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Schulentwicklungskapazität als Voraussetzung für die Qualitätsentwicklung von schulischen Prozessen. Eine Bilanz.
Sitzungsthemen: 4. Empirische Bildungsforschung, Sektion 4, Arbeitsgruppe Empirische Pädagogische Forschung, Sektion 5, Kommission Schulforschung und Didaktik, qualitativ, quantitativ, theoretisch, Deutsch
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Präsentationen | ||
Schulentwicklungskapazität als Voraussetzung für die Qualitätsentwicklung von schulischen Prozessen. Eine Bilanz. In der Schulentwicklungsforschung gilt das Konstrukt der Schulentwicklungskapazität als für die Weiterentwicklung der schulischen Qualität bedeutsames Schulmerkmal. Allerdings bestehen verschiedene theoretische und methodische Forschungsdesiderata. Darauf Bezug nehmend werden in diesem Forschungsforum die theoretische Fundierung des Konzeptes sowie das Forschungsdesign einer umfangreichen Studie in 59 Primarschulen (ca. 1500 Lehrpersonen ca. 1500 Schüler*innen) unter Berücksichtigung unterschiedlicher methodischer Erhebungs- und Analyseinstrumente präsentiert. Zudem werden zentrale Ergebnisse auf der Basis von sozialen Netzwerkanalysen, time-sampling-Verfahren und eines Mixed-Method Ansatzes für Schulentwicklung zur Diskussion gestellt. Stärken und Schwächen des Ansatzes sowie weiterführende Forschungsfragen werden diskutiert. Insbesondere stellt sich die Frage, inwiefern aufgrund des neuen Ansatzes Erkenntnisse zur Qualitätsentwicklung von schulischen Prozessen gewonnen werden können. