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AK4.04: AK: Innovative Ansätze in der Leistungsdiagnostik
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Von der Diagnostik zur Leistungsvorhersage: Entwicklung und Validierung eines Multi-Domain Power-Duration Modells 1Deutsche Sporthochschule Köln; 2Das Deutsches Forschungszentrum für Leistungssport Köln, Deutsche Sporthochschule Köln EINLEITUNG Aktuelle Modelle der Leistungs-Zeit-Beziehung konzentrieren sich oft auf begrenzte Zeitbereiche. Während das „anaerobic power reserve“ (APR) Konzept effektiv Anstrengungen ≤ 5 min vorhersagt (Sanders et al., 2017), bleiben Modelle für Dauern bis zu 60 min umstritten. Diese Studie untersucht, ob die maximale aerobe Leistung (MAP) und die Leistung an der Laktatschwelle 2 (PLT2) die Leistungsabgabe zwischen fünf und 60 Minuten vorhersagen können. METHODE Dreiunddreißig gut trainierte männliche Radsportler (MAlter = 29.2, SD = 9.7 Jahre; MVO2max = 67.2, SD = 5.0 mL-min-¹-kg-¹) absolvierten Labortests zur Bestimmung der maximalen Leistung (PPO) (15-s-Sprint), der MAP (Rampentest) und der PLT2, sowie 8 Zeitfahren mit Dauern zwischen 30 bis 3600s. Unter Verwendung dieser Leistungs-Zeit-Profile und der drei Ankerpunkte (PPO, MAP, PLT2) wurden individuelle exponentielle Zeitabfallkonstanten für kurze (1-300 s; kAnPR) und lange dauern (300-3600 s; kAePR) berechnet. Diese bildeten die Grundlage für ein Multi-Domian Power-Duration-Modell (MuDo-PD), das Leistungen von 1 bis 3600 s vorhersagt. Die interne Validierung erfolgte innerhalb der Modellierungskohorte durch einen Vergleich des MuDo-PD Modells mit einem etablierten Ansatz basierend auf dem „Critical Power“-Konzept (Omni Power Duration-Modell). Zur externen Validierung wurde das MuDo-PD Model auf eine unabhängige Stichprobe von 75 trainierten Athleten angewendet. ERGEBNISSE Die Zeitabfallkonstanten waren kAnPR = -0.023 (SD = 0.003 s-1) und kAePR = -0.0023 (SD = 0.0008s-1). Das Modell zeigte eine moderate bis hohe Übereinstimmung mit der tatsächlichen Leistung (ICC = 0.639-0.947) und kleine Abweichungen (M = -0.59, SD = 25.0 W bis M = 26.5, SD = 32.0 W), vergleichbar mit dem Omni Power-Duration-Modell. Die externe Validierung mit 75 Athleten bestätigte die hohe Genauigkeit (ICC = .988; Abweichung = 0.01 ± 17.8 W). DISKUSSION Leistungsdiagnostische Parameter, einschließlich der Bestimmung von PPO, MAP und LT2, können verwendet werden, um die Leistung bis zu 60 Minuten genau vorherzusagen. LITERATUR Sanders, D., Heijboer, M., Akubat, I., Meijer, K., & Hesselink, M. K. (2017). Predicting high-power performance in professional cyclists. International journal of sports physiology and performance, 12(3), 410–413. MoCap im Volleyball: Ein innovativer Ansatz zur Bewegungsanalyse Deutsche Sporthochschule Köln EINLEITUNG Die präzise Analyse menschlicher Bewegungen ist essenziell für das Erlernen und Anpassen komplexer sportmotorischer Fähigkeiten (Adesida et al., 2019). Vorgestellt wird ein innovativer Ansatz zur Analyse von Motion-Capture (MoCap)-Daten im Volleyball. Ziel ist die erleichterte Untersuchung von Bewegungsunterschieden bei einer volleyballspezifischen Aufgabe. Der Fokus liegt auf trainingsbedingten Variationen der Bewegungsausführung. METHODE Der Ansatz nutzt Bewegungsdaten eines Sensoranzugs (Xsens MVN Link, 240 Hz, 20 ms Latenz). Gelenkpositionen werden als Bewegungsskelette mit Referenzwerten dargestellt und über die mittlere quadratische Abweichung (Root-Mean-Square Deviation, RMSD) quantifiziert. Die Skelette werden manuell über Bewegungsschlüsselpunkte – Umkehrpunkte der Ausholbewegung oder definierte Gelenkwinkel – synchronisiert. Der Kabsch (1976)-Algorithmus minimiert die RMSD durch Anpassung von Orientierung und Translation der Skelette. Die minimale RMSD dient als Maß für Unterschiede in der Körperposition. Eine Frame-by-Frame-Analyse dieser Werte zeigt den Grad der Bewegungsabweichung. Die Anwendbarkeit wurde bei Sprung-Flatteraufschlägen mit drei