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Klänge im Treibhaus. Zur Harmonik und Satztechnik im fünften Wesendonck-Lied
Zeit:
Freitag, 04.10.2024:
17:20 - 17:50
Ort:Raum 9.122
Gebäude 9
Lipezker Str. 47
03048 Cottbus
Sitzungsthemen:
Musiktheorie im Fin de siècle, Freie Beiträge
Präsentationen
Vortrag Themen: Musiktheorie im Fin de siècle, Freie Beiträge Stichworte: Richard Wagner, Harmonik, Tristan, Wesendonck-Lieder
Klänge im Treibhaus. Zur Harmonik und Satztechnik im fünften Wesendonck-Lied
Benjamin Weinhold
Musikhochschule Freiburg, Deutschland
In seiner Vertonung von Mathilde Wesendoncks „Im Treibhaus“ (1858) findet Richard Wagner zu einer schwül-sinnlichen, eigentümlich-modernen Klanglichkeit, die eine musikalische Fin-de-Siècle-Stimmung vorwegzunehmen scheint. Schon der „symbolistische“ Ton des Wesendonckschen Gedichts scheint eher einen späteren Zeit anzugehören.
Ernst Kurth sah in der das Lied beherrschenden Sequenz ein Modell jener Zersetzung des Sequenzprinzips, die für ihn ein Charakteristikum dessen war, was er unter romantischer Harmonik verstand. Die Klangfolge würde hier zum Sekundären, die Linien gewännen die Oberhand über die harmonische Organisation. Eine Zersetzung der Sequenz findet tatsächlich statt, aber sie geht – und scheinbar im Widerspruch zu Kurths Beobachtung – mit einer Intensivierung der Klangsinnlichkeit einher, die sich förmlich in den Vordergrund zu schieben scheint: Im Hörvorgang scheint eher der Klang überhand über die Linienführung zu nehmen, als dass der Klang in der zweifellos stattfindenden kontrapunktischen Emanzipation der Stimmen zum Verschwinden gebracht würde.
In meinem Vortrag verfolge ich die These, dass Wagner diese Wirkung erzeugt, indem historisch gewachsenes musikalisches Material gleichsam rekontextualisiert und dadurch klanglich verfremdet wird. Zwei Aspekte sollen besonders im Mittelpunkt der Betrachtung stehen: Zum einen die beherrschende Plagalkadenz des Anfangs sowie die wiederkehrende Sequenz – jene zentralen harmonischen Chiffren des Liedes, die sowohl auf ihre historischen (kontrapunktischen, satztechnischen) Wurzeln als auch auf die damit verbundenen semantischen Einschreibungen hin untersucht werden sollen. Zum anderen jene klangliche Modernität, die mit Wagners kompositorischer Reinterpretation traditioneller Satzmodelle, Kurths „Zersetzung“, einhergeht. Wagner bezeichnete das Lied als „Studie zu Tristan und Isolde“. Bekanntermaßen bildet es tatsächlich die Grundlage für das Vorspiel des dritten Tristan-Aufzugs. Und so werde ich abschließend den Spuren des Liedes im Tristan nachgehen.