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»Denkende Organisten statt mechanische Ziffernspieler!« Zur Lehrtradition der Prager Orgelschule
Zeit:
Freitag, 04.10.2024:
16:40 - 17:10
Ort:Raum 7.139
Komboraum
Gebäude 7
Lipezker Str. 47
03048 Cottbus
Sitzungsthemen:
Freie Beiträge
Präsentationen
Vortrag Themen: Freie Beiträge Stichworte: Partimento, Prager Orgelschule, Carl Franz Pitsch, Kontrapunkt, Musiktheorie im 19. Jahrhundert
»Denkende Organisten statt mechanische Ziffernspieler!« Zur Lehrtradition der Prager Orgelschule
Philipp Zocha
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Hochschule für Musik Freiburg, Deutschland
Carl Franz Pitsch (1786–1858) wurde von seinen Zeitgenossen nicht selten als der letzte große Bewahrer der kontrapunktischen Orgelkunst in Prag beschrieben. Bis zu seinem Tod gestaltete und prägte er als Organist, Lehrer und Direktor der Orgelschule das Prager Musikleben entscheidend. Obwohl die Prager Orgelschule bis zu ihrer Zusammenlegung mit dem Prager Konservatorium im Jahr 1890 die vorrangige Adresse für eine höhere Ausbildung in Harmonielehre und Kontrapunkt und damit auch der Komposition in Prag war, steht deren Wahrnehmung bis heute hinter der Strahlkraft namhafterer Ausbildungsinstitute zurück.
Anhand der von Pitsch für die Ausbildung an der Orgelschule in Druck gegebenen Kompositionen und Übungen lässt sich nicht nur die ästhetische Ausrichtung der Schule sondern auch die Unterrichtsmethodik und kontrapunktische Lehrtradition rekonstruieren. Neben einer spezifischen Adaption der Partimentotradition nutzte Pitsch den Generalbass in Kombination mit einer Stufentheorie auch als analytisches Instrument zur Schulung harmonischen Denkens. Zudem zeigen die im Kontext der Prager Orgelschule veröffentlichten Übungen, Präludien- und Fugensammlungen ein Interesse an J.S. Bachs Kompositionen auf der einen und auf der anderen Seite eine deutlich ausgeprägte Tendenz, eine eigene Prager Kontrapunkttradition zu bewahren. Dass Pitsch ein gefragter Lehrer und fähiger Direktor war, belegen neben dem positiven Echo, das die öffentlichen Prüfungskonzerte während seiner Tätigkeit an der Orgelschule fanden, auch die konstant hohen Schülerzahlen der Orgelschule, unter deren Absolventen sich namhafte Komponisten wie Josef Bohuslav Foerster, Wilhelm Mayer-Rémy, Antonín Dvořák und Leoš Janáček befanden.
Nach einer Vorstellung der gedruckten Übungen und Orgelwerke soll erörtert werden, wie das Spielen und Analysieren bezifferter Bässe an der Prager Orgelschule genutzt wurde, um kontrapunktisches und harmonisches Denken zu schulen und darüber hinaus satztechnische und ästhetische Impulse für das eigenständige Improvisieren und Komponieren zu liefern.