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Sitzungsübersicht
Sitzung
AK4.06: AK: Beurteilen und Entscheiden
Zeit:
Donnerstag, 18.09.2025:
8:30 - 9:30

Chair der Sitzung: Lisa Musculus, Deutsche Sporthochschule Köln
Ort: Raum Mainz (H4)

Schlossplatz 46 120 Plätze

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Präsentationen
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Visuelle Ästhetik von Tanzbewegungen in einer Bühnenaufstellung (zurückgezogen)

Kempe, Marisa; Wunsch, Lara

Universität Leipzig

EINLEITUNG

Tanzvorführungen werden von Zuschauenden und von Jurymitgliedern in Tanzwettbewerben wahrgenommen und hinsichtlich ihrer Ästhetik bewertet (Bläsing & Zimmermann, 2021; DTHO, 2022). Diese Studie untersucht die Wahrnehmung der Ästhetik von Bühnenaufstellungen im Kontext positiver Anziehung und Gefallen im Tanz (Bläsing & Zimmermann, 2021; Chatterjee & Vartanian, 2014). Ziel ist es, herauszufinden, ob Expert:innen und Nicht-Expert:innen die Bühnenaufstellungen ästhetisch unterschiedlich wahrnehmen. Die gewonnenen Erkenntnisse darüber, welche Bühnenaufstellung als am ästhetischsten wahrgenommen wird, können die Bewertung der Ästhetik von Tanzvorführungen und die Platzierungen in Tanzwettbewerben verbessern.

METHODE

Es wurden N = 182 Teilnehmende rekrutiert und in die Gruppen Expert:innen und Nicht-Expert:innen eingeteilt. Alle Teilnehmenden bewerteten fünf Video-Stimuli auf ihre wahrgenommene Ästhetik mithilfe eines fünfstufigen Rankings in einem Online-Fragebogen. Die Video-Stimuli präsentierten V-förmige Bühnenaufstellungen mit 11 Avataren, die fünf grundlegende Hip-Hop-Tanzbewegungen ausführten. Die Daten wurden mittels einer Friedman-ANOVA analysiert, um Unterschiede in den Bewertungen zu untersuchen.

ERGEBNISSE

Es wurden signifikante Unterschiede in den Bewertungen der wahrgenommenen Ästhetik der Bühnenaufstellungen festgestellt (χ(12) = 227.54, p < .001, W = .31). Die Aufstellung mit der Bewegung Kick Ball Change Side erhielt über alle Teilnehmenden hinweg betrachtet die höchste Bewertung der Ästhetik. Expert:innen und Nicht-Expert:innen zeigten keine signifikanten Unterschiede in der Bewertung der Ästhetik der Bühnenaufstellungen.

DISKUSSION

Die Ergebnisse zeigen, dass die Tanzbewegung Kick Ball Change Side in der Bühnenaufstellung ästhetisch präferiert wird. Der Einsatz dieser Tanzbewegung könnte die Wahrnehmung der Ästhetik von Tanzvorführungen erhöhen und damit Wettbewerbsplatzierungen verbessern. Zukünftige Studien sollten die Interaktion von Bühnenaufstellungen und Tanzbewegungen untersuchen sowie Live-Bedingungen ergänzen, um das Verständnis der ästhetischen Wahrnehmung im Tanz zu erweitern.

LITERATUR

Bläsing, B., & Zimmermann, E. (2021). Dance is more than meets the eye – How can dance performance be made accessible for a non-sighted audience? Frontiers in Psychology, 12, Article 643848. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.643848

Chatterjee, A., & Vartanian, O. (2014). Neuroaesthetics. Trends in cognitive sciences, 18(7), 370–375. http://dx.doi.org/10.1016/j.tics.2014.03.003

Deutscher Tanzlehrer- & HipHop-Tanzlehrer Organisation, DTHO (2022). Turnierordnung der DTHO. Auszug HipHop Turniere.



Werden Tanzleistungen von Frauen anders beurteilt als die von Männern? Der (begrenzte) Einfluss von Geschlechtsstereotypen

Smith, Rebecca; Plessner, Henning; Gebert, Elena; Utz, Angelika

Universität Heidelberg

EINLEITUNG

Geschlechtsstereotype spielen bei der unterschiedlichen Teilhabe von Frauen und Männern im Sport eine wichtige Rolle (Chalabaev et al., 2013) und können auch Leistungsbeurteilungen beeinflussen. So konnten Gomez-Gonzalez et al. (2024) zeigen, dass Leistungen im Fußball anders beurteilt werden, je nachdem ob sie vermeintlich von Männern oder Frauen erbracht werden. In zwei Studien haben wir untersucht, ob es vergleichbare Effekte im Tanzen gibt, was im Vergleich zu Fußball eher als Frauendomäne gilt. Zum einen ging es dabei um die Annahme, dass im Einklang mit Geschlechtsstereotypen unterschiedliche Kriterien bei der Beurteilung von tänzerischen Leistungen als wichtig erachtet werden (vgl. Geukes et al., 2023). Zum anderen untersuchten wir, ob es auch dann noch einen Stereotypeneinfluss gibt, wenn der Tanz so visualisiert wird, dass das Geschlecht nicht erkennbar ist.

