Active Travel, Active Mind? Methodische Ăberlegungen fĂŒr eine fNIRS- und VR-Fahrradstudie zur GehirnaktivitĂ€t bei aktiver Fortbewegung
Herfet, Melinda1,2; Teo, Wei-Peng3; Broadbent, David2; Mazzoli, Emiliano2; Tittlbach, Susanne1; Farizi, Farah2; Timperio, Anna2
1UniversitÀt Bayreuth; 2Deakin University, Melbourne, Australien; 3Nanyang Technological University, Singapore
EINLEITUNG
Aktive Fortbewegung, definiert als nicht-motorisierte, von Menschen betriebene MobilitĂ€t im Alltag, kann körperliche AktivitĂ€t und kognitive Gesundheit fördern, insbesondere die kognitiven Funktionen, indem es die Effizienz der GehirnaktivitĂ€t erhöht. Es ist jedoch eine Herausforderung, dies in der Praxis zu testen. Fortschritte in immersiver Virtual Reality (VR) ermöglichen die Simulation typischer aktiver Reiseerfahrungen im Stadtverkehr. Durch die Kombination von VR-Simulationen mit funktionellen Neuroimaging-Methoden untersuchen wir, wie Personen mit unterschiedlicher Radfahr-Erfahrung anhand ihrer GehirnaktivitĂ€t auf Verkehrsszenarien reagieren und wie dies mit regelmĂ€Ăiger körperlicher AktivitĂ€t und visuell-rĂ€umlichen kognitiven Funktionen korreliert.
METHODE
In unserer Laborstudie (Januar - Februar 2025, Deakin University) nahmen Erwachsene an einem 1.5-Stunden-Experiment mit virtuellen Verkehrsszenarien auf einem Fahrradergometer in einem immersiven 3D-Virtual-Reality-KĂ€fig teil, in dem funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) eingesetzt wurde, um VerĂ€nderungen der zerebralen Sauerstoffversorgung in prĂ€frontalen Regionen zu erfassen. Daten zur Soziodemographie und körperlichen AktivitĂ€t wurden in Online-Umfragen erfasst. Die Teilnehmenden absolvierten kognitive Tests zum ArbeitsgedĂ€chtnis, zur mentalen Rotation und zum Situationsbewusstsein. Die VR-Sitzung bestand aus randomisierten âverkehrsreichenâ und âruhigenâ Umgebungen. WĂ€hrend dieser Zeit wurde die GehirnaktivitĂ€t in Blöcken von 2min Exposition und 30s Pause aufgezeichnet. AnschlieĂend bewerteten die Teilnehmenden die kognitive Arbeitsbelastung anhand des NASA Task Load Index und den Realismus mit dem Igroup Presence Questionnaire (IPQ). Die Beziehungen zwischen GehirnaktivitĂ€t, Radfahr-Erfahrung und VR-Umgebungen wurden v.a. durch Heatmaps der VerĂ€nderungen des zerebralen Blutflusses und des Sauerstoffverbrauchs und eine angepasste Crossover-Versuchsanalyse untersucht.
ERGEBNISSE
Insgesamt 46 Teilnehmende (45.7 % weiblich, MAlter = 32.3, MBMI = 23.5) nahmen an der Studie teill. Davon fuhren 20 mindestens 1x pro Woche aktiv mit dem Rad, 10 weniger als 1x pro Woche und 16 nie mit dem Rad. Das fNIRS-GerÀt war einfach einzurichten (bei guter Haar- und Hautbeschaffenheit), leicht und wurde als bequem empfunden. Die Teilnehmenden nahmen ihre Anwesenheit in der virtuellen Welt eher als eine imaginÀre Umgebung statt als eine reale wahr, und sowohl die geistige als auch die körperliche Beanspruchung wurde als relativ gering eingestuft.
