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AK8.06: AK: Motorisches Lernen und neuronale Anpassungen durch Training
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Effekte von Herz-Kreislauf-Training auf motorische Lernprozesse bei Personen mit Parkinson-Krankheit 1Bewegung, Training und aktives Altern, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg; 2Memory and Motor Rehabilitation Laboratory (MEMORY-LAB), Feil and Oberfeld Research Centre, Jewish Rehabilitation Hospital, Montreal Centre for Interdisciplinary Research in Rehabilitation (CRIR), Laval, Quebec, Kanada; 3School of Physical and Occupational Therapy, McGill University, Montréal, Quebec, Kanada EINLEITUNG Motorisches Lernen ist für den Erhalt und die Verbesserung der Mobilität bei Menschen mit Parkinson- Krankheit (MmPD) von wesentlicher Bedeutung. Allerdings beeinträchtigt die Erkrankung auch den motorischen Lernprozess, was die Wirksamkeit der Neurorehabilitation reduziert. Aktuelle Studienergebnisse bei gesunden Erwachsenen deuten darauf hin, dass ein kardiovaskuläres Training, das in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum motorischen Üben durchgeführt wird, die Neuroplastizität und das motorische Lernen fördern kann. Ziel dieser randomisierten, kontrollierten Pilotstudie (trial registration: NCT04653285) war es zu untersuchen, ob zusätzliches Herz-Kreislauf-Training nach dem Üben einer Fertigkeit den motorischen Lernprozess über mehrere Wochen bei MmPD verbessert. METHODE Vierundzwanzig MmPD (MAlter = 63.4, SD = 6.9; 7 weiblich; Hoehn & Yahr Skala: M = 2.2, SD = 0.4; UPDRS-III: M = 25.2, SD = 9.1) enkodierten in sechs Einheiten eine dynamische Gleichgewichtsaufgabe (Stabilometer), bei der das Ziel war, eine Plattform horizontal zu balancieren. Unmittelbar nach der motorischen Lernaufgabe absolvierten die Teilnehmenden für 30 min entweder (i) ein moderat-intensives Herz-Kreislauf-Training (60 % Wmax, EXE) oder (ii) eine Ruhephase (CON). Zur Untersuchung der Effekte auf das motorische Lernen wurde die Zeit in Balance (Plattform innerhalb ±5° der Horizontalen) quantifiziert und die Leistungsveränderungen über die sechs Übungseinheiten analysiert. In sekundären Analysen wurden die Veränderungen zwischen den Einheiten (Offline-Lernen) sowie innerhalb der Einheiten (Online-Lernen) berechnet, um unterschiedliche Effekte auf die Konsolidierung und Enkodierung zu untersuchen. Gruppenunterschiede wurden mittels linear gemischter Modelle (LMM) analysiert. ERGEBNISSE Beide Gruppen verbesserten ihre Leistung von der ersten zur letzten Übungseinheit, wobei die EXE- Gruppe größere Leistungszuwächse zeigte (EXE: M = 4.1, SD = 3.1 s; M = 48.9, SD = 44.5 %; CON: M = 2.2, SD = 1.7 s; M = 28.9, SD = 16.4 %). Die Ergebnisse der LMM bestätigten eine signifikant bessere Leistung in den Einheiten 4 (p = .014) und 5 (p = .040) durch das Herz-Kreislauf-Training. Entgegen unserer Annahme war dieser Effekt jedoch nicht auf ein erhöhtes Offline-Lernen zurückzuführen (EXE: M = -2.1, SD = 8.5 %; CON: M = -1.4, SD = 8.9 %; p = .845), sondern auf eine statistisch nicht-signifikante Tendenz zugunsten eines gesteigerten Online-Lernens in der EXE- Gruppe (EXE: M = 0.06, SD = 0.05 slope; CON: M = 0.03, SD = 0.04 slope; p = .209). Dies könnte auf eine verbesserte Enkodierung infolge des kardiovaskulären Trainings hindeuten. DISKUSSION Dies ist die erste Studie, die einen mehrwöchigen motorischen Lernprozess mit Herz-Kreislauf-Training bei MmPD kombiniert. Unsere Ergebnisse liefern erste Hinweise, dass kardiovaskuläres Training eine wirksame und kostengünstige Methode zur Verbesserung des motorischen Lernens in der Neurorehabilitation sein könnte. Effekte eines hochintensiven Intervalltrainings auf Schlaf und motorisches Lernen 1Bewegung, Training und aktives Altern, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg; 2Institut für Medizinische Psychologie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Heidelberg; 3Laboratory for Sleep, Cognition and Consciousness Research, Department of Psychology, University of Salzburg, Österreich; 4Memory and Motor Rehabilitation Laboratory (MEMORY-LAB), Feil and Oberfeld Research Centre, Jewish Rehabilitation Hospital, Montreal Centre for Interdisciplinary Research in Rehabilitation (CRIR), Laval, Quebec, Kanada; 5Klinische