METHODE

In Studie 1 wurde N = 48 tanzerfahrenen Personen die Beschreibung einer Tanzsequenz mit dem Hinweis vorgelegt, dass es sich dabei entweder um einen Tänzer oder eine Tänzerin handelt. Anschließend bewerteten sie typische Tanzkriterien nach ihrer Wichtigkeit. In Studie 2 wurde die Tanzsequenz aus Studie 1 als Point-Light-Display von einem Tänzer und einer Tänzerin verfilmt. N = 115 Personen wurden gebeten, diese Tanzsequenzen mit der Annahme eines Tänzers oder einer Tänzerin zu beurteilen.

ERGEBNISSE

In Studie 1 zeigte sich, dass bei der Bewertung des Tänzers stereotypkonsistente Kriterien wie Kraft und Ausdauer als wichtiger erachtet werden, bei einer Tänzerin hingegen Kriterien wie Flexibilität und Attraktivität. In Studie 2, zeigte sich, dass die Versuchspersonen zwar tatsächliche Leistungsunterschiede in den Videos korrekt erkannten, aber nicht durch den Hinweis auf das Geschlecht der tanzenden Person beeinflusst wurden.

DISKUSSION

Unsere Ergebnisse unterstreichen zum einen, dass Geschlechtsstereotype in den Prozess der Beurteilung von Tanzleistungen eingreifen können. Auf der anderen Seite scheint dieser Einfluss begrenzt zu sein, wenn die Leistungsdarbietung wenig Raum für die Konstruktion von stereotypkonsistenten Unterschieden zwischen Männern und Frauen zulässt.

LITERATUR

Chalabaev, A., Sarrazin, P., Fontayne, P., Boiché, J., & Clément-Guillotin, C. (2013). The influence of sex stereotypes and gender roles on participation and performance in sport and exercise: Review and future directions. Psychology of Sport and Exercise, 14(2), 136–144.

Geukes, K., Hecht, V., Utesch, T., Bläsing, B., & Back, M. D. (2023). Mirror, mirror on the wall, who is the fairest dancer of them all? A naturalistic lens model study on the judgment of dance performance. Psychology of Sport and Exercise, 67, 102436.

Gomez-Gonzalez, C., Dietl, H., Berri, D., & Nesseler, C. (2024). Gender information and perceived quality: An experiment with professional soccer performance. Sport Management Review, 27(1), 45–66.



Der professionelle Blick im Sportunterricht beim Bewerten im Turnen

Witt, Jelto1; Schorer, Jörg1; Roden, Ingo2; Loffing, Florian3

1Institut für Sportwissenschaft, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; 2Institut für Pädagogik, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; 3Psychologisches Institut, Deutsche Sporthochschule Köln

EINLEITUNG

Studien zur visuellen Expertise legen nahe, dass sich Lehrkräfte verschiedener Fertigkeitsstufen in ihrem Blick unterscheiden (Gegenfurtner et al., 2019). Erfahrene Lehrkräfte weisen bspw. eine höhere Fixationsanzahl bei kürzerer mittlerer Fixationsdauer auf als unerfahrene Lehrpersonen. Erfahrene Personen scheinen viele relevante Informationen zu fixieren und sich in ihrer selektiven Wahrnehmung (noticing) nicht nur auf auffällige Informationen zu beschränken. Im Sportunterricht legen qualitative Interviewstudien Unterschiede im Wahrnehmen (= noticing) und Begründen (= reasoning) bei erfahrenen und unerfahrenen Sportlehrpersonen nahe (Reuker & Schicklinski, 2024). Ziel dieser Studie ist es, das noticing unterschiedlich erfahrener Sportlehrkräfte bei der Bewertung von Turnküren zu erfassen.

METHODE

Bachelorstudierende (SD; n = 36), Referendar:innen (RE; n = 21) und Lehrkräfte (LK) mit min. drei Jahren Berufserfahrung (n = 19) ohne zusätzliche Erfahrung als Trainer- oder Juror:innen sahen 18 Videos von Turnküren einzelner Schüler:innen einer 9. und 10. Klasse einmalig in Echtzeit. Die Küren sollten im schulischen Punktsystem bewertet (0-15) und die Bewertungen begründet werden. Das Blickverhalten der Proband:innen wurde mit einem stationären Eye-Tracker (Eyelink 1000Plus) erfasst. Die Fixationsdauer und -anzahl sowie die stationäre Entropie wurde mittels einfaktorieller ANOVAs ausgewertet.

