Bewegungsbezogene Versorgungsforschung: Bewegungsförderung in unterschiedlichen Versorgungskontexten bzw. versorgungsnahen Settings
Chair(s): Peters, Stefan (Universität der Bundeswehr München), Gabrys, Lars (ESAB Fachhochschule für Sport und Management Potsdam)
RAHMENABSTRACT
Bewegungsbezogene Interventionen sind in unterschiedlicher Ausgestaltung und Gewichtung zentraler Bestandteil der verschiedenen Kontexte in der Gesundheits- und Krankenversorgung (Gabrys et al., 2024). Darüber hinaus existieren Randbereiche, in denen die Versorgung im engeren Sinne endet, zu denen aber ein Übergang vorliegt, welcher auch gestärkt werden sollte, um körperliche Aktivität und körperliches Training nachhaltig bei allen Zielgruppen zu fördern (z. B. die Bewegungsförderung für vulnerable Zielgruppen in Settings wie Bildungseinrichtungen oder betreutem Wohnen).
In der Sportwissenschaft werden seit vielen Jahren gesundheitsbezogene Fragestellungen in den unterschiedlichsten Kontexten untersucht. Dabei sind einerseits das integrative, ressourcenorientierte Gesundheitsverständnis (z. B. Brehm et al., 2013), als auch der interdisziplinäre Charakter der Sportwissenschaft, anschlussfähig und bereichernd für die Gesundheits- und Krankenversorgung. Seit Kurzem gibt es im Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung eine Arbeitsgruppe Bewegungs-bezogene Versorgungsforschung, deren Gründung maßgeblich mitinitiiert wurde aus der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft. Zentrales Ziel der AG ist die Stärkung der bewegungsbezogenen Versorgung (Schaller et al., 2025). Hilfreich hierbei ist der forschungsbezogene, kontextübergreifende Austausch.
Im vorliegenden Symposium wird das breite Spektrum der Versorgungskontexte von Primärversorgung (Beitrag 1) über medizinische Rehabilitation (Beitrag 2) und stationäre Pflege (Beitrag 3) dargestellt und ein Ausblick geworfen auf Settings mit engem Bezug zur Versorgung. Hierfür können als Beispiel die Bildungseinrichtungen (Beitrag 4) gelten, in denen auch chronisch kranke bzw. physisch verletzte Kinder von Physical Literacy bzw. Bewegungsangeboten profitieren sollten, bzw. das betreute Wohnen (Beitrag 5), in dem bei betreuten Personen bereits vielfach Einschränkungen der Teilhabe vorliegen, welche mit körperlicher Aktivität und körperlichem Training adressiert werden können.
LITERATUR
Brehm, W., Bös, K., Graf, C., Carlsohn, A., Donath, L., Hänsel, F., Kolb, S., Mayer, F., Müller, N., Niess, A. M., Tittlbach, S., & Woll, A. (2013). Sport als Mittel in Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung. Bundesgesundheitsblatt, 56, 1385–1389.
Gabrys, L., Schaller, A., Peters, S., Barzel, A., Berrisch-Rahmel, S., Dreinhöfer, K. E., Geidl, W., Göhner, W., Graf, C., Grams, D., Jordan, S., Karger, C., Knippschild, S., Laxy, M., Mayer, F., Meyer, T., Müller, C., Pfeifer, K., Pfisterer-Heise, S., ... Thiel, C. (2024). DNVF Memorandum – Ziele und Methoden bewegungsbezogener Versorgungsforschung. Gesundheitswesen, 86, 655–680.
Schaller, A., Thiel, C., Peters, S., Geidl, W., Klamroth, S., Lange, M., Kastaun, S., Krupp, S., Spaderna, H., Eckert, K., Grafe, M., Voelcker-Rehage, C., Nellessen-Martens, G., Pfeifer, K., Sudeck, G., Wiskemann, J., Wollesen, B., & Gabrys, L. (2025). Bewegungsversorgung im deutschen Gesundheitssystem: gesundheitspolitische Relevanz und notwendige Rahmenbedingungen – ein Positionspapier der AG Bewegungsbezogene Versorgungsforschung des DNVF. Gesundheitswesen, 87, 69–78.
