Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Handwerk und Stilkopie
Zeit:
Samstag, 23.09.2023:
11:30 - 13:00

Chair der Sitzung: Robert Bauer
Ort: Raum 117


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Präsentationen
11:30 - 12:00

Wie Praxis reflektieren: zwischen handwerkwerklichem Können, theoretischem Rahmen, den relevanten diskursiven Strategien sowie Dokumentation und Notation

Renate Bräuninger

Unabhaengige Wissenschaftlerin, Deutschland

Die künstlerisch-wissenschaftliche Forschung ermöglicht es, Einblick in kreative Prozesse zu gewinnen sowie Kunstschaffenden einen Universitätsabschluss, unter Einbeziehung ihres künstlerischen Schaffens, zu erwerben. In Großbritannien, wo künstlerisch-wissenschaftliche Forschung schon seit längerem etabliert ist, kam der Musik eine Sonderstellung zu, eine Komposition zusammen mit einem kurzen Kommentar, oft nur 10.000 Wörter, war ausreichend für den Doktortitel. Im Gegensatz dazu musste in anderen Disziplinen eine künstlerische Arbeit und ein aus 40.000 Wörter bestehender geschriebener Anteil eingereicht werden. Dies zeigt zum einen, wie dominant der schriftliche Diskurs, auch wenn es um eine symbolische Notation wie Notenschrift handelt, für wissenschaftliches Arbeiten ist. Zum anderen, inwieweit Musik als eine Kunstform betrachtet wird, die sich durch sich selbst ausdrücken kann. Es gilt zu überlegen, was dies für die künstlerisch-wissenschaftliche Forschung im Bereich Musiktheorie bedeutet in Bezug auf die spezifischen Erkenntnisse, die hier gewonnen werden. Wie ist Theoriebildung hier schon in der Praxis verankert bzw. meint Theorie in diesem speziellen Kontext nicht schon eine Auseinandersetzung mit der Praxis? Wenn ja, wie kann dies artikuliert werden?

In diesem Vortrag möchte ich zentrale Fragen und Problemstellungen erörtern, mit denen ich mich in meiner langjährigen Tätigkeit in Großbritannien als Dozentin bei der Betreuung künstlerisch-wissenschaftlicher Forschungsarbeiten in inter- und transdisziplinären Kontexten auseinandergesetzt habe und Lösungsvorschläge für die Musiktheorie erörtern. Zentrale Punkte sollen hierbei sein: wie ist das Spezifische bei der Betrachtung eines künstlerischen Artefakts, in Bezug auf meine eigene Praxis oder die eines anderen herauszuarbeiten? Wie verändern sich hier Subjekt/Objektbeziehungen, wenn ich mich mit der Praxis als solcher auseinandersetze? Welche Formen der Darstellung und Dokumentation von Erkenntnissen bieten sich, zusammen mit und jenseits von Schrift oder Notenschrift, an? Braucht es andere diskursive Strategien? Wie sehr benötigt Musiktheorie ebenfalls die Theoriebildung in anderen Disziplinen, wie zum Beispiel, Philosophie, Soziologie und kognitive Forschung, die zur theoretischen Untermauerung in der künstlerisch-wissenschaftlichen Forschung häufig herangezogen werden? Für wen ist die Möglichkeit einer Qualifikation in künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung eine Erleichterung?



12:00 - 12:30

A Contemporary Opera in Eighteenth-Century Style

Erik Aren Schroeder

Universität Mozarteum Salzburg, Österreich

My opera “La Locandiera”, based on the celebrated play by the eighteenth-century dramatist Carlo Goldoni, premiered in November 2022 in a performance involving students and associates of my university and which I directed personally from the harpsichord. Written in an elegant Classical style, “La Locandiera” pays homage to the late eighteenth-century Viennese opera buffa tradition. This project will provide the focus for my presentation, along with the following two theses:

1. My opera, composed in eighteenth-century style, is a form of contemporary art, participating in a growing creative movement centered around composition in historical styles. From this perspective, I will discuss certain aesthetic notions of authenticity, forgery, pastiche, etc. in an effort to situate such composition within a contemporary artistic context. I will also draw comparisons and discuss the relationship between composition in historical styles and various aspects of historically-informed performance (HIP). Paralleling each other in various ways, and my conception of the former largely stemming from the latter, HIP can offer insight into many of the issues and questions which face composition in historical styles.

