Effekte von Bewegungstherapie auf depressive Symptome und Lebensqualität bei Depression und chronischen-unspezifischen Rückenschmerzen: eine systematische Literaturrecherche mit Netzwerk-Meta-Analyse
Schäffer, Larissa1; Köbel, Leonard1; Overath, Jonathan2; Niederer, Daniel3; Haller, Nils1,4
1Johannes Gutenberg Universität Mainz; 2Bergische Universität Wuppertal; 3Goethe-Universität Frankfurt; 4Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich
EINLEITUNG
Bewegungstherapie gilt bei chronisch unspezifischen Rückenschmerzen als auch bei Depressionen als wirksame Behandlungsoption (Noetel et al., 2024; Hayden et al., 2005). Unklar ist die Behandlung bei komorbider Erkrankung.
METHODE
Eine systematische Literaturrecherche randomisiert-kontrollierter Studien (RCTs) wurde in sieben Datenbanken (Medline, PsycInfo, WoS Core Collection, EMBASE, CINAHL, CENTRAL, Google Scholar) bis Januar 2025 durchgeführt. Die vergleichende Effektivität (jeweils zur Standardversorgung) wurde mittels Netzwerk-Meta-Analyse gepoolt (als Standardisierte Mittelwertdifferenz, SMD).
ERGEBNISSE
Fünf RCTs aus initial 2,138 identifizierten Studien wurden in das Review eingeschlossen (834 Teilnehmende, 50.1 % weiblich, MAlter = 52.8 Jahre). Die Studien zeigten ein mäßiges bis geringes Verzerrungsrisiko. Direkte und indirekte Vergleiche wurden berücksichtigt. Yoga mit Edukation (YE) bewirkte mittelfristig (Interventionsdauer: ca. 12 Wochen) eine klinisch relevante Verbesserung depressiver Symptome (SMD = -1.48, 95 % CI [-1.81; -1.14]). Moderate Effekte auf depressive Symptome zeigten die Interventionsstudien Antidepressiva-Therapie mit Schmerzselbstmanagement (ATS) (SMD = -0.56 [-0.60; -0.53]), Behaviorale Aktivierung (BA) (SMD = -0.31 [-0.60; -0.53]) und Online-Therapie (OT) (SMD = -0.23 [-0.27; -0.20]). Langfristig (≥ 6 Monate) verbesserten ATS und OT depressive Symptome (SMD = -0.56 [-0.60; -0.53]; SMD = -0.23 [-0.27; -0.20]) und Lebensqualität (SMD = 0.23 [0.20; 0.26]; SMD = 0.23 [0.19; 0.27]). BA hatte einen positiven Einfluss (SMD = -0.31[-0.36; -0.25]) auf depressive Symptome.
DISKUSSION
Mit geringem Evidenzniveau zeigt YE klinisch relevante Symptomverbesserungen bei komorbiden Depressionen und chronisch unspezifischen Rückenschmerzen. Langfristig zeigen ATS und OT eine Verbesserung der Lebensqualität und depressiver Symptome. BA wirkt positiv auf depressive Symptome. Qualitativ hochwertigen Studien sind erforderlich.
LITERATUR
Hayden, J., Van Tulder, M. W., Malmivaara, A., & Koes, B. W. (2005). Exercise therapy for treatment of non- specific low back pain. The Cochrane Database of Systematic Reviews, 3. https://doi.org/10.1002/14651858.cd000335.pub2
Noetel, M., Sanders, T., Gallardo-Gómez, D., Taylor, P., Del Pozo Cruz, B., Van den Hoek, D., (…) & Lonsdale, C. (2024). Effect of exercise for depression: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ, 384, e075847, https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075847
Effekte von Bewegungstherapie bei Depression und chronisch-unspezifischen Rückenschmerzen auf Schmerzintensität und funktionelle Einschränkung: Ein systematisches Review mit Netzwerk Meta-Analyse
Köbel, Leonard1,2; Schäffer, Larissa1; Overath, Jonathan3; Haller, Nils1,4; Niederer, Daniel5
1Johannes Gutenberg Universität Mainz; 2Georg-August-Universität Göttingen; 3Bergische Universität Wuppertal; 4Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich; 5Goethe-Universität Frankfurt
EINLEITUNG
Chronische Rückenschmerzen und Depression gehören zu den verbreitetsten Erkrankungen. Sporttherapie wird als wirksame Intervention für beide Krankheitsbilder empfohlen (Noetel et al., 2024; Hayden et al., 2005). Die optimale Behandlung beider Erkrankungen als Komorbidität ist bisher nicht systematisch erforscht.
METHODE
Ein systematisches Review wurde im Januar 2025 mit den Datenbanken Medline, PsycINFO, WoS Core Collection, EMBASE, CINAHL, CENTRAL und Google Scholar durchgeführt. Zur Bestimmung der wirksamsten Bewegungsinterventionen wurden die vergleichenden Effekte (jeweils zur Standardversorgung) der Studien auf Schmerz und funktionelle Einschränkungen mittels einer Netzwerk- Meta-Analyse zusammengefasst.
ERGEBNISSE
Von 2.138 identifizierten Studien wurden fünf RCTs (N = 834 Teilnehmer:innen, MAlter = 52.8 Jahre) mit acht unterschiedlichen Behandlungsformen eingeschlossen: Yoga mit Edukation (YE), Antidepressiva-Therapie mit Schmerzselbstmanagement (ATS), Self-System-Therapie (SST), Online- und mobilbasierte Therapie (OMT), behaviorale Aktivierung (BA), Acceptance und Commitment-Therapie (ACT), Edukation (E) und die Standard-Versorgung (SV). Das Bias-Gesamtrisiko war mäßig bis gering. In der mittelfristigen Untersuchung (Interventionsdauer circa 12 Wochen, k = 9 Studienarme) war YE die wirksamste Intervention mit klinisch relevanten Verbesserungen bezüglich Schmerzintensität (SMD = -1.05, 95% KI [-1.38; -0.72]) und funktioneller Einschränkung (SMD = -0.38 [-0.35; -0.06]). ATS reduzierte die Schmerzintensität mit einem mittleren Effekt (SMD = -0.53 [-0.56; -0.49]). Bei der langfristigen Untersuchung reduzierte ATS weiterhin die Schmerzintensität (SMD = -0.69 [-0.72; -0.65]) und funktionelle Einschränkung (SMD = -0.67 [-0.70; -0.64]). Langfristige Daten für YE waren nicht verfügbar.
DISKUSSION
Mit sehr geringer klinischer Sicherheit erwies sich YE als vielversprechend zur Reduktion von Schmerzintensität und funktioneller Einschränkung in der untersuchten Personengruppe. ATS zeigte positive Wirkungen, vor allem im langfristigen Follow-up. Andere Ansätze zeigten kleine bis mittlere Effekte, erreichten jedoch keine klinische Relevanz.
LITERATUR
Hayden, J. A., van Tulder, M. W., Malmivaara, A., & Koes, B. W. (2005). Exercise therapy for treatment of non- specific low back pain. The Cochrane database of systematic reviews, 2005(3), CD000335.
Noetel, M., Sanders, T., Gallardo-Gómez, D., Taylor, P., Del Pozo Cruz, B., van den Hoek, D., Smith, J. J., Mahoney, J., Spathis, J., Moresi, M., Pagano, R., Pagano, L., Vasconcellos, R., Arnott, H., Varley, B., Parker, P., Biddle, S., & Lonsdale, C. (2024). Effect of exercise for depression: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ, 384, e075847. https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075847
Analyse des körperlichen und psychischen Gesundheitszustands Studierender und Voraussetzungen für die Gesundheitsförderung
Lorf-Stahl, Sarah1; Otto, Ann-Kathrin1; Wollesen, Bettina2
1Universität Hamburg; 2Deutsche Sporthochschule Köln
EINLEITUNG
Studierende sind hohen Belastungen durch z. B. Bewegungsmangel, Zeitdruck und Zukunftsängsten ausgesetzt, die oft körperliche und psychische Beschwerden verursachen. Dies führt zu einem hohen Bedarf an zielgruppenspezifischen Gesundheitsförderungsmaßnahmen (Wollesen et al., 2015). Studien belegen die positive Wirkung von Exergames auf die körperliche und psychische Gesundheit, wobei digitale Ansätze zudem räumlich und zeitlich flexibel integrier- und individualisierbar sind (Marques et al., 2023). Diese Studie analysiert körperliche und psychische Belastungen Studierender und untersucht, welche Faktoren bei der Entwicklung eines Exergames zur Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit Studierender zu berücksichtigen sind.
