„Ich muss die Dinge irgendwie erleben, also von Büchern einen bestimmten Griff oder einen bestimmten Klang zu nehmen, das ist nicht meins! Ich muss etwas gehört haben, was mich berührt oder etwas selbst gefunden haben, was mich berührt hat. Es ist immer die Berührung, die als Ausgangspunkt stattgefunden haben muss“ (zit. n. Oberschmidt 2014, S. 12). Wenn Carola Bauckholt hier einen Kompositionsprozess skizziert, lässt sich dieses kompositorische Credo sowohl als reale Beantwortung auf Konzepte Künstlerischer Forschung wie auch auf jene frühkindlichen Lernens lesen, ganz gleich ob hier für letzteres die Schriften Johann Gottfried Herders über „die Spielkammer des Kindes“ (Herder 1853, S. 26) bemüht oder die 10 Thesen zur Ästhetischen Bildung von Gerd Schäfer herangezogen werden: „Ästhetische Erfahrung ist damit nichts, was man der kindlichen Entwicklung willkürlich oder auch ergänzend hinzufügen oder einfach von ihr wegnehmen könnte. Sie ist grundlegend dafür, daß ein Kind aus eigener Erfahrung heraus […] sich seine Welt deuten kann“ (Schäfer 1999, S. 30). Somit verbietet es sich, die verschiedenen Autoritäten des Wissens gegeneinander auszuspielen. Wie sich die Komponistin in die subtile Klanglichkeit unserer Alltagswelt begibt, diese „erforscht“ und in ihren hochkomplexen Kompositionen verdichtet – und wie sich außerdem auch das Changieren zwischen Prozessen der Komposition und der Interpretation als künstlerisches Forschen fassen lässt, soll im Rahmen dieses Vortrags im Sinne einer sich entwickelnden Variation dargestellt werden: „Filterung“, „Organisation“, „Beherrschung“ sind hier Schlüsselbegriffe, um Musik aus dem Geräusch her zu erklären“ (Haffter et al. 2014, S. 9).
Wenn nun eine Komponistin das ästhetische Lernen zu ihrem eigenen kompositorischen Konzept macht, dann liegt es nahe, hier mögliche Potenziale für pädagogische Zusammenhängen aufzuzeigen. Das hier zu benennende Elementare darf dabei zugleich auch als das Elementare des Fachs Musiktheorie bezeichnet werden, wenn es sich in den Schnittstellen zwischen Komposition, Interpretation und Analyse mit den Phänomenen der Wahrnehmung und des Verstehens auseinandersetzen möge und wie jede moderne Wissenschaft „zwischen Akademie und Werkstatt“ entstand (Mittelstraß 2014).