Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
AK1.06: AK: Psychologie im Training
Zeit:
Mittwoch, 17.09.2025:
8:30 - 9:30

Chair der Sitzung: Henning Plessner, Universität Heidelberg
Ort: Raum Mainz (H4)

Schlossplatz 46 120 Plätze

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Präsentationen

Fast-and-Frugal Trees zur Entscheidungsfindung von Trainingsinterventionen

Siebert, Lena1; Reichert, Lukas1; Musculus, Lisa2; Will, Laura2; Al-Ghezi, Ahmed1; Raab, Markus2; Zentgraf, Karen1

1Goethe-Universität Frankfurt am Main; 2Deutsche Sporthochschule Köln

EINLEITUNG

Um die individuelle Leistungsreserve von Elite-Athlet:innen ausschöpfen zu können, stehen Trainer:innen häufig vor der Herausforderung zu entscheiden, welcher Leistungsbereich im Training zu priorisieren ist. Um im Spitzensport akkurate Entscheidungen für eine Intervention zu treffen, können sich heuristische Entscheidungstools wie Fast-and-Frugal Trees (FFTrees) eignen (Phillips et al., 2017). Da FFTrees im sportlichen Kontext bislang selten zum Einsatz kommen, aber Vorteile bergen könnten, ist das Ziel dieser Arbeit, FFTrees zu erstellen und ihre Eignung zur Bestimmung individueller Trainingsinterventionen zu evaluieren.

METHODE

Im Rahmen des in:prove Projekts wurden psychosoziale, psychologische und motorische Diagnostiken von 466 Bundeskaderathlet:innen aus verschiedenen Sportdisziplinen erhoben. Zuerst wurden anhand einer Hauptkomponentenanalyse (PCA) sportübergreifende Interventionsbereiche bestimmt. Diese dienen als Cues für die FFTrees. Zwei sportartspezifische FFTrees wurden für die Individualsportart Trampolinturnen (n = 27) und die Teamsportart Volleyball (n = 53) erstellt. Anschließend wurden mit Hilfe von Datenpartitionierung die Vorhersagegenauigkeit, -schnelligkeit und Frugalität der FFTrees evaluiert.

ERGEBNISSE

Die Variablen konnten sechs sportartübergreifende Interventionsbereiche zugeordnet werden (z. B. Kraft oder Kognition). Mit den spezifischen Cues erzielte der FFTree für Trampolinturnen (Cues: relative Griffkraft, motorische Kosten, motorische Inhibition, d2-Revision) eine Vorhersagegenauigkeit von 90 % für eine Interventionsnotwendigkeit. Der FFTree für Volleyball erreichte eine Vorhersagegenauigkeit von 75 % (Cues: motorische Inhibition, motorische Kosten, Countermovement Jump, Y-Balance Test).

DISKUSSION

Die hohen Genauigkeiten bestätigen, dass FFTrees datenbasierte Interventionsentscheidungen für Elite-Athlet:innen mit plausiblen Zusammenhängen zu sportspezifischen Anforderungen und den Priorisierungen der Trainer:innen treffen können. Allerdings wird empfohlen, FFTrees im Teamsport positionsspezifisch zu entwickeln. Zusammenfassend scheinen FFTrees entscheidende individuelle Leistungsreserven effizient und transparent identifizieren zu können.

LITERATUR

Phillips, N. D., Neth, H., Woike, J. K., & Gaissmaier, W. (2017). FFTrees: A toolbox to create, visualize, and evaluate fast-and-frugal decision trees. Judgment and Decision Making, 12(4), 344–368. https://doi.org/10.1017/S1930297500006239



Jenseits der Taktiktafel: Eine Interviewstudie zum Einsatz psychologischer Fertigkeitstrainings am Nachwuchsleistungszentrum (NLZ)

Uhlenbrock, Friederike

Universität Heidelberg

EINLEITUNG

Die Bedeutung der angewandten Sportpsychologie hat in den letzten Jahren im Nachwuchsleistungsfußball weiter zugenommen. Dabei haben lizensierungsbedingte Maßnahmen ihre Verankerung an deutschen NLZs weiter gefestigt. Die angewandte Sportpsychologie zielt auf Wohlbefinden und Leistungssteigerung ab. Evidenzbasierte psychologische Fertigkeitstrainings (PSTs) unterstützen dabei die Entwicklung individueller Strategien und Techniken (Beckmann & Elbe, 2024). Die Wirksamkeit von PSTs gilt als empirisch gesichert (Lange-Smith et al., 2023). Bisher existiert jedoch nur wenig Forschung zum tatsächlichen Einsatz von PSTs in der Praxis (Dean et al., 2022; Schütz et al., 2025), insbesondere an deutschen NLZs. Dieses Wissen ist essenziell, um den praktischen Einsatz von PSTs besser zu verstehen, bestehende Lücken zu identifizieren und praxisnahe, evidenzbasierte Unterstützung in enger Zusammenarbeit mit der Forschung weiterzuentwickeln.

METHODE

Ziel dieser Interviewstudie ist es daher, die praktische Arbeit von NLZ-Sportpsycholog:innen mit Fokus auf dem Einsatz von PSTs in der täglichen Arbeit zu untersuchen. Dazu wurden der Einsatz von PSTs in NLZs sowie Barrieren und erleichternde Faktoren für die Anwendung sportpsychologischer Arbeit erfasst. Insgesamt wurden N = 17 NLZ-Sportpsycholog:innen mittels semistrukturierter Interviews zu ihrer sportpsychologischen Arbeit befragt. Die Datenanalyse erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse (deduktiv-induktiver Ansatz) mithilfe der Software QCAmap.

ERGEBNISSE

Die Datenerhebung und Transkription sind abgeschlossen. Erste Interviewfragen wurden codiert.

Derzeit läuft die systematische Inhaltsanalyse, deren Abschluss für Mai 2025 geplant ist.

DISKUSSION

Die Studie soll dazu beitragen, einen tiefergehenden Einblick in die tägliche Arbeit von Sportpsycholog:innen an deutschen NLZs zu gewinnen. So können praxisnahe Bedarfe erfasst und gezielte, evidenzbasierte Unterstützung entwickelt werden.

LITERATUR

Beckmann, J., & Elbe, A. M. (2024). Praxis der Sportpsychologie im Wettkampf und Leistungssport (Vol. 11). Hogrefe Verlag GmbH & Company KG.

Dean, F., Kavanagh, E., Wilding, A., & Rees, T. (2022). An examination of the experiences of practitioners delivering sport psychology services within English Premier League soccer academies. Sports, 10(4), 60−76.

Lange-Smith, S., Cabot, J., Coffee, P., Gunnell, K., & Tod, D. (2024). The efficacy of psychological skills training for enhancing performance in sport: a review of reviews. International Journal of Sport and Exercise Psychology, 22(4), 1012−1029.

Schütz, L.-M., Stehle, J., & Plessner, H. (2025). Interventionsmethoden in der angewandten Sportpsychologie: Eine Interviewstudie zu psychologischen Fertigkeitstrainings. Zur Veröffentlichung eingereicht.



Die Anatomie der Leistungskrise im Profifußball entwirren: Eine qualitative Studie aus der Perspektive der Trainer

Rausch, Constantin1; Fritsch, Julian2; Spielmann, Jan3; Steindorf, Lena3; Altmann, Stefan1,3; Jekauc, Darko1

1Institut für Sport und Sportwissenschaft, Karlsruher Institut für Technologie; 2Institut für Sportwissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt; 3TSG ResearchLab gGmbH

EINLEITUNG

Im professionellen Fußball ist es nicht ungewöhnlich, dass Mannschaften über einen längeren Zeitraum weit unter ihren Erwartungen spielen. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass Leistungskrisen in Mannschaftssportarten einen Prozess darstellen, der in eine Abwärtsspirale münden kann und eine eigene Dynamik entwickelt (Buenemann et al., 2023). Übertragen auf den professionellen Fußball untersuchten Jekauc et al. (2024) in einer qualitativen Studie mit neun professionellen Fußballspielern die Entstehungs- und Aufrechterhaltungsbedingungen (EuA) solcher Leistungskrisen. Die Autoren betonen individuelle und teaminterne Prozesse, welche die Krise aufrechterhalten. Aufbauend auf der Studie von Jekauc et al. (2024) verfolgt die vorliegende Untersuchung das Ziel, die EuA von Leistungskrisen aus Spieler- und Trainersicht vergleichend zu analysieren, um potenzielle Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Erleben und Deuten solcher Krisen herauszuarbeiten.

METHODE

Es wurden zwölf halbstrukturierte Interviews mit professionellen männlichen Fußballtrainern durchgeführt (11x 1.-3. Liga, 1x 5. Liga; 9x UEFA Pro-Lizenz, 1x UEFA A-Lizenz, 1x Torwart-Trainer-Lizenz, 1x ohne Lizenz). Die Trainer waren zwischen 32 und 51 Jahren (M = 42.92, SD = 5.87) alt,und ihre Trainererfahrung variierte zwischen 7 und 23 Jahren (M = 15.5, SD = 5.2). Die Interviews (Länge: 39 bis 97 Minuten; M = 68.92, SD = 18.49) wurden mittels einer strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

ERGEBNISSE

Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Trainer in Krisenzeiten als Puffer gegenüber externen Stressoren agieren, was sowohl die Dynamik als auch den Verlauf der Krise beeinflusst. Abweichend von den Spielern, welche vor allem individuelle (z. B. vermindertes Selbstvertrauen) und teaminterne (z. B. verminderter Zusammenhalt) Prozesse berichten, betonen Trainer vor allem organisatorische Stressoren während einer Leistungskrise und wie diese die Aufrechterhaltung der Krisen begünstigen. Dabei können die Stressoren einer Mikro- (z. B. mannschaftsinterne Unstimmigkeiten), Meso- (z. B. vereinsinterne Unstimmigkeiten) und einer Makroebene (z. B. Fanausschreitungen) zugeordnet werden.

DISKUSSION

Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle der Trainer in Leistungskrisen und erweitern das Modell von Jekauc et al. (2024). Die Studie bietet wertvolle Einblicke, indem aufgezeigt wird, wie externe Stressoren (z. B. Vereinsführung, Fans & Medien) die Dynamiken innerhalb der Mannschaft beeinflussen können. Es wird empfohlen, dass sich Stressmanagement-Strategien auf die unterschiedlichen Ebenen fokussieren sollten.

LITERATUR

Buenemann, S., Raue-Behlau, C., Tamminen, K. A., Tietjens, M., & Strauss, B. (2023). A conceptual model for performance crises in team sport: a narrative review. International Review of Sport and Exercise Psychology, 1−26. https://doi.org/10.1080/1750984X.2023.2291799

Jekauc, D., Vrancic, D., & Fritsch, J. (2024). Insights from elite soccer players: understanding the downward spiral and the complex dynamics of crises. German Journal of Exercise and Sport Research. https://doi.org/10.1007/s12662-024-00968-0