DISKUSSION
Die Integration von VR und fNIRS in die sportwissenschaftliche Forschung bietet viele Möglichkeiten fĂŒr die Untersuchung realistischer Szenarien, es mĂŒssen aber auch methodische EinschrĂ€nkungen beachtet werden. Die Teilnehmenden empfanden das Radfahren in den VR-Umgebungen nicht als völlig realistisch und die mentalen und körperlichen Anforderungen niedriger als erwartet. Es gab auĂerdem Probleme mit den NASA TLX- und IPQ-Fragebögen. Trotz des positiven Feedbacks sollten zukĂŒnftige Studien diese Instrumente verfeinern, um die ValiditĂ€t zu verbessern.
Aktive Schulwege in Deutschland: Ergebnisse der MoMo 2.0-Studie
Klos, Leon1; Klob, Simon1; Niessner, Claudia1; Tschuschke, Lara1; Volk, Carmen1; WĂ€sche, Hagen2; Wolbring, Laura1; Woll, Alexander1
1Karlsruher Institut fĂŒr Technologie; 2UniversitĂ€t Koblenz
EINLEITUNG
Der aktive Schulweg gilt als wichtige Bewegungsressource von Kindern und Jugendlichen. An Schultagen können SchĂŒler:innen so im Durchschnitt knapp die HĂ€lfte der von der WHO empfohlenen 60 Minuten moderat- bis hochintensiver AktivitĂ€t sammeln (Campos-GarzĂłn et al., 2023). Ziel dieses Beitrages ist es, Merkmale zu identifizieren, die mit einem Schulweg zu FuĂ, mit dem Fahrrad, mit Bus und Bahn und anderen aktiven Transportmitteln zusammenhĂ€ngen und das Bewegungspotenzial aktiver Schulwege in Deutschland aufzuzeigen.
METHODE
Als Basis dieses Beitrags dient die MoMo 2.0-Studie (2023-2024, Woll et al., 2025), in der die motorische LeistungsfĂ€higkeit, körperliche AktivitĂ€t, Gesundheit und deren Determinanten von 4.405 Kindern und Jugendlichen in Deutschland erhoben wurde. Es liegen Daten von 3.459 SchĂŒler:innen (47.9 % weiblich) aus 171 Gemeinden fĂŒr diese Analysen vor. Es wurden u. a. Alter, Geschlecht, die Art des Schulwegs, die AktivitĂ€tszeit auf dem Schulweg, die Distanz zur Schule, der sozioökonomische Status (SES) und der Stadt- und Gemeindetyp des Wohnorts erfasst. Nach der Deskription der Daten werden ausgewĂ€hlte Ergebnisse in Regressionsanalysen analysiert. Alle Analysen werden getrennt fĂŒr GrundschĂŒler:innen und SchĂŒler:innen der weiterfĂŒhrenden Schule dargestellt.
ERGEBNISSE
Schulwege bis zu einem Kilometer werden am hĂ€ufigsten zu FuĂ zurĂŒckgelegt. Wege mit dem Fahrrad sind in der Grundschule meist bis zu 2,5 km und in der weiterfĂŒhrenden Schule bis zu 5 km lang. Das Fahrrad wird vermehrt von Kindern und Jugendlichen mit hohem SES genutzt, Bus und Bahn eher von solchen mit einem niedrigen SES. In der weiterfĂŒhrenden Schule nutzen MĂ€dchen seltener das Rad und hĂ€ufiger den Bus als Jungen. In lĂ€ndlichen Gebieten wird weniger zu FuĂ gegangen und hĂ€ufiger der Bus genutzt als in stĂ€dtischen Gebieten. SchĂŒler:innen sammeln durchschnittlich zwischen 10-15 min AktivitĂ€tszeit mit dem Fahrrad, 12 min zu FuĂ und 7-10 min auf dem Weg zum Bus oder zur Bahn.
DISKUSSION
Ein GroĂteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind aktiv auf dem Schulweg. Die Wahl des Transportmittels steht im Zusammenhang mit dem Alter und Geschlecht, dem SES, der Distanz zur Schule und dem Stadt- bzw. Gemeindetyp, was bei der Förderung aktiver MobilitĂ€t berĂŒcksichtigt werden sollte.
LITERATUR
Campos-GarzĂłn, P., Sevil-Serrano, J., GarcĂa-Hermoso, A., ChillĂłn, P., & Barranco-Ruiz, Y. (2023). Contribution of active commuting to and from school to device-measured physical activity levels in young people: a systematic review and meta-analysis. Scand J Med Sci Sports, 33(11), 2110â2124.