Beiträge des Symposiums
Effektivität einer Bewegungsversorgungskette in Deutschland am Beispiel des Projekts BewegtVersorgt
Weissenfels, Anja1, Carl, Johannes2, Mino, Eriselda1, Klamroth, Sarah1, Naber, Inga1, Geidl, Wolfgang1, Gelius, Peter3, Abu-Omar, Karim1, Pfeifer, Klaus1 1FAU Erlangen-Nürnberg, 2Deakin University, Melbourne, Australien, 3Université de Lausanne, Schweiz
EINLEITUNG
International zeigen Länder wie Neuseeland oder England bereits seit vielen Jahren wie Bewegungsversorgungsketten in das Gesundheitssystem integriert werden können, um eine zielgerichtete Bewegungsförderung für Menschen mit nicht-übertragbaren Erkrankungen zu ermöglichen. Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Betroffenen stetig zu, weshalb gemeinsam mit zwölf Akteuren aus dem Gesundheitssystem eine Bewegungsversorgungskette entwickelt und als Modellvorhaben (gemäß §63 SGB V) in der Metropolregion Nürnberg implementiert wurde.
METHODE
Neben der gemeinsamen Entwicklung und Implementierung der Kette zielt die pragmatische Studie im Hybrid II-Design nach Curran et al. (2012) auf die gleichzeitige Überprüfung von Implementierungserfolg und Effektivität ab. Während eine Gruppe nach einer ärztlichen Kurzberatung an eine:n Bewegungstherapeut:in überführt und dort über 12 Wochen eng-maschig betreut wurde („physical activity referral scheme“ PARS, n = 109), erhielt die Vergleichsgruppe nach der gleichen ärztlichen Kurzberatung lediglich Informationsmaterial („physical activity advice“ PAA, n = 59). Das Ziel beider Gruppen war die langfristige Über-führung in ein bereits bestehendes Bewegungsangebot bzw. in eigenständige körperliche Aktivität.
ERGEBNISSE
Der Fokus der quantitativen Erhebung lag auf der Veränderung der körperlichen Aktivität sowie der bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenz (BGK). Die ursprünglich geplante Stichprobengröße (n = 567) konnte aufgrund der COVID-19-Pandemie und der dadurch erheblichen Belastung der beteiligten ärztlichen Praxen nicht erreicht werden. Bei der Gesamtaktivität zeigt sich über die drei Messzeitpunkte hinweg ein signifikanter Effekt der gesamten Stichprobe (n = 168, F(1.86, 307.9) = 12.2, p ≤ .001, ƞ2 = .048), jedoch ohne signifikante Zwischengruppenunterschiede. Gleiches zeigt sich auch bei den drei Bereichen der BGK (Bewegungskompetenz: F(2.0, 332.0) = 14.13, p ≤ .001, ƞ2 = .078; Steuerungskompetenz: F(1.74, 289.0) = 26.50, p ≤.001, ƞ2 = .14; Selbstregulationskompetenz: F(1.98, 329.0) = 29.57, p ≤.001, ƞ2 = .15). Auch hier lassen sich keine signifikanten Zwischengruppenunterschiede feststellen.
DISKUSSION
Die Ergebnisse weisen einen positiven Trend in beiden Interventionsgruppen nach und zeigen, dass die Integration einer strukturierten ärztlichen Kurzberatung zur Bewegungsförderung sinnvoll ist. Für eine dauerhafte Implementierung in das Gesundheitssystem müssen die Ergebnisse der Effektivitätsstudie mit den qualitativen Daten in Verbindung gebracht werden, um das Projekt im Sinne von RE-AIM umfassend zu beleuchten und ein passendes Transferkonzept zu entwickeln.
Status quo einer bewegungsförderlichen Bewegungstherapie: Erkenntnisse über die Erfahrungen von Rehabilitand*innen und das Handeln von Therapeut*innen in drei bayerischen Rehabilitationseinrichtungen
Grüne, Eva1, Popp, Johanna1, Fiedler, David Victor2, Geidl, Wolfgang1, Sudeck, Gorden2, Pfeifer, Klaus1 1FAU Erlangen-Nürnberg, 2Universität Tübingen
EINLEITUNG
Ein wichtiges Ziel der Bewegungstherapie ist es, Menschen zu befähigen, eigenständig körperlich aktiv zu sein. Häufig gelingt es Rehabilitand:innen nach der Rehabilitation nicht, ihre körperliche Aktivität im Alltag aufrechtzuerhalten. Ein möglicher Grund dafür ist, dass bewegungstherapeutische Konzepte oft vorrangig auf die körperliche Funktionsfähigkeit ausgerichtet sind. Die Förderung individueller Kompetenzen zur Initiierung und Aufrechterhaltung eines körperlich aktiven Lebensstils stellt eine vielversprechende Strategie der Bewegungsförderung dar. Jedoch ist unklar, inwiefern Kompetenzen wie die bewegungsbezogene Gesundheitskompetenz (BGK) in der Bewegungstherapie berücksichtigt werden. Ziel dieses Beitrags innerhalb des STABEKO-Projekts ist die Beschreibung des Status quo einer bewegungsförderlichen Bewegungstherapie (bBT) in drei bayerischen Reha-Einrichtungen.
