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Bühne frei: Sport Science Slam
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Rund um “Society’s future knowledge workers” der Sportwissenschaft Humboldt Universität Berlin Stellt man sich den typischen Doktoranden der Sportwissenschaft vor – nennen wir ihn D.D. für Durchschnittsdoktorand –, variiert sein stereotypisches Auftreten je nach Teildisziplin: vom lässigen Natursportler bis hin zum nachdenklichen Sportpädagogen. Doch alle eint früher oder später ein Thema: die Betreuung. Aussagen wie: „Mein BÄHtreuer ist so nervig mit seinen BÄHanstandungen, hat kaum Zeit für BÄHratung und ist maximal unzuverlässig mit seiner BÄHtreuung.“ Dabei ist gute Betreuung für D.D. extrem wichtig! Sie hängt mit guter wissenschaftlicher Praxis, besserer Gesundheit und höherem Wohlbefinden sowie gesteigerter Produktivität zusammen. Aber bevor wir jetzt alle denken, dass Betreuende grundsätzlich BÄH sind, haben wir uns das Ganze genau angeschaut in der Sportwissenschaft. Gesagt, getan: Wir haben 100 Leute gefragt – nein, sogar mehr (n = 275) – wie häääppy sie mit ihrer Betreuung sind. Und die Antwort? Läuft! In der Sportwissenschaft scheint’s ja gar nicht so schlecht zu sein. Aber wir wollten es genauer wissen: Also haben wir korreliert, regressiert, get-testet und ge-chiquadrated. Und Trommelwirbel bitte: Weder Geschlecht noch Promotionsdauer stehen im Zusammenhang mit der Zufriedenheit. Viel wichtiger sind klare Anforderungen. Dabei helfen häufig Betreuungsvereinbarung. Verbindlichkeit fetzt! Weiterhin: Wer weniger auf einen Termin mit der Betreuungsperson warten muss, ist zufriedener. Ein Drittel wartet etwa eine Woche, die Hälfte zwei Wochen – und über den Rest sollten wir dringend reden. Bähhh! Was gibt’s noch? Ach ja, ein Argument für alle Monographie-Fans: Wer eine Monographie schreibt, bewertet seine Betreuungssituation besser. Vielleicht, weil der Publikationsdruck fehlt? Auch spannend: Mentoring-Programme – nur 18 % der Befragten haben daran teilgenommen. Das ist… wenig. Und dabei waren die Teilnehmenden mit den Programmen sehr zufrieden. Zwar beeinflusst es nicht direkt die Zufriedenheit mit der Betreuung, aber es ist trotzdem sinnvoll, um über den berühmt berüchtigten „Tellerrand“ hinauszuschauen. Weiter geht’s: Promovierende mit einer eigenen SHK bewerten alle Betreuungsaspekte (wissenschaftliches Denken, Rahmenbedingungen, Beziehung und Gesundheit) höher. Wer hätte es gedacht? Unterstützung ist scheinbar gut. Und zum Abschluss eine Nichtüberraschung, die man sich aber immer wieder vor Augen führen muss: Je mehr Zeit Doktorand:innen in ihre Promotion investieren können, desto zufriedener sind sie mit der Betreuung. Unfassbar! Fazit: Promotionsbetreuung geht uns alle etwas an. Die Betreuungsperson ist das Fundament guter Betreuung. Sie verdient Anerkennung und Wertschätzung (siehe Golden Hand der asp). Denn obwohl Betreuung in die Strukturen der Universität und Politik eingebettet ist und es wünschenswert wäre, wenn universitäre Strukturen verändert werden würden (z. B. hinsichtlich des Umfangs und der Dauer von Verträgen zur Sicherstellung von Stabilität), bleibt es dennoch die Betreuungsperson, die einen erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Doktorand:innen haben kann. Nutzen wir diesen Einfluss! Besuchen wir Fortbildungen zur guten Betreuung und gehen wir mit gutem Beispiel voran. Für weniger BÄH und mehr Yeah für „Society’s future knowledge workers” (Mackie & Bates, 2018, S. 2). Literatur Die Literatur ist bei der Autorin zu erfragen. Quo vadis Leistungsdiagnostik? Die Geschichte von Max L. Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft, Deutsche Sporthochschule Köln EINLEITUNG Individualisierte Trainingsgestaltungen werden vom Freizeit- bis Spitzensport durch leistungsdiagnostische Testverfahren unterstützt, indem verschiedene Teilsysteme des Körpers quantifiziert und zu einem Profil zusammengesetzt werden. Um den metabolischen Anforderungen verschiedener Bewegungsformen und Sportarten gerecht werden zu können, ist neben dem oxidativen („aeroben“) auch der glykolytische („anaerobe“) Laktatstoffwechsel von großer Bedeutung (Hargreaves & Spriet, 2020). Die maximale Laktatbildungsrate stellt gewissermaßen die höchste Leistungsfähigkeit der Glykolyse dar und wurde zunächst im Rahmen von Simulationsansätzen eingeführt (Mader & Heck, 1986). Obwohl mittlerweile Testverfahren zur Bestimmung in verschiedenen Sportarten entwickelt und überprüft wurden, gibt es in der Literatur einige Inkonsistenzen in Bezug auf die Terminologie, die Durchführung und Berechnung sowie weiteren Forschungsbedarf. METHODE Um den bisherigen Forschungsstand zur maximalen Laktatbildungsrate zusammenzufassen und daraus Empfehlungen für Leistungsdiagnostik, Training