Woll, A., Klos, L., Worth, A., Hanssen-Doose, A., Hinz, T., Völkle, M., Burchartz, A., Niessner, C., & MoMo 2.0-Study Group (2025). The German national cohort study on the development of motor performance, physical activity and health in children and adolescents: the MoMo 2.0-Study protocol. BMJ open, 15(4), e094895.
Sozial-ökologische Korrelate des aktiven Schulwegs von Grundschulkindern in stÀdtischer Umgebung
Estorff, Isabell; Ebert, Benedict; Wagner, Petra
UniversitÀt Leipzig
EINLEITUNG
Ein aktiver Schulweg (AS) gilt als vielversprechende Strategie zur Förderung von körperlicher AktivitĂ€t (kA) bei Kindern und trĂ€gt positiv zur Gesundheit bei. Trotz der Vorteile wird ein RĂŒckgang der Kinder verzeichnet, die aktiv zur Schule kommen (Lam et al., 2023). Diese Studie untersucht auf Basis eines sozial-ökologischen Modells individuelle, familiĂ€re und umweltbezogene Korrelate des AS bei Grundschulkindern und legt dabei einen besonderen Fokus auf elterliche Wahrnehmungen.
METHODE
Im Rahmen der Leipziger KOMPASS(2)-Studie wurden Daten zu Anthropometrie, kA, familiĂ€ren und umweltbezogenen Faktoren von ErstklĂ€ssler:innen (N = 471, 53 % mĂ€nnlich) mittels Screenings und Elternfragebogen erhoben. Die ZusammenhĂ€nge zwischen sozial-ökologischen Faktoren und dem Schulweg (aktiv vs. inaktiv) wurden mit einer hierarchischen binĂ€ren logistischen Regression analysiert. Die Variablen wurden blockweise (individuell: u. a. Geschlecht, Körperfettanteil; familiĂ€r: u. a. Bildungslevel der Eltern, kA der Eltern; umweltbezogen: u. a. Wohnumgebungsdichte, Gehzeit zur Schule) eingefĂŒhrt. Die ModellgĂŒte wurde mit dem Hosmer-Lemeshow-Test sowie Nagelkerkeâs R2 bewertet.
ERGEBNISSE
Sowohl individuelle, familiĂ€re als auch umweltbezogene Faktoren wiesen signifikante ZusammenhĂ€nge mit dem AS auf. Das finale Modell, welches die Faktoren aller drei Ebenen berĂŒcksichtigte, zeigte die höchste ErklĂ€rungskraft (Nagelkerkeâs R2 = .46) und die höchste Klassifikationsgenauigkeit (81.7 %). Die Gehzeit zur Schule (OR = 0.91, p ïŒ .001) war am stĂ€rksten mit dem AS assoziiert, wobei lĂ€ngere Gehzeiten die Wahrscheinlichkeit fĂŒr einen AS signifikant reduzierten. Eine Vielzahl an familiĂ€ren Faktoren wie das Bildungslevel der Mutter, die HaushaltsgröĂe, das Familiengesundheitsklima fĂŒr kA, elterliches Gehen und elterliche kA erwiesen sich als signifikante Korrelate (p ïŒ .05) fĂŒr einen AS. Als individueller Faktor war der Körperfettanteil signifikant negativ mit einem AS assoziiert (p ïŒ .05).
DISKUSSION
Die Ergebnisse verdeutlichen das komplexe Zusammenspiel individueller, familiĂ€rer und umweltbezogener Faktoren fĂŒr einen AS. Die Distanz zur Schule, in dieser Studie durch die Gehzeit operationalisiert, zeigte den stĂ€rksten Zusammenhang mit einem AS, was frĂŒhere Studien bestĂ€tigt. DarĂŒber hinaus kommt insbesondere familiĂ€ren Faktoren, u.a. elterlichen Einstellungen zu kA und Modellverhalten, eine hohe Bedeutung zu. Interventionen sollten daher neben infrastrukturellen MaĂnahmen gezielt elterliche BildungsmaĂnahmen und Bewegungsförderung in Familien integrieren, um die aktive MobilitĂ€t von Kindern zu stĂ€rken.
