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Komponierte Improvisation? Zur Aufnahme improvisatorischer Elemente in die Komposition im 19. Jahrhundert
Zeit:
Samstag, 05.10.2024:
15:20 - 15:50
Chair der Sitzung: William Michael Helmcke
Ort:Raum 7.139
Komboraum
Gebäude 7
Lipezker Str. 47
03048 Cottbus
Sitzungsthemen:
Fryderyk Chopin und die Musiktheorie seiner Ausbildungszeit, Freie Beiträge
Präsentationen
Vortrag Themen: Fryderyk Chopin und die Musiktheorie seiner Ausbildungszeit, Freie Beiträge Stichworte: Improvisation, Werktreue, Komposition, strukturelle Integration
Komponierte Improvisation? Zur Aufnahme improvisatorischer Elemente in die Komposition im 19. Jahrhundert
Magdalena Oliferko-Storck
Universität Bern, Switzerland
Die Aufnahme von Improvisationselementen in Kompositionen der 1830er Jahre war durch die Philosophie der Zeit bedingt. Obwohl der ontologische Status und das Konzept eines Musikwerks zu dieser Zeit noch «in statu nascendi» waren, legten die meisten Kritiker bereits mehr Wert auf das Werk selbst als auf seine Aufführung. Der im 19. Jahrhundert aufkommende Begriff eines musikalischen Werkes räumte der Werktreue als dessen ideale Verkörperung den höchsten Stellenwert ein. Das wachsende Bedürfnis, die Bestandteile der Partitur – das ideale Abbild des Werkes – möglichst genau zu definieren, führte dazu, dass während der Aufführung improvisierte musikalische Gesten an Bedeutung und ästhetischem Wert verloren. Während die Improvisation in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts noch ein fester Bestandteil der musikalischen Ausbildung war, kam es ab den 1830er Jahren zu einem starken Rückgang ihrer Popularität und in der Mitte des Jahrhunderts verschwand sie vollständig von den Konzertbühnen und Salons. Die letzte musikalische Abhandlung, die die Praxis der freien Improvisation widerspiegelte, war Carl Czernys Lehrbuch “Systhematische Anleitung zum Fantasieren auf dem Pianoforte” Op. 200 (1829) und in geringerem Umfang “Traité d'harmonie” Op. 185 von Friedrich Kalkbrenner (1839). Ab den 1830er Jahren geriet die Improvisation im Aufführungsprozess aus der Mode. Der Versuch, die Elemente eines Musikwerks in der Partitur so weit wie möglich zu spezifizieren, hatte jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Aufnahme von Figuren improvisatorischen Ursprungs in die Komposition selbst. Die Praxis der Improvisation geriet zwar nicht völlig außer Gebrauch, fand aber Eingang in die niedergeschriebene Komposition.
In diesem Vortrag werde ich einen Überblick über die Veränderungen in der Musiksprache zwischen den1830er und 1840er Jahren im Hinblick auf die Integrität improvisierter Gesten und musikalischer Notation geben. Am Beispiel der Werke von Franz Liszt und Frédéric Chopin werde ich eine Strukturanalyse ausgewählter melodischer Figuren vornehmen, die die Tradition improvisatorischer Provenienz in der Komposition fortsetzt.