Psychologie, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg EINLEITUNG Kardiovaskuläres Training und Schlaf können die motorische Gedächtnisbildung unterstützen. Darüber hinaus scheinen intensive Belastungen gedächtnisrelevante Aspekte des Schlafs auf makro-(Schlafphasen) und mikrostruktureller Ebene (u. a. Schlafspindeln, Slow-Wave-Aktivität) zu verändern. Bisher gibt es jedoch nur wenige Studien, die den Zusammenhang zwischen kardiovaskulärem Training, Schlaf und Gedächtnisbildung untersucht haben. Erste Befunde deuten auf einen positiven Einfluss von trainingsinduzierten Veränderungen der Schlafarchitektur auf die Gedächtnisbildung hin. Aufbauend darauf untersucht diese präregistrierte Studie die Auswirkungen eines hochintensiven Intervalltrainings (HIIT) auf den Schlaf und die schlafabhängige motorische Gedächtnisbildung. METHODE In dieser laufenden Studie werden 80 junge, männliche Teilnehmende randomisiert einer Wach- oder Schlafgruppe zugeteilt (Zwischensubjektfaktor). Innerhalb jeder Gruppe absolvieren die Teilnehmenden nach dem Erlernen einer motorischen Sequenz (Finger Tapping Task; FTT) zwei Bedingungen (Innersubjektfaktor): (i) ein HIIT bei 90 % / 25 % Wmax oder (ii) eine Ruhebedingung (Dokumentarfilm). Die Schlafgruppe enkodiert den FTT am Abend und wird nach dem Nachtschlaf erneut getestet. Der Schlaf wird mittels Polysomnographie erfasst. Im Gegensatz dazu enkodiert die Wachgruppe die Sequenz am Morgen, der Abruf erfolgt am Abend. Die Konsolidierung wird anhand der prozentualen Veränderung der Leistung vom Ende der Enkodierung zum Abruf gemessen. Weitere psychophysiologische Parameter (Körpertemperatur, Cortisol, Tagesmüdigkeit, Affekt, Schlafprotokolle) werden ebenfalls erfasst. Bisher wurden 69 Teilnehmende erhoben. ERGEBNISSE Die Interimsanalysen weisen auf eine stärkere Konsolidierung in der Schlafgruppe (p = .006, η2 = .068), jedoch nicht auf einen Effekt durch das HIIT. Hinsichtlich der Schlafphasen zeigt sich lediglich im REM-Schlaf eine trainingsinduzierte Verringerung des relativen Anteils an der Gesamtschlafzeit (p = .010, d = .50). Es konnten keine Zusammenhänge zwischen HIIT-induzierten Veränderungen der Schlafarchitektur und der Konsolidierungsstärke festgestellt werden. DISKUSSION Die vorläufigen Analysen zeigen eine bessere motorische Gedächtniskonsolidierung in der Schlafgruppe und eine leichte Abnahme des REM-Schlafs nach dem HIIT. Weitere trainingsinduzierte Veränderungen der Konsolidierung oder Schlafmakrostruktur wurden nicht festgestellt. Ausstehende Analysen der Schlafmikrostruktur könnten gedächtnisrelevante Veränderungen aufzeigen, die von den bisherigen Analysen nicht erfasst werden. Zusätzlich sollen psychophysiologische Parameter untersucht werden, die mit Schlaf- und Gedächtnisveränderungen in Zusammenhang stehen. Kortikale Korrelate der motorischen Kontrolle in hochdynamischen Richtungswechselaktionen - Validierung eines Versuchsaufbaus 1Bewegung, Training und aktives Altern, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg; 2Sports Neuromechanics Lab Heidelberg; 3Core Facility for Neuroscience of Self-Regulation, Universität Heidelberg EINLEITUNG Verletzungen des vorderen Kreuzbandes treten häufig ohne Fremdeinwirkung bei einbeinigen Landungen oder Richtungswechseln auf (Lucarno et al., 2021), was mit Defiziten der sensomotorischen Kontrolle in Verbindung gebracht wird (Swanik et al., 2015). Die Erfassung zentralnervöser Prozesse bei hochdynamischen motorischen Handlungen ist jedoch methodisch herausfordernd, weshalb dieser Bereich noch unzureichend erforscht ist. Im vorliegenden Pilotexperiment wurde ein Versuchsaufbau validiert, der die Untersuchung kortikaler Korrelate der Bewegungsplanung bei hochdynamischen Richtungswechselaktionen ermöglichen soll. METHODE 18 verletzungsfreie, weibliche Spielsportlerinnen (M = 22.8, SD = 2.2 Jahre) führten 140 unerwartete Richtungswechsel aus. Ein mobile EEG (64 Kanäle, 500 Hz) wurde mit einem Motion Capture System sowie zwei Kraftmessplatten (1000 Hz) synchronisiert. Die EEG-Zeitreihen des linken (C3) und rechten (C4) primär motorischen Kortex (M1) wurden für die Ausführung mit dem linken bzw. rechten Bein vor dem initialen Bodenkontakt (IC) analysiert. ERGEBNISSE Abb. 1. Bewegungsevozierte kortikale Potentiale (MRCP) an C3 und C4 in den 2s vor IC. (s. Abstractband) Insgesamt