METHODE
Der Status quo einer bBT wurde mithilfe von Fragebögen ermittelt. In Anlehnung an Patient-Reported Experience Measures (PREMs) wurde ein Fragebogen zur Erfassung der Erfahrungen der Rehabilitand:innen mit einer bBT entwickelt und eingesetzt (n = 221). Analog dazu wurden sog. Therapist-Reported Action Measures (TRAMs) erörtert; daraufhin wurde ein Fragebogen entwickelt und eingesetzt (n = 36), der die Handlungsweise von Bewegungstherapeut:innen in Bezug auf die (a) Umsetzung von, (b) Haltung gegenüber und (c) Kompetenz zur Vermittlung einer bBT erfasst. Die PREMs und die verschiedenen Bereiche der TRAMs umfassen jeweils elf Items, die Aspekte der BGK und des Handlungsmodells zur BGK-Förderung abbilden. Die Daten wurden zunächst deskriptiv ausgewertet.
ERGEBNISSE
Hinsichtlich der PREMs zeigte sich über die drei Einrichtungen hinweg mittlere bis hohe Zustimmung (3.54 ≤ M ≤ 4.62) zur Umsetzung einer bBT. Auffällig ist, dass die Items zur Umsetzung der Wissensvermittlung eine geringere Zustimmung der Rehabilitand:innen aufwiesen. Im Hinblick auf die TRAMs bestand über die drei Einrichtungen hinweg mittlere bis hohe Zustimmung der Therapeut:innen zur Umsetzung von (3.00 ≤ M ≤ 4.60), Haltung gegenüber (3.60 ≤ M ≤ 4.93) und Kompetenz zur Vermittlung (3.80 ≤ M ≤ 4.69) einer bBT. Insbesondere bei Items zur Umsetzung der Informations-und Wissensvermittlung lagen unterschiedliche Zustimmungsraten zwischen den Einrichtungen vor.
DISKUSSION
Dieser Beitrag liefert Einblicke zum Status quo einer bBT in drei bayerischen Reha-Einrichtungen aus der Perspektive von Rehabilitand:innen und Therapeut:innen. Die Ergebnisse ermöglichen es, Weiterentwicklungspotenziale in der Bewegungstherapie in Bezug auf Bewegungsförderung zu identifizieren und gezielt zu adressieren, um somit die körperliche Aktivität von Rehabilitand:innen langfristig zu fördern.
Prävention in der Pflege: Ergebnisse des PROGRESS Projektes
Belkin, Vera1, Labott, Berit1, Janssen, Tanja1, Rudisch, Julian1, Wollesen, Bettina2, Voelcker-Rehage, Claudia1 1Universität Münster, 2Deutsche Sporthochschule Köln
EINLEITUNG
Bewohnende von Pflegeheimen führen häufig einen überwiegend sitzenden Lebensstil, was sich negativ auf ihre Gesundheit und ihr psychosoziales Wohlbefinden auswirken kann. Bewegungskurse sind essenziell, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern, erhöhen jedoch nicht zwangsläufig das körperlichen Aktivitätsniveaus. Eine Kombination aus verhaltens- und verhältnispräventiven Interventionen (Bewegungskultur) könnte sowohl die körperliche Aktivität als auch die körperliche Leistungsfähigkeit effektiver steigern. Die PROGRESS-Studie untersucht die kurz- und langfristige Wirksamkeit kombinierter Interventionen hinsichtlich der Verbesserung des körperlichen Aktivitätsverhaltens, der körperlichen Fitness und der Mobilität im Lebensraum (Life-Space Mobility, LSM) bei Pflegeheimbewohnenden.
