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Damals und heute. Umbrüche im musiktheoretischen Fachdiskurs, Post-pandemic era, Internationalisierung und Digitalisierung. Herausforderungen der Musiktheorie in aktueller Forschung und Lehre, Freie Beiträge
Präsentationen
Vortrag Themen: Damals und heute. Umbrüche im musiktheoretischen Fachdiskurs, Post-pandemic era, Internationalisierung und Digitalisierung. Herausforderungen der Musiktheorie in aktueller Forschung und Lehre, Freie Beiträge Stichworte: Conlon Nancarrow, Selbstspielendes Klavier, Musikautomaten, Digitales Denken
Loch an Loch – Komponieren wie Nancarrow
Martin Grabow
Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, Deutschland
Selbstspielende Klaviere stellten für Komponist*innen im 20. Jahrhundert eine Möglichkeit dar, Musik von außerordentlicher Virtuosität und Komplexität zu erfinden, die aufgrund dieser Eigenschaften für Menschen unspielbar war – lange bevor Computer in diesem Bereich eingesetzt wurden. Insbesondere der mexikanische Komponist Conlon Nancarrow (1912-1997) ist hier zu nennen, der seit Ende der 1940er Jahre fast ausschließlich für dieses Instrument komponierte. Die akustische Rezeption wie auch die analytische Auseinandersetzung mit seinen faszinierenden Studies for Player Piano ist inzwischen erfreulich leicht möglich: sie sind in verschiedenen Einspielungen und Fassungen im Internet abrufbar und auch Partituren dieser Werkgruppe liegen vor. Dennoch bleibt die Art des Schaffensprozesses, die Vorgehensweise bei der Abfassung einer Komposition für Player Piano im Detail schwer vorstellbar: Wozu dient eine Punching-Score, und wie stellt man, ganz handwerklich eine abspielbare Musikrolle her…. ?
Dies praktisch nachzuvollziehen, spezifische Kompositionstechniken kennenzulernen und dabei auch eigene Ideen zu entwickeln, wie man für das Selbstspielende Klavier komponieren kann, war Inhalt eines Seminars, das sich – unmittelbar im Anschluss an den durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie ausgelösten, jüngsten Digitalisierungsschub – mit dieser älteren Form digitalen Denkens und Arbeitens auseinandersetzte. Möglich war dies durch eine enge Kooperation mit dem Deutschen Musikautomaten-Museum in Bruchsal, das ein selbstspielendes Klavier zur Verfügung stellte, sowie durch die vertrauensvolle Unterstützung der Witwe Jürgen Hockers – der sich, neben György Ligeti, um die Verbreitung des Werkes Conlon Nancarrows in Europa sehr verdient gemacht hat – die uns eine Stanzmaschine und weiteres Material überließ.
Der Nutzen eines Seminars mit so speziellem Inhalt für Studierende aus unterschiedlichen, sowohl künstlerischen als auch pädagogischen Studiengängen liegt insbesondere im Verlust zahlreicher, kaum hinterfragter musiktheoretischer Gewohnheiten und Gewissheiten: wie bringt man einer Maschine bei, musikalisch zu spielen und – muss man das überhaupt?