Erkenntnisse aus meiner Doktorarbeit, dich sich mit der didaktischen Rekonstruktion der Zellmembran für die Oberstufe beschäftigt, stehen im Fokus dieses Vortrags. Molekularbiologische Prozesse an Zellmembranen zu verstehen ist aus wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht wichtig, weil dadurch u.a. Wissen über das Herstellen neuer Arzneimittel (veranschaulicht durch Covid-19) erlangt werden kann.
Existierende molekularbiologiedaktische Forschung tendiert dazu Schülervorstellungen und fachlichen Inhalt getrennt zu betrachten. Gleichzeitig ist empirisch belegt, dass Schüler anhaltende Lernschwierigkeiten haben. In Anbetracht dessen wurde für diese Arbeit ein interdisziplinärer theoretischer Rahmen gewählt. Das Modell der Didaktischen Rekonstruktion (MDR) wurde mit der Theorie des erfahrungbasierten Verstehens und der Conceptual-Change-Theorie verbunden. Darauf aufbauend wurde relevante Fachliteratur, und Oberstufenschülervorstellungen über Zellmembranen empirisch in individuellen Interviews identifziert und, aufgrund von Inhalt und Sprache, miteinander in Form von Konzepten in Einklang gebracht. Darauf aufbauend wurde eine Lernumgebung entwickelt, die in zwei teaching experiments basierend auf der Vorstellungsentwicklung von Oberstufenschülern getestet wurde.
Die Ergebnisse zeigen, dass das MDR wichtige Dienste für modernen Biologieunterricht leisten kann: Zu vermittelndes Fachwissen sollte aus den Augen der Schüler heraus selektiert und unterrichtet werden, wenn es für diese alltagsrelevant sein soll. In diesem Sinne konnten u.a. die Konzepte Kompartmentalisierung und multizellulären Koordination für den Untericht herausgearbeitet werden. Diese machen ersichtlich, dass das Ziel für den Oberstufenunterricht sein muss, dass Schüler Zellmembranen als eine, auf evolutionärer und einzelner Organismus-Ebene, dynamische Struktur ansehen, die z.B. erklären kann, wie die Wirkung von Koffein auf den Körper über längeren Zeitraum nachlässt. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Analogien, in Form von dreidimensionalen Modellen oder verbalen Begriffen, großes Potential für den Zellmembranunterricht besitzen – wenn sie inhaltlich fokussiert und für Schülern verständlich sind.
Diese Arbeit zeigt die Wichtigkeit auf, Biologielehrpläne ständig kritisch zu überarbeiten und Lehrerausbildungen so zu gestalten, dass zukünftige und bereits praktizierende Biologielehrer die Vorstellungen ihrer Schüler, Fachwissen und gesellschaftliche Veränderungen verstehen und vernetzen können.