METHODIK
Die Studie wurde als cluster-randomisierte, kontrollierte Crossover-Studie mit vier Interventionsgruppen durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden zufällig der Bewegungskultur oder einer von drei Kontrollbedingungen zugewiesen: einer verhaltenspräventiven Intervention, einer angeleiteten verhältnispräventiven Intervention oder einer nicht angeleiteten verhältnispräventiven Intervention. Die verhaltenspräventive Intervention bestand aus gruppenbasierten Trainingseinheiten, die zweimal wöchentlich stattfanden. Die verhältnispräventive Intervention zielte darauf ab, körperliche Aktivität in den Alltag zu integrieren. Die angeleitete verhältnispräventive Intervention entsprach der nicht angeleiteten, wurde jedoch zusätzlich 2- bis 4-mal pro Woche durch eine/n Sportwissenschaftler/in angeleitet. Insgesamt wurden sieben Pflegeheime mit N = 123 Bewohnenden im Alter von 61 bis 103 Jahren (M = 84.9, SD = 8 Jahre) rekrutiert. Jedes Pflegeheim erhielt zwei Interventionen von jeweils 16 Wochen Dauer (insgesamt 36 Wochen) sowie eine anschließende 16-wöchige Nachbeobachtungsphase (nicht angeleitete verhältnispräventive Intervention). Die primären Zielgrößen waren körperliche Leistungsfähigkeit (Short Physical Performance Battery, SPPB), das körperliche Aktivitätsverhalten (Fitbit-Tracker, Anzahl der Schritte) sowie die LSM (Nursing Home Life Space Diameter, NHLSD).
ERGEBNISSE
Alle vier Interventionen führten zum Erhalt oder deskriptiv zu einer Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (keine signifikanten Effekte). Die Anzahl der Schritte sowie die LSM-Daten werden derzeit noch ausgewertet.
DISKUSSION
Die Ergebnisse widersprechen unseren ursprünglichen Annahmen und unterstreichen die besonderen Rahmenbedingungen der Pflegeheimumgebung. Da die Veränderungen zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich ausfielen, lässt sich lediglich schließen, dass jede Form von Intervention im Pflegeheimumfeld sinnvoll ist. Jedoch sollte beachtet werden, dass keine passive Kontrollgruppe vorhanden war, sodass Testwiederholungseffekte nicht ausgeschlossen werden können.
Perzeption körperlicher Aktivität von Kindern mit chronischen Erkrankungen und Verletzungen durch Multiplikator*innen
Rakanovic, Michelle1, König, Tatjana2, Scharenberg, Swantje3 1Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte, Weingarten, 2Medizinische Hochschule Hannover, 3Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen, Karlsruhe
EINLEITUNG
Obwohl physical literacy für chronisch kranke oder physisch verletzte Kinder ein zentraler gesundheitlicher und sozialer Faktor ist – siehe auch UN-Behindertenrechtskonvention –, sind sie oft von sportlichen Aktivitäten ausgeschlossen. Die Studie untersucht Perzeption, aber auch Wissen, Wahrnehmung sowie Ausbildung von Erzieher:innen, Grundschullehrkräften und Übungsleitenden im Umgang mit betroffenen Kindern.
METHODE
Die Untersuchung basiert auf drei Online-Umfragen – Erzieher:innen, Grundschullehrkräfte und Übungsleitende -, durchgeführt beim Fachkongress „Kinder bewegen“ (2019).
ERGEBNISSE
Aus den 91 vollständig ausgefüllten Fragebögen (42.9 % Erzieher:innen, 50.5 % Grundschullehrkräfte, 6.6 % Übungsleitende) geht hervor, dass die Fachkräfte Kinder mit chronischen Erkrankungen oder physischen Einschränkungen, am häufigsten Asthma bronchiale (21.5 %) und Adipositas (16.6 %), betreuen. Die Mehrheit der Befragten informiert sich über Eltern (32.0 %), das Internet (19.5 %) und Fachliteratur (18.5 %), hat jedoch wenig Erfahrung mit der Integration dieser Kinder in körperlich-sportliche Aktivitäten. 26.0 % der Erzieher:innen und 22.0 % der Grundschullehrkräfte äußerten Sorgen hinsichtlich der Verantwortung für die Sicherheit der Kinder, insbesondere in Bezug auf medizinische Notfälle, auf die sich 19.8 % nicht ausreichend vorbereitet fühlten. Rechtliche Unsicherheiten stellten für 16.0 % der Grundschullehrkräfte ein Hemmnis dar. 60.9 % der Grundschullehrkräfte fühlen sich durch ihre Ausbildung nicht ausreichend auf den Umgang mit diesen Kindern vorbereitet; auch Erzieher:innen zeigen Unsicherheiten.