standen links M = 50 (SD = 13) und rechts M = 48 (SD = 13) Trials zur Auswertung zur Verfügung. Die Zeitreihen der bewegungsassoziierten kortikalen Potentialen (movement-related cortical potentials; MRCP) in den zwei Sekunden vor IC sind in Abb. 1 dargestellt. Die Zeitverläufe zeigen einen deutlichen Aktivitätsanstieg der kontralateralen M1 in der Bewegungsvorbereitung kurz vor dem IC. DISKUSSION Die Ergebnisse zeigen die erwartete erhöhte kontralaterale M1-Aktivität, konsistent mit den lateralen Bereitschaftspotentialen (Shibasaki et al., 2006). Diese Befunde unterstützen die Validität der Messungen und schaffen damit eine Grundlage zur Untersuchung der kortikalen Korrelate der Bewegungsplanung in dynamischen, sportnahen Richtungswechselaktionen. LITERATUR Lucarno, S., Zago, M., Buckthorpe, M., Grassi, A., Tosarelli, F., Smith, R., & Della Villa, F. (2021). Systematic video analysis of anterior cruciate ligament injuries in professional female soccer players. The American Journal of Sports Medicine, 49(7), 1794–1802. Swanik, C. (2015). Brains and sprains: the brain's role in noncontact anterior cruciate ligament injuries. Journal of Athletic Training, 50(10), 1100–1102. Shibasaki, H., & Hallett, M. (2006). What is the Bereitschaftspotential? CNP, 117(11), 2341–2356. Beeinflussen inzidentell erzeugte Bewegungsgeräusche die Leistung beim Hürdensprint? - Die Rolle von auditorischen Reafferenzen beim motorischen Lernen 1Abteilung Leistungspsychology, Deutsche Sporthochschule Köln; 2Arbeitseinheit Biologische Psychologie, Institut für Psychologie, Universität Münster EINLEITUNG Motorisches Lernen wird durch sensorische Rückmeldungen geprägt, wobei auditorische Reafferenzen (AR) eine entscheidende Rolle bei der Bewegungsoptimierung spielen (Pizzera et al., 2017). Im Rahmen von Predictive-Coding-Modellen (Adams et al., 2013) wird angenommen, dass sämtliche sensorischen Effekte unserer Handlungen – einschließlich der AR – Teil eines Erwartungsmodells sind, das die Bewegungssteuerung leitet. Die Wahrnehmung von AR kann demnach als Korrektiv im Sinne eines Prediction Errors unmittelbar in die Bewegungskontrolle einfließen und langfristig interne prädiktive Modelle optimieren. In der vorliegenden Studie wurden die kurz- und langfristigen Auswirkungen inzidentell erzeugter Bewegungsgeräusche auf die Leistung im Hürdensprint untersucht, indem während des Hürdensprinttrainings AR fokussiert oder depriviert wurden. METHODE Über einen Zeitraum von sechs Wochen trainierten 68 Teilnehmer:innen (MAlter = 22, SD = 2.3 Jahre, 60 % weiblich) den Hürdensprint unter drei auditiven Trainingsbedingungen (Normal = 22, Fokus = 23 und Deprivation = 23). Die Leistung wurde vor, während und nach dem Training anhand der Hürdensprintzeit (HSZ), des Technikindexes (TI; Sprintzeit/HSZ) und der Takeoff-Touchdown-Ratio (TTR) über drei Hürdensprints (kurzer, mittlerer und normaler Hürdenabstand) erfasst. ERGEBNISSE Lineare gemischte Modelle zeigten signifikante Leistungsverbesserungen über die Zeit hinweg für HSZ, TI und teilweise für TTR. Es wurden jedoch keine signifikanten Interaktionseffekte zwischen Zeit und Trainingsbedingung festgestellt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Leistung zwar mit der Zeit verbessert, ohne dass die Manipulation der Wahrnehmung von AR einen signifikanten Einfluss auf dessen Ausprägung hat. DISKUSSION Die ausbleibenden Interaktionseffekte könnten durch verschiedene Aspekte der experimentellen Bedingungen erklärbar sein. Beispielsweise schließt ein gezielter Aufmerksamkeitsfokus auf AR nicht aus, dass multimodale Rückmeldungen parallel zur Bewegungsregulation beitragen. Darüber hinaus scheint die Deprivation von AR – ähnlich wie bei white noise – keinen signifikanten Einfluss auf die Bewegungsausführung und potenzielle Lerneffekte zu haben. Diese Ergebnisse stellen frühere Annahmen über die Rolle von AR beim motorischen Lernen in Frage und liefern Erkenntnisse für das Sporttraining. LITERATUR Adams, R. A., Shipp, S., & Friston, K. J. (2013). Predictions not commands: active inference in the motor system. Brain Structure and Function, 218, 611–643. Pizzera, A., Hohmann, T., Streese, L., Habbig, A., & Raab, M. (2017). Long-term effects of acoustic reafference training (ART). European Journal of Sport Science, 17(10), 1279–1288. |