und Forschung abzuleiten, wurden alle verfügbaren Artikel, die bisher international in englischer Sprache mit Gutachterverfahren veröffentlicht wurden, ausgewertet. ERGEBNISSE In den >40 Artikeln, die bis 2024 akzeptiert wurden, fanden sich fast 20 verschiedene Abkürzungen, wobei V̇Lamax, VLamax, νLamax und ċLamax am häufigsten vorkamen. Als Testverfahren wurde meist ein 15-s all-out Sprinttest durchgeführt, wobei vereinzelt Sprints von 8-20 s zum Einsatz kamen. Die Reliabilität wurde in insgesamt 9 Artikeln überprüft und zeigte gute bis exzellente Reproduzierbarkeit im Radfahren, Handcycling, Laufen und Rudern, sofern auf stationäre Analysatoren (und keine Handgeräte) zurückgegriffen wurde. Das Zeitäquivalent des phosphagenen Systems (tPCr) zeigte eine geringere Reliabilität, wenn der Leistungsabfall von 3,5% als Kriterium genutzt wurde. Einige Studien zeigten signifikante Zusammenhänge zur sportlichen Leistungsfähigkeit (vor allem im Sprint). Trainingsanpassungen wurden in lediglich 5 Artikeln beschrieben und zeigten teils heterogene Effekte. DISKUSSION Die ċLamax stellt einen sportart- und extremitätsspezifischen Parameter zur Ergänzung metabolischer Profile dar. Dabei sollten unterschiedliche Abkürzungen für Simulationsansätze (dLa/dtmax) und experimentelle Erhebungen (ċLamax) genutzt und Sprints von 8-20 s eingesetzt werden. Erhöhter Forschungsbedarf besteht für die Reliabilität bestimmter Sportarten (z. B. Schwimmen), die Erstellung weiblicher Referenzwerte (derzeit ~22%), die Validierung anhand bestimmter Enzymaktivitäten sowie für trainingswissenschaftliche Interventionen. LITERATUR Hargreaves, M. & Spriet, L.L. (2020). Skeletal muscle energy metabolism during exercise. Nature Metabolism, 2(9), 817-828. Mader, A. & Heck, H. (1986). A Theory of the Metabolic Origin of “Anaerobic Threshold”. International Journal of Sports Medicine, 07, 45-65. Selbst-, Fremd- und inferierte Selbsturteile im Sport: Kann Man(n) wirklich wissen, was Man(n) selber kann? Universität Heidelberg EINLEITUNG Akkurate Selbsturteile fördern sportliche Leistungen (Schmidt & Conzelmann, 2011). Zudem fördert die Übereinstimmung von Athlet:innen und Trainer:innen deren Beziehung (Lorimer & Jowett, 2009). Das gilt auch für Urteile ihrer gegenseitigen Selbstwirksamkeiten (Stephen et al., 2022). Ob lokale Leistungsurteile übereinstimmen, ist bisher unerforscht. Globale Selbsturteile deuten auf weibliche Unterschätzung hin (Alfermann et al., 2003). Ziel der vorliegenden Forschung ist, die Urteilsübereinstimmung von Athletinnen, Trainerinnen und Kampfrichterinnen zu überprüfen. Parallele Studien im männlichen Turnen sind angelaufen. METHODE Drei Pilotstudien untersuchten Selbsturteile weiblicher Nachwuchsturnerinnen (Ntotal = 125) sowie Leistungs- und inferierte Selbsturteile ihrer Trainerinnen. Dafür turnten die Athletinnen eine Balkenkür, die von ihnen und Kampfrichterinnen bewertet wurde. In Studie 1 beurteilten sie sich nochmal nach einem Video ihrer Leistung. In Studie 2 beurteilten sie auch andere Turnerinnen. Studie 3 nimmt Trainerinnenurteile mit auf. ERGEBNISSE Alle Studien zeigten Selbstunterschätzung (d1 = 0.58; d2 = 0.79; d3 = 1.16). Fremde Turnerinnen wurden akkurat eingeschätzt. Trainerinnen korrelierten mit den Kampfrichterinnen (r = .5, p < .001), unterschätzten aber das Niveau der Turnerinnen (d = 0.65). Inferierte Selbsturteile korrelierte nicht mit ihren Athletinnen (r = .24, p = .1). Vorläufige Ergebnisse der Studien bei Turnern zeigen weder bei ihnen noch bei Trainer:innen solche Unterschätzungen. DISKUSSION Die Ergebnisse festigen die Prävalenz inakkurater Selbsturteile im Sport, wie für globale Urteile von Frauen bereits gezeigt. Zusammen mit der Inakkuratheit der Trainerinnen hebt dies die Wichtigkeit der Forschung hervor, um leistungsfördernde Übereinstimmungen von Athlet:innen-, Trainer:innen- und Kampfrichter:innenurteile zu verstehen und begünstigen. LITERATUR Alfermann, D., Stiller, J., & Würth, S. (2003). Das physische Selbstkonzept bei sportlich aktiven Jugendlichen in Abhängigkeit von sportlicher Leistungsentwicklung und Geschlecht. Zeitschrift Für Entwicklungspsychologie Und Pädagogische Psychologie, 35(3), 135–143. Lorimer, R., & Jowett, S. (2009). Empathic accuracy, meta-perspective, and satisfaction in the coach-athlete relationship. Journal of Applied Sport Psychology, 21(2), 201–212. Schmidt, M., & Conzelmann, A. (2011). Promoting the self-concept in physical education: A psychological look at an educational goal. Sportwissenschaft, 41(3), 190–201. Stephen, S. A., Habeeb, C. M., & Arthur, C. A. (2022). Congruence of efficacy beliefs on the coach-athlete relationship and athlete anxiety: Athlete self-efficacy and coach estimation of athlete self-efficacy. Psychology of Sport and Exercise, 58. |