METHODE
An der laufenden Querschnittstudie nahmen bisher n = 62 Studierende teil (MAlter = 25.8, SD = 6.5 Jahre). Die Online-Befragung umfasste drei standardisierte Fragebögen (Belastungen am Arbeitsplatz nach Slesina, SF-12 und PSS-10) sowie selbstentwickelte Fragebogenkomplexe (Wünsche und Hürden zur Gesundheitsförderung und Exergames, körperliche und sportliche Aktivität). Die Datenanalyse erfolgte mittels Chi-Quadrat-Tests, der Bildung von Mittelwerten und Standardabweichungen, t-Tests für unabhängige Stichproben (Unterschiede Summenscores und Referenzwerte) und Häufigkeitsanalysen (SPSS 29).
ERGEBNISSE
Auf Basis vorläufiger Ergebnisse, fühlten sich Studierende insbesondere durch Erschöpfung (71.2 %, χ2 = 31.47, p <.001, φ = 0.73), Zeitdruck (67.2 %, χ2 = 49.28, p < .001, φ = 0.92) und Nervosität/Unruhe (65.5 %, χ2 = 38.24, p < .001, φ = 0.81) belastet. Der psychische Score (SF-12) lag bei M = 39.98 (SD = 11.29), was ein niedriges psychisches Wohlbefinden zeigt (MReferenz = 51.58, SD = 8.05, t(48) = -7.19, p < .001). Der körperliche Score (SF-12) ergab M = 51.39 (SD = 7.74; MReferenz = 50.22, SD = 8, t(48) = 1.06, p = .295). Das Stressniveau (PSS-10) war erhöht M = 19.65, SD = 7.43; MReferenz = 12.58, SD = 6.42, t(56) = 7.18, p < .001). Studierende wünschten Bewegungsangebote (74.2 %) und sahen Vorteile von Exergames in der räumlich-zeitlich flexiblen Nutzung (82 %).
DISKUSSION
Die vorläufigen Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Maßnahmen zum Abbau psychischer Belastungen bei Studierenden. Exergames bieten innovative Potenziale. Spezifische Angebote sollten insbesondere Bewegung integrieren und zeitlich flexibel nutzbar sein.
LITERATUR
Marques, L. M., Uchida, P. M., & Barbosa, S. P. (2023). The impact of Exergames on emotional experience: a systematic review. Frontiers in public health, 11, 1209520.
Wollesen, B., Rahlf, A. L., Gansser, S., Köhler, B., & Guedes, N. P. (2015). Alltagsbelastungen und Wünsche zur Gesundheitsförderung von Studierenden. Bewegungsorientierte Gesundheitsförderung an Hochschulen. Universitätsverlag Göttingen, S. 21–36.
Effektivität verhaltensbezogener m-Health Interventionen auf die mentale Gesundheit von Jugendlichen
Baumann, Hannes1; Singh, Ben2; Staiano, Amanda3; Gough, Claire4; Ahmed, Mavra5; Fiedler, Janis6; Timm, Irina6; Wunsch, Kathrin6; Button, Alyssa7; Yin, Zenong8; Vasiloglou, Maria10; Sivakumar, Bridve11; Dallinga, Joan Martine12; Petersen, Jasmine4; Huong, Christopher8; Schoeppe, Stephanie9; Spring, Katie3; Kracht, Chelsea L13; Maher, Carol2; Vandelanotte, Corneel9
1Deutsche Sporthochschule Köln; 2University of South Australia, Australien; 3Pennington Biomedical Research Center, USA; 4Flinders University, Australien; 5University of Toronto, Kanada; 6Karlsruher Institut für Technologie; 7Virginia Commonwealth University, USA; 8University of Texas at San Antonio, USA; 9Central Queensland University, Australien; 10Nestle Institute of Health Sciences, Schweiz; 11Ontario Tech University, Kanada; 12The Hague University of Applied Sciences, Niederlande; 13University of Kansas Medical Center, USA
EINLEITUNG
Psychische Erkrankungen sind bei Jugendlichen global prävalent – etwa jeder siebte Jugendliche ist betroffen. Gesundheitsförderliche Verhaltensweisen wie körperliche Aktivität (PA), ausgewogene Ernährung, Schlaf sowie die Reduktion sitzenden Verhaltens (SB) können die mentale Gesundheit bei Jugendlichen deutlich verbessern. mHealth Interventionen bieten hierfür zwar ein skalierbares Potenzial auf Bevölkerungsebene, dessen Wirksamkeit bei klinisch relevanten emotionalen, verhaltensbezogenen und Essstörungen bleibt jedoch bisher unklar. Ziel dieser Metaanalyse ist es daher, die Effektivität verhaltensbezogener mHealth Interventionen auf die mentale Gesundheit von Jugendlichen zu evaluieren.
METHODE
Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse gemäß PRISMA (PROSPERO-ID: CRD42024591285) wurde durchgeführt und acht Datenbanken nach RCT‘s durchsucht. Als Einschlusskriterium galten Studien mit Jugendlichen der frühen (11-14 Jahre), mittleren (15-17 Jahre) und späten Adoleszenz (18-21 Jahre) und klinisch diagnostizierten oder selbstberichteten affektiven, Verhaltens- oder Essstörungen, bei denen Interventionen zu PA, SB, Ernährung oder Schlaf erfolgten. Das Cochrane ROB2 und GRADE-System wurden genutzt und die gepoolten Effektstärken als standardisierte Mittelwertdifferenzen (SMD) mit 95 %-Konfidenzintervallen in Random-Effects-Modellen berechnet.
ERGEBNISSE
Neun RCTs mit insgesamt u RCTs mit insgesamt e RCTs mit insgesamt = 3.703 Teilnehmern wurden analysiert. Die Metaanalyse ergab eine signifikante Reduktion von Angstsymptomen (sechs Studien, N = 2.086, SMD [95 %-KI] = -0.19 [-0.37, -0.01], I² = 71 %), insbesondere durch schlaffokussierte und multimodale Interventionen. Bei Essstörungen (drei Studien, N = 732, SMD [95 %-KI] = -0.23 [-0.44, -0.02], I² = 38 %) zeigten ernährungsbezogene sowie kombinierte Ernährungs-/PA-Interventionen signifikante Effekte. Bei Depression und Verhaltensstörungen ergaben sich keine signifikanten Effekte. Die Evidenz war durch hohe Heterogenität und niedrige Evidenzsicherheit (ROB2, GRADE) begrenzt. Studien mit höherer Nutzungsfrequenz, längerer Interventionsdauer und Hybridansätze erzielten größere Effektstärken, wiesen jedoch geringere Skalierbarkeit auf.
DISKUSSION
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass mHealth-Interventionen mit gesundheitsbezogenen Verhaltensänderungen effektiv Angst- und Essstörungssymptome bei Jugendlichen reduzieren können. Die moderaten und uneinheitlichen Effekte auf depressive und Verhaltensstörungen sowie die geringe Studienzahl, hohe Heterogenität und niedrige Evidenzsicherheit unterstreichen den Bedarf an weiteren hochwertigen RCTs zur Evaluation der Langzeiteffekte. Eine Kombination von mHealth-Interventionen mit der Standardversorgung könnte die Symptomverbesserung zusätzlich fördern.
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