2. Composition in historical styles can provide the foundation for artistic research, which I will demonstrate using examples from my opera. As such, I will examine and discuss some of the unique insights that this kind of composition can offer with respect to the music of the past, in particular its potential for elucidating the process of creation, artistic thought, and other issues of an inherently abstract nature which are otherwise difficult to pinpoint through the conventional scientific methods of music analysis and musicology.



12:30 - 13:00

Rekonstruktion und künstlerische Forschung. Zur Vervollständigung einiger mehrstimmiger Gesänge von Franz Schubert.

Arne Lüthke

Hochschule für Musik "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig, Deutschland

Neben den zahlreichen drei- und vierstimmigen Gesängen für Männerstimmen finden sich im Anhang der Neuen Schubert-Gesamtausgabe einige unvollständig überlieferte Kompositionen:

„Lied beim Rundetanz“, „Lied im Freien“, „Amors Macht“, „Badelied“, „Sylphen“ und „Lebenslied“ (D-Verz. Anh. I/18 – I/23).

Im Gegensatz zu den ebenfalls zahlreichen Fragmenten bei Schubert scheinen diese Werke vollendet worden zu sein - von diesen liegen jeweils vollständige Tenor-II-Stimmen vor, die aufgrund der Verbreitung in Stimmbüchern isoliert überliefert wurden; die restlichen Stimmbücher beziehungsweise Partituren sind verschollen. In hiesigem Beitrag werden vom Referenten angefertigte Rekonstruktionen dieser Stücke auf Grundlage der einzelnen Tenor-Stimmen vorgestellt und in diesem Zusammenhang auftretende Herausforderungen und Erkenntnisse erörtert. Grundlage ist eine eingehende Analyse sämtlicher mehrstimmiger Gesänge für Männerstimmen a-capella von Schubert unter besonderer Berücksichtigung der Mittelstimmen. Einerseits bietet die Vorgabe einer Mittelstimme – meist sind im Unterricht Melodie oder Bass gegeben – Raum für eigene künstlerische Entscheidungen hinsichtlich Harmonisierung und Melodieführung, andererseits engt eine bereits vorhandene Mittelstimme bei Gesängen ausschließlich für zwei Tenöre und ein bis zwei Bässe aufgrund des begrenzten Gesamtambitus’ die satztechnischen Möglichkeiten stark ein. Die unklare Datierung der Stücke (möglicherweise in den Jahren 1815 oder 1816 entstanden) sowie die bei der Rekonstruktion gesammelten Erfahrungen lassen Zweifel an der fehlerfreien Überlieferung oder gar der Autorschaft Schuberts aufkommen. So stehen beispielsweise zwei Tenor-Stimmen der angeführten Stücke, für Schubert untypisch, im Bassschlüssel; einige Stimmen verlangen nach satztechnischen Notlösungen wie Stimmaufteilungen, die sich ebenfalls bei Schubert im entsprechenden Korpus nicht finden lassen; aufgrund des begrenzten Spielraums hinsichtlich des Tonumfangs kadenziert „Das Lebenslied“ in ungewöhnlich tiefer Lage. Weiterhin soll in diesem Beitrag das Potenzial von Rekonstruktionen für den musiktheoretischen Unterricht ausgelotet werden: Über das mittels Analyse geschulte Handwerk zum Schreiben eines Chorsatzes in einer Stilistik des 19. Jahrhunderts hinaus, müssen u.a. Aspekte der Quellenkunde und der Biografik einbezogen werden. Das erzielte kompositorische Ergebnis kann abschließend mit anderen Sätzen von Schubert kritisch gemessen werden.



 
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