ERGEBNISSE

Die Fixationszahl steigt allein deskriptiv von den SD (M = 25.76, SD = 4.93) über RE (M = 26.68, SD = 4.28) zur Gruppe LK an (M = 28.44, SD = 3.81), F(2, 73) = 2.20, p = .118, η2 = .05. Umgekehrt nimmt die Fixationsdauer von SD (M = 529.74 ms, SD = 114.16) über RE (M = 498.20 ms, SD = 86.02) nach LK ab (M = 461.84 ms, SD = 80.36), F(2, 73) = 2.93, p = .060, η2 = .07. Die Entropiewerte unterscheiden sich signifikant zwischen den Gruppen (SD: M = 0.57, SD = 0.02; RE: M = 0.58, SD = 0.02; LK: M = 0.59, SD = 0.02), F(2, 73) = 4.13, p = .020, ηp2 = .10.

DISKUSSION

Die Ergebnisse unserer Studie fügen sich nur ansatzweise in das aktuelle Befundbild zur visuellen Expertise von Lehrkräften ein. Das Ausbleiben eindeutiger erfahrungsabhängiger Gruppenunterschiede könnte u. a. auf das Aufgabensetting und die Variabilität der Trials zurückzuführen sein. Die Befunde werden vor dem Hintergrund visueller Expertise, speziell bei (angehenden) Sportlehrkräften (Reuker & Schicklinski, 2024), und weiterer möglicher methodischer Limitierungen wie die mangelnde Teststärke diskutiert.

LITERATUR

Gegenfurtner, A., Lehtinen, E., Helle, L., Nivala, M., Svedström, E., & Säljö, R. (2019). Learning to see like an expert: On the practices of professional vision and visual expertise. International Journal of Educational Research, 98, 280–291. https://doi.org/10.1016/j.ijer.2019.09.003

Reuker, S., & Schicklinski, K. (2024). Der Professionelle Blick von Sportlehrkräften – Revisited. German Journal of Exercise and Sport Research, 54, 531–540. https://doi.org/10.1007/s12662-023-00935-1



„We still can win“ – Wie kognitive Verzerrungen die Wahrnehmung der Gewinnwahrscheinlichkeit bei Beachvolleyball-Expert*innen beeinflussen

Lang, Steffen1; Ittlinger, Sandra2; Schubert, Antonia2,3; Raab, Markus2

1TU München; 2Deutsche Sporthochschule Köln; 3Universität Tübingen

EINLEITUNG

Im Leistungssport Beachvolleyball ist das Prinzip des „Niemals-Aufgebens“ tief verankert. Doch die strategischen Implikationen dieses Mottos sind bislang wenig erforscht. Eine zentrale Determinante taktischer Entscheidungen im Spiel ist die Wahrnehmung der Satzgewinnwahrscheinlichkeit (Set- Winning Probability, SWP). Diese Studie kombiniert sportpsychologische und sportinformatische Ansätze, um kognitive Verzerrungen und adaptive Strategien bei der Einschätzung von SWPs zu untersuchen.

METHODE

Im Rahmen eines Mixed-Methods-Ansatzes wurden 43 Athlet:innen des deutschen Beachvolleyball- Nationalteams befragt. Sie schätzten die SWPs für 60 verschiedene Spielstände ein, beantworteten Fragen zu taktischen Entscheidungen und füllten standardisierte Fragebögen zu Optimismus, Pessimismus, Confirmation Bias und dem Sunk-Cost-Fallacy Effektes aus. Die empirischen SWPs wurden anhand einer Datenbank mit 6.571 Beachvolleyballspielen berechnet.

ERGEBNISSE

Die Ergebnisse zeigen, dass Spielerinnen in Rückstandssituationen die SWPs signifikant überschätzten, während sie diese in Führungssituationen unterschätzten. Optimismus und Confirmation Bias beeinflussten diese Einschätzungen wesentlich. Insbesondere zeigte der Confirmation Bias eine doppelte Wirkung: In Rückstandssituationen verstärkte er die Überschätzung der Gewinnwahrscheinlichkeit, sodass Spielerinnen ihren Nachteil unterschätzten. In Führungssituationen hingegen verbesserte er die Genauigkeit, da die Spielerinnen verstärkt auf ihre Siegchancen fokussierten. Zudem erinnerten sich die Teilnehmerinnen besonders an Spielsituationen, die das Narrativ „Wir können noch gewinnen“ stützten.

DISKUSSION

Die Ergebnisse verdeutlichen die psychologischen und strategischen Herausforderungen bei der Wahrnehmung von SWPs im kompetitiven Beachvolleyball. Die systematische Wahrnehmungsverzerrung der SWP kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf taktische Entscheidungen und die Spielstrategie haben. Zukünftige Forschungen sollten untersuchen, inwiefern gezielte sportpsychologische Interventionen oder technologische Unterstützung die Einschätzung von SWPs verbessern und damit zur Optimierung taktischer Entscheidungen beitragen können.