter einen bestehenden Stridor und eine eingeschränkte Trinkleistung. Die Stimmbänder zeigen nun das Bild einer kontinuierlichen straffen Parese. Letztlich erfolgte die Anlage einer Trachealkanüle und einer PEG, wonach der Patient sich deutlich stabilisierte und in die häusliche Pflege entlassen wurde.
Schlussfolgerungen: Die ausgeprägte Laryngotracheomalazie erschwerte die diagnostische Exploration der straffen Stimmbandparese. Bei nachgewiesener homozygoter INTU Gen Variante mit assoziiertem orofaciodigitalem Syndrom stellt die obere Atemwegsobstruktion mit Laryngomalazie und straffer Stimmlippenparese eine bisher nicht beschriebene Assoziation dar.
SR: T1002: 7
Automatisierte Analyse genetischer Daten von Patienten mit Primärer Ciliärer Dyskinesie
Paul Siek1, Anna-Lena Katzke1, Martin Wetzke2, Felix Ringshausen3, Gunnar Schmidt1, Bernd Auber1, Sandra v. Hardenberg1
1Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland; 2Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland; 3Klinik für Pneumologie und Infektiologie, Medizinische Hochschule Hannover und Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL), Hannover, Deutschland
Hintergrund: Die Diagnostik der Primären Ciliären Dyskinesie (PCD) ist komplex, aktuell sind mindestens 45 Gene eindeutig mit PCD assoziiert. Dennoch kann bei 20-30% der Patienten mit einem klaren PCD-Phänotyp keine ursächliche pathogene Variante nachgewiesen werden. Die Sequenzierdaten könnten regelmäßig unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse neu bewertet werden, doch fehlt es vielen Laboren an Personal und Kapazitäten für diese ressourcenintensive Aufgabe. Ziel dieser Studie ist es daher zu untersuchen, ob ein automatisiertes Variantenbewertungstool den Prozess der Reanalyse genetischer Daten beschleunigen und zuverlässiger und skalierbarer gestalten kann.
Methoden: Insgesamt wurden Daten von 172 Patienten (50 pädiatrische und 122 adulte), bei denen zwischen 2018 und 2023 eine genetische Diagnostik mittels Exom- oder Genomsequenzierung durchgeführt wurde, reanalysiert. Varianten in 912 Genen, die mit PCD oder Differentialdiagnosen assoziiert sind (z.B. Immundysregulation), wurden mit HerediClassify (unveröffentlichtes Tool) automatisiert klassifiziert. Es verwendet 20 der in der genetischen Variantenklassifizierung üblichen 28 Bewertungkriterien des American College of Medical Genetics (ACMG). Eine Kontrollkohorte (n=35) mit bereits manuell klassifizierten Varianten wurde zusätzlich mit HerediClassify analysiert. Für alle analysierten Patienten wurde der PICADAR-Score (PrImary CiliARy DyskinesiA Rule) bzw. der modifizierte PICADAR-Score (adulte Patienten), ein klinisches Tool in der Diagnostik der PCD, ermittelt. Ein positiver Score (≥5 bzw. ≥2) wurde durch HerediClassify in die automatisierte Variantenklassifizierung mit einbezogen.
Ergebnisse: Für 23 pädiatrische Patienten (46%) und 28 adulte Patienten (23%) wurde ein positiver PICADAR-Score berechnet. Durch HerediClassify wurden bei PICADAR-positiven Patienten 36 (pädiatrisch) bzw. 38 (adult) Varianten als wahrscheinlich pathogen klassifiziert. In der Kontrollkohorte wurden durch die Autoklassifizierung 25 von 35 manuell klassifizierten Varianten (71%) erkannt. Da die als wahrscheinlich pathogen klassifizierten Varianten im Tool ausschließlich heterozygot bei autosomal rezessivem Erbgang waren und keine zweite Variante identifiziert wurde, konnten bisher keine neuen Diagnosen gestellt werden.
Diskussion: HerediClassify erkennt in einer Kontrollkohorte 74% der manuell klassifizierten Varianten korrekt. Die Reanalyse von 172 Patienten ergab keine neuen Diagnosen, was möglicherweise auf eine bereits gründliche Auswertung der genetischen Daten zum Zeitpunkt der ursprünglichen Diagnostik zurückzuführen ist. Eine automatisierte Klassifizierung von Varianten in allen PCD-assoziierten Genen und Differentialdiagnosen sollte als First-Tier-Tool in der genetischen Diagnostik in Erwägung gezogen werden, um eine schnelle und effiziente Erstbewertung genetischer Varianten zu ermöglichen.
SR: T1002: 8
Der doppelte Aortenbogen als Ursache von Stridor – zwei lehrreiche Fälle
Roman Scheidmann1, Ida Hüners2, Daniel Biermann2, Philippe Stock1
1Altonaer Kinderkrankenhaus, Deutschland; 2Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Kinderherzmedizin und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern
Einleitung
Vaskuläre Ringbildungen wie der doppelte Aortenbogen (DAB) können relevante Auswirkungen auf die tracheoösophageale Funktion haben. Als Symptom können Atemnebengeräusche auftreten. Ein biphasischer Stridor sollte zeitnah abgeklärt werden, da lebensgefährliche Komplikationen möglich sind.