DISKUSSION
Praxisnahe, verständliche Informationsmaterialien, die über die Pädiater:innen an Erziehungsberechtigte und Fachkräfte gegeben werden und wesentliche Hinweise zu Krankheitsbildern, sicheren Bewegungsmöglichkeiten und Notfallmaßnahmen bieten, wären eine niederschwellige Möglichkeit, um die Integration betroffener Kinder in sportliche Aktivitäten zu erleichtern und ihre Bewegungszeit zu erhöhen. Langfristig sollte das Thema stärker in der Ausbildung von Erzieher:innen und Lehrkräften verankert werden, um physical literacy von allen Kindern zu fördern.
Partizipative Entwicklung eines Bewegungsprogramms für Personen im Betreuten Wohnen: ein Studienprotokoll
Krafft, Jelena, Maier, Leonie, Bergmann, Matteo, Krell-Rösch, Janina, Woll, Alexander, Barisch-Fritz, Bettina Karlsruher Institut für Technologie
EINLEITUNG
Mit steigendem Alter nehmen der Umfang an körperlicher Aktivität ab und Probleme mit der Ausführung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) zu, was zu einer Reduktion von psychosozialen Ressourcen (z.B. Lebensqualität) führt. Bewegungsinterventionen können diese Veränderungen positiv beeinflussen, bisherige wissenschaftlich evaluierte Programme konzentrieren sich aber vorwiegend auf Senior:innen, die zu Hause, oder in Pflegeeinrichtungen leben. Das Setting des Betreuten Wohnens ist aufgrund seiner heterogenen Struktur in Deutschland bislang wenig erforscht. Um Bewegung stärker in die Versorgung aufzunehmen, bedarf es evidenzbasierter und theoriegeleiteter Interventionen. Dieses Studienprotokoll beschreibt die partizipative Vorgehensweise bei der Entwicklung einer Bewegungsintervention im Setting des Betreuten Wohnens, unter Anwendung des Intervention Mapping Framework (IMF). Die Bewegungsintervention hat zum Ziel, ADL sowie psychosoziale Ressourcen bei den Bewohnenden aufrechtzuerhalten.
METHODE
Das Bewegungsprogramm wird aus mehreren Komponenten bestehen und im Hinblick auf Umfänge und Vielfalt der Inhalte den Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für Personen > 65 Jahre entsprechen. Die Entwicklung erfolgt basierend auf dem IMF, das eine Partizipation der Zielgruppe und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zentraler Entscheidungsträger integriert. Der erste Schritt des IMF ist eine Bedarfsanalyse, um ein logisches Modell des zu behandelnden Problems zu entwickeln. Dies wird mit Hilfe eines Expert:innenworkshops sowie Fokusgruppen bzw. Interviews umgesetzt. Der Expert:innenworkshop setzt sich aus einer Reihe an Expert:innen aus Gesundheits- und Pflegeberufen bzw. -wissenschaft zusammen, wobei ein Gruppen-Delphi-Verfahren den methodischen Rahmen bildet. Die Fokusgruppen bzw. Einzelinterviews werden mit Senior:innen, Expert:innen aus Gesundheits- und Pflegeberufen, pflegenden Angehörigen sowie Entscheidungsträger:innen im Bereich des Betreuten Wohnens durchgeführt, basierend auf halbstrukturierten Interviewleitfäden.
ERWARTETE ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Im Rahmen des Expert:innenworkshops werden konkrete Alltagsprobleme der Zielgruppe herausgearbeitet und gezielte, alltagsnahe Bewegungsaufgaben hierfür entwickelt. Diese Ergebnisse werden ergänzt und durch die Fokusgruppen bzw. Einzelinterviews aufgearbeitet, welche die Bedarfe hinsichtlich der organisatorischen und inhaltlichen Gestaltung des Bewegungsprogrammes aus unterschiedlichen Perspektiven aufzeigen. Das IMF bietet eine gute Grundlage und Hilfestellung für die partizipative Entwicklung einer Bewegungsintervention für Senior:innen im betreuten Wohnen.
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