LITERATUR
Lam, H. Y., Jayasinghe, S., Ahuja, K. D. K., & Hills, A. P. (2023). Active School Commuting in School Children: A Narrative Review of Current Evidence and Future Research Implications. International Journal of Environmental Research and Public Health, 20(20).
bikepool â Evaluation und Optimierung eines praxisbasierten Projekts zum (verkehrssicheren) Radfahren in der Schule
Trinks, Florian; Schmidt, Christian; Abu-Omar, Karim; Ziemainz, Heiko
FAU Erlangen-NĂŒrnberg
EINLEITUNG
Die Schule nimmt als Lebenswelt fĂŒr Kinder und Jugendliche eine zentrale Rolle in der Gesundheitsförderung und PrĂ€vention ein und erreicht Kinder aller sozialen Schichten gleichermaĂen (Dadaczynski et al., 2022). Trotzdem zeigen GĂŒnther und Kraft (2015), dass bereits 14.3 % der Grundschulkinder, insbesondere (MĂ€dchen) mit Migrationshintergrund und aus sozial schwachen Familien, geringe motorische Radfahrkompetenzen ausweisen. Dies hemmt die Verbreitung des Fahrrads als nachhaltige und gesundheitsförderliche MobilitĂ€tsform. Die Kombination aus Radfahren und Schule eröffnet transferorientierte Potenziale, um positiven Einfluss auf Kinder und Jugendliche auszuĂŒben (Bartelink et al., 2022). FĂŒr langfristige ökologische- und gesundheitliche Effekte mĂŒssen Kinder und Jugendliche Radfahren sicher beherrschen und es als prĂ€feriertes Fortbewegungsmittel wahrnehmen. Hier setzt das Ausbildungskonzept des bikepool Hessen e.V. an.
METHODE
Durch bikepool Hessen wurde an aktuell 161 Schulen (Stand 17.03.2025) die Einbindung des Fahrradfahrens in den Sportunterricht, den Schulalltag und weitere schulische Angebote realisiert. Der Public-Health-Impact des Projekts sowie Gelingensbedingungen fĂŒr eine nachhaltige Implementation werden im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs (vgl. Schneider & Niederberger, 2020) untersucht. Davon ausgehend werden OptimierungsvorschlĂ€ge formuliert und MaĂnahmen identifiziert, um die Reichweite und den Public-Health-Impact des Projekts weiter zu erhöhen. Die Evaluation umfasst unter anderem
âą leitfadengestĂŒtzte Interviews (n = 15) und eine standardisierte Befragung (n = 160) der bikepool- Koordinator:innen,
âą SchĂŒler:innen-Befragungen an Testschulen zu drei Zeitpunkten: ohne Intervention, wĂ€hrend der Teilnahme und nach abgeschlossener Teilnahme (mind. ein Schuljahr zurĂŒckliegend),
âą Fokusgruppeninterviews mit SchĂŒler:innen (n = 25) sowie standardisierte Radfahr-FĂ€higkeitstests im PrĂ€-Post-Design (n = 225).
ERGEBNISSE
Aufgrund der zum Zeitpunkt der Einreichung laufenden Feldphase können an dieser Stelle noch keine Ergebnisse prÀsentiert werden. Erste Ergebnisse liegen zum Zeitpunkt des Vortrages vor.
DISKUSSION
Es wird diskutieren, ob sich die aufgrund der Anzahl an bikeschools vermuteten positiven Wirkungen der bikepool-Interventionen wissenschaftlich bestĂ€tigen lassen und welche Faktoren förderlich oder hinderlich sind. Es stellt sich auch die Frage, wie praxisbasierte Interventionen angesichts aktueller Herausforderungen stĂ€rker wissenschaftlich in den Fokus gerĂŒckt werden können, um schnellere Wachstumskurven und höhere Impacts zu gewĂ€hrleisten.
LITERATUR
Die Literatur ist bei den Autoren zu erfragen.
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