Fallvorstellung
Wir berichten von zwei lehrreichen Fällen:
Fall 1
Ein 8 Monate altes Mädchen mit seit der Geburt vorliegendem biphasischen Stridor erlitt nach Fütterung von Wurst einen Atemstillstand und musste 26 Minuten reanimiert werden. Letztlich kam es zur Verlegung der Atemwege durch ein Stück Wurst im Ösophagus. In der Bildgebung (Echokardiographie, MRT) zeigte sich ein DAB als Korrelat des Stridors und Ursache des Wurstbolus. Nach Resektion des nicht dominanten Aortenbogens war endoskopisch eine Besserung der Trachealstenose zu verzeichnen, die sich auch in einer gebesserten Beatmungssituation zeigte. Die Verlegung ins heimatnahe Kinderkrankenhaus erfolgte am 2. postoperativen Tag. Die klinische Symptomatik war im Verlauf deutlich gebessert.
Fall 2
Bei einem weiblichen Säugling ergab sich bereits pränatal der V.a. auf einen DAB, der postnatal echokardiographisch aber nicht bestätigt werden konnte. Eine Tracheoskopie zeigte eine Malazie, aber keine Pulsationen. Das Kind hatte einen chronischen Stridor, mit 3 Lebensmonaten kam es zu einer infektbedingten respiratorischen Erschöpfung mit Intubationsnotwendigkeit. In der Bildgebung (Echokardiographie, MRT) bestätigte sich schließlich doch ein DAB als Korrelat des Stridors. Nach Resektion des nicht dominanten Aortenbogens lag eine gebesserte (Be-) Atmungssituation vor. Der postoperative Verlauf war bei Komplikationen (Pneumothorax, Infektion) etwas protrahiert. Die Verlegung ins heimatnahe Kinderkrankenhaus erfolgte am 5. postoperativen Tag.
Fazit
Vaskuläre Ringbildungen zeigen nicht immer klar zuordbare Symptome, selbst bei relevanter Kompression (1). Bei klinischen Symptomen wie Stridor oder bei bereits pränatal gestellten (Verdachts-) Diagnosen sollte eine zeitnahe interdisziplinäre Abklärung nicht verzögert werden. Hierzu gehören eine Echokardiographie (in Ruhe) mit Darstellung der großen thorakalen Gefäße sowie eine Atemwegsendoskopie und Schnittbildgebung. In entsprechenden Zentren werden die Korrekturoperationen mit hoher Qualität und niedrigen Komplikationsraten durchgeführt (2,3), intraoperativ bietet die Atemwegsendoskopie einen Mehrwert. Je früher die Operation stattfindet, desto besser erscheint das Outcome (2,3). Daher hat die pränatale Diagnostik einen hohen Stellenwert.
Zukünftig sollten die (inter-) nationalen Erkenntnisse in der Betreuung von Patienten mit prä- und postnatal diagnostizierten vaskulären Ringbildungen gesammelt und Handlungsleitfäden erstellt werden, insbesondere für a- oder nur mild symptomatische Patienten.
SR: T1002: 9
Evaluation von Scores zur Indikationsstellung einer Bronchoskopie bei Verdacht auf Fremdkörperaspiration
Laura Hennig, Maike vom Hove, Tobias Lipek, Freerk Prenzel
Pädiatrische Pneumologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Leipzig, Deutschland
Einleitung: Bei Verdacht auf Fremdkörperaspiration muss entschieden werden, ob eine Bronchoskopie notwendig ist. Dabei werden Risiken der Bronchoskopie und Anästhesie sowie der Ressourceneinsatz gegen das Risiko eines übersehenen Fremdkörpers abgewogen. Es wurden Entscheidungsscores entwickelt, die wir an einem PatientInnen-Sample testeten.
Methode: In dieser retrospektiven Untersuchung analysierten wir die Dokumentation von 23 Kindern, die zwischen 2022 und 2024 mit Verdacht auf Fremdkörperaspiration eine Röntgen-Bildgebung erhielten und in unserer Abteilung bronchoskopiert wurden. Wir testeten zwei Entscheidungsscores: FOBAS (2023) und nach Özyüksel (2021).
Ergebnisse: Bei den Scoringsystemen von FOBAS und nach Özyüksel ergaben sich in unserem Sample folgende Werte: Die Sensitivität von FOBAS (Score ≥ 7, entspricht hochgradigem Fremdkörper-Verdacht) lag bei 40 %, während die Spezifität 84,6 % betrug. Der negativ prädiktive Wert für FOBAS erreichte 64,7 %, der positiv prädiktive Wert lag bei 66,6 %. Für das Scoring nach Özyüksel zeigte sich eine Sensitivität von 70 % und eine Spezifität von 46,1 %. Der negativ prädiktive Wert betrug 66,6 %, während der positiv prädiktive Wert bei 50,0 % lag.
Diskussion: In unserer Kohorte scheinen die getesteten Scoring-Systeme in alleiniger Anwendung die klinische Entscheidung nicht zu verbessern. Um Testgütekriterien für die klinische Entscheidung zu berechnen, fehlt die Gruppe derer, die bei Verdacht auf Fremdkörperaspiration nicht bronchoskopiert wurden. Die Literatur zeigt, dass die Anamnese wenig Aussagekraft hat, während körperliche Untersuchung und Röntgenbild besser geeignet sind, den Ausgang der Bronchoskopie abzuschätzen. Neueste Ansätze nutzen computerbasierte neuronale Netzwerke zur Vorhersage des Bronchoskopie-Ausgangs anhand von Röntgenbildern.
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