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Sitzungsübersicht
Sitzung
Musikpädagogik und Musiktheorie (Panel)
Zeit:
Samstag, 23.09.2023:
14:30 - 16:00

Chair der Sitzung: Klara Hayward
Ort: Raum 137 (Rhythmiksaal)


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Präsentationen
14:30 - 16:00

"Die Musik fängt im Menschen an". Musikpädagogik und Musiktheorie im Diskurs

Jürgen Oberschmidt1, Joachim Junker2, Ulrich Kaiser3

1Pädagogische Hochschule Heidelberg; 2Hohenstaufen-Gymnasium Kaiserslautern; 3Hochschule für Musik und Theater München

Die Musiktheorie hat in den letzten Jahrzehnten eine enorme Weiterentwicklung erfahren. Weniger im Fokus stand dagegen die Frage, welche jüngeren Forschungsergebnisse sich prinzipiell für den Transfer in den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen eignen und wie diese didaktisch so aufbereitet werden können, dass sie ihn bereichern und dennoch nicht grundlegend verfälscht werden. In diesem Zusammenhang ist auch grundsätzlich zu überdenken, welchen Platz Musiktheorie in einem zeitgemäßen Musikunterricht einnehmen könnte und sollte.

Schon 1932 konstatierte Carl Orff: „Die Musik fängt im Menschen an, und so die Unterweisung“. Dabei unterschied er streng zwischen einer so benannten „Urmusik“ und einer Kunstmusik, also einer unmittelbar zugänglichen und ausführbaren sowie einer artifiziellen, schwerer zu rezipierenden und vor allem zu praktizierenden. Seinen Ausführungen fügte er den Hinweis an, „[d]as kindlich primitiv Schöpferische“ sei „von einer ungeheuren Kunsttradition überschattet“. Bis heute ist dies täglich in der Schule zu erleben, wo sich die reflektive Auseinandersetzung mit Musik in den seltensten Fällen mit der faustischen Frage nach dem beschäftigt, „was die Musik im Innersten zusammenhält“. Vielmehr geht es nach wie vor meist darum, Musik unter Verwendung von mehr oder weniger angemessener Fachsprache zu elementarisieren und in ihre Parameter zu zerlegen, was Hans Heinrich Eggebrecht schon in den 1980er Jahren mit Blick auf die von ihm verfolgte Schulwirklichkeit in einer gymnasialen Oberstufe von „Gänsefüßchenunterricht“ sprechen ließ.

Das geplante Panel beginnt mit einem Impulsvortrag zu der Frage, wie eine Auseinandersetzung mit Musik „im Menschen“ anfangen kann, sodass sie auf konstruktivistischen Zugängen und nicht auf angelerntem Begriffswissen beruht. „Allgemeine Gestaltungsprinzipien als Schlüssel und Begleiter für das Verstehen von Musik“ (Richter 2012), die es erlauben, dass Schüler*innen ihr implizites Wissen einbringen, erfordern es, dass weniger von einer einheitlichen Theorie, sondern eher von vielfältigen theoretischen Zugängen gesprochen werden muss. Will man die individuellen Konzeptionalisierungen aus eigenen Lebenszusammenhängen und verschiedensten musikalischen Praxen heraus aufgreifen, um sich dann analytisch mit den behandelten Musikstücken auseinanderzusetzen, gilt es, jene monodimensionalen Perspektiven aufzubrechen, welche die Musiktheorie längst verlassen hat.

Diesen Erwartungen, die sich sowohl an den Musikunterricht als auch an die hier zu diskutierende Bezugswissenschaft der Musiktheorie richten, entgegnet dann eine Response, in der die Schulwirklichkeit dargestellt wird, auf die diese hehren Anliegen treffen. Prüfungsformate beruhen bis heute in den seltensten Fällen auf einem souveränen Umgang mit musiktheoretischem Denken, sondern verstricken sich in ihrer vermeintlich wissenschaftspropädeutischen Herangehensweise meist in einer schulgerecht adaptierten allgemeinen Musiklehre, die es sich trotzdem erlaubt, von „Theorie“ zu sprechen. An authentischen Aufgabenstellungen soll der aktuelle Status quo ebenso aufgezeigt werden wie gelegentlich aufscheinende Ideen zu dessen Weiterentwicklung und Veränderung.

Abschließende Überlegungen veranschaulichen, dass in der Schule praktizierte Vorgehensweisen dazu führen, dass nicht mehr die Musik als klingendes Ereignis, sondern nur noch deren Rezeption im Mittelpunkt steht. Denn würde das Musikhören und Musizieren vernachlässigt, wäre die Musik als Klangereignis austauschbar und ginge dem Musikunterricht im schlechtesten Fall sogar gänzlich verloren. Die Frage ist also, welche Zugänge für eine Beschäftigung mit ›Musik als Musik‹ geeignet sind und welchen Beitrag die Musiktheorie für die Bereitstellung entsprechender Modelle leisten kann.



 
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