Bällen, variierend in Oberflächenstruktur oder Gewicht, intraindividuell bei einer Expertin und einer fortgeschrittenen Spielerin geprüft. Beide trugen den Sensoranzug und führten neun Aufschläge aus (je drei pro Ball). ERGEBNISSE Bei der Expertin zeigten sich kaum sichtbare Unterschiede zwischen den Skeletten (RMSD < 0.04). Bei der fortgeschrittenen Spielerin ergaben sich leichte Bewegungsabweichungen, besonders im rechten Unterarm bei Bällen mit verschiedener Struktur (RMSD < 0.08). DISKUSSION Dank des Ansatzes wird ein tieferes Verständnis der Auswirkungen spezifischer Trainingsanpassungen auf Bewegungen im Volleyball gefördert. Die beobachteten Bewegungsunterschiede bestätigen, dass die Oberflächenstruktur von Bällen deren Aerodynamik beeinflussen kann (Alam et al., 2012). Der Ansatz ermöglicht eine objektive und effiziente Bewegungsanalyse für wissenschaftliche und trainingspraktische Anwendungen und erleichtert die Entwicklung evidenzbasierter Coachingstrategien (Geisen et al., 2024). LITERATUR Adesida, Y., Papi, E., & McGregor, A. H. (2019). Exploring the role of wearable technology in sport kinematics and kinetics: A systematic review. Sensors, 19(7), 1597. https://doi.org/10.3390/s19071597 Alam, F., Chowdhury, H., Stemmer, M., Wang, Z., & Yang, J. (2012). Effects of surface structure on soccer ball aerodynamics. Procedia Engineering, 34, 146–151, https://doi.org/10.1016/j.proeng.2012.04.026 Geisen, M., Seifriz, F., Fasold, F., Slupczynski, M., & Klatt, S. (2024). A novel approach to sensor-based motion analysis for sports: Piloting the Kabsch algorithm in volleyball and handball. IEEE Sensors Journal, 24(21), 35654–35663. https://doi.org/10.1109/JSEN.2024.3455173 Kabsch, W. (1976). A solution for the best rotation to relate two sets of vectors. Acta Crystallographica. A32(5), 922. https://doi.org/10.1107/S0567739476001873 Zusammenhang der Laktatakkumulation und Leistung im Ergometersprint und Rampentest TU Chemnitz EINLEITUNG Veränderungen der Glykolyserate (maximale Laktatakkumulation, ΔBLa) durch Trainingsinterventionen werden durch hochintensive Sprintbelastungen ermittelt, welche für weniger belastbare Personen eine zu hohe Beanspruchung darstellen können. Rampentests (z. B. Steep Ramp Test, SRT) finden in der klinischen Diagnostik Anwendung und werden aufgrund der geringen Testzeit gut toleriert. Ziel dieser Untersuchung war es, bei gesunden Personen zu prüfen, inwiefern eine Vorhersage der maximalen ΔBLa und Leistung des Sprints mittels SRT möglich sind. So könnten Anpassungen der Glykolyserate infolge von Trainingsinterventionen ohne hochintensive Sprintbelastung ermittelt werden. METHODE Zehn aktive Probandinnen (M = 23.2, SD = 1.2 Jahre; M = 23.9, SD = 2.3 kg∙m-2) führten nach Erwärmung (10 min, 50 W) einen maximalen 10s isokinetischen Sprint (130 U min-1, Lode Excalibur) und einen SRT (Start: 50 W, Inkrement: individuell kontinuierlich gesteigert nach Gläser et al., 2013) im Abstand von mindestens 24 h durch. Zur Bestimmung der BLa erfolgten Kapillarblutentnahmen unmittelbar vor (BLaprä) und nach der Belastung (minütlich bis 9‘, nach 12‘, 15‘ und 20‘). ΔBLa ergab sich aus maximaler Laktatkonzentration (BLamax) – BLaprä. BLamax wurde mittels bi-exponentieller Funktionen bestimmt. Die auf das Körpergewicht relativierte Leistung (relPpeak, relPmean) und ΔBLa wurden mittels t-Tests auf Unterschiede sowie auf Zusammenhänge mit Pearson-Korrelationen bei α = 5 % geprüft. ERGEBNISSE Die individuellen Inkremente des SRT lagen bei M = 4.7 (SD = 0.2 W∙s-1) bei einer Testdauer von M = 90.9 (SD = 7.7 s). Im Sprint wurde Ppeak nach M = 3.3 (SD = 10.7 s) erreicht mit einem Anstieg von M = 274 (SD = 108 W∙s-1). Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Sprint und SRT in relPpeak_Sprint (M = 11.9, SD = 2.0 W∙kg-1) und relPpeak_SRT (M = 6.7, SD = 0.8 W∙kg-1, t = 10.98, p < .001) und der ΔBLaSprint (M = 3.89, SD = 1.04 mmol/L) und ΔBLaSRT (M = 8.51, SD = 2.54 mmol/L, t = -8.29, p < .001). Signifikante Korrelationen ergaben sich für relPpeak_Sprint und relPpeak_SRT (r = .74, p < .05), relPmean_Sprint und relPpeak_SRT (r = .69, p < .05) sowie für ΔBLaSprint und ΔBLaSRT (r = .84, p < .01). DISKUSSION Die festgestellten signifikanten Unterschiede in ΔBLa und der Leistung sind in der Dauer und dem unterschiedlichen Belastungsmodus der Tests begründet. Die hohe Korrelation zwischen ΔBLa in beiden Tests, deutet darauf hin, dass eine Vorhersage der maximalen Laktatakkumulation prinzipiell möglich ist. Somit erscheint der SRT als eine Möglichkeit die anaerobe Leistungsfähigkeit auf Basis der Laktatakkumulation im Blut zu testen. LITERATUR Gläser, S., Ittermann, T., Schäper, C., Obst, A., Dörr, M., Spielhagen, T., Felix, S. B., Völzke, H., Bollmann, T., Opitz, C. F., Warnke, C., Koch, B., & Ewert, R. (2013). Referenzwerte für die Spiroergometrie – Ergebnisse der Study of Health in Pomerania (SHIP). Pneumologie (Stuttgart, Germany), 67(1), 58–63. https://doi.org/10.1055/s-0032-1325951 Functional Performance Test Ergebnisse professioneller Bühnentänzer*innen an deutschen Opernhäusern, Staats- und Stadttheatern 1Institut für Bewegungswissenschaften, Universität Hamburg; 2IIES Institute of Interdisciplinary Exercise Science and Sports Medicine, MSH Medical School Hamburg EINLEITUNG Health & Performance Screenings werden im Spitzensport regelmäßig zur Verletzungsprävention und Leistungssteuerung eingesetzt, im professionellen Bühnentanz jedoch bislang trotz hoher physischer und psychischer Anforderungen an die Tänzer:innen kaum (Critchley et al., 2023). Ziel dieser Studie war es, die Leistungsfähigkeit professioneller Bühnentänzer:innen anhand funktioneller Performance Tests (FPTs) zu erfassen und die Einflüsse von Geschlecht, Alter und Kompaniezugehörigkeit zu analysieren. METHODE Die im Rahmen des Screenings durchgeführten FPTs umfassten Tests zur Beurteilung der aeroben Ausdauer, Sprunggelenksbeweglichkeit, tanzspezifischen Fertigkeiten, muskulären Kraft(-ausdauer) und Sprungleistung. Einflüsse von Geschlecht, Alter und Kompaniezugehörigkeit wurden mit linearen und linear-gemischten Modellen sowie ANOVAs, Post-hoc-Analysen und Effektstärkeberechnung (η² bzw. β) geprüft. Das Signifikanzniveau beträgt p < .05. ERGEBNISSE Das Screening wurde in der Spielzeit 2024/25 an vier Kompanien mit 113 Berufstänzer:innen (59 weiblich, 54 männlich) durchgeführt. Signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede fanden sich in nahezu allen FPTs. Tänzer erzielten höhere Werte in den Sprungtests (p < .001, η2 bzw. β < .55) und einem Stütztest der oberen Extremität (p < .001, η2 = .18), während Tänzerinnen bessere Ergebnisse im Ausdauertest (p < .001, η2 = .27), Kraftausdauertest der Wade (p = .03, β = -.35) und Turnout-Technik-Test (p = .03, β = .37) erreichten. Altersabhängige Leistungseinbußen zeigten sich im Ausdauertest (p = .012, η2 = .09) und im Reaktivkraftindexes des Drop Jump Tests (p = .004, β = -.22). Die Kompaniezugehörigkeit hatte nur in Einzelfällen einen signifikanten, jedoch inkonsistenten Einfluss. DISKUSSION Während sich geschlechterspezifische Unterschiede in der überwiegenden Anzahl der FPT-Ergebnisse zeigten, scheint die Kompaniezugehörigkeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse zu haben. Die FPTs wurden hypothesengeleitet auf Basis literaturgestützter und klinischer Einschätzungen ausgewählt. Zukünftig sollten sie weiter gezielt hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit den leistungsbestimmenden Parametern des professionellen Bühnentanzes sowie der Identifikation von Risikofaktoren für Verletzungen und chronischen Überlastungsschäden evaluiert werden. LITERATUR Critchley, M. L., Ferber, R., Pasanen, K., & Kenny, S. J. (2023). Pre-Season Screening Assessments: Normative Data for Pre-Professional Ballet Dancers. Journal of dance medicine & science: official publication of the International Association for Dance Medicine & Science, 27(3), 130–138. https://doi.org/10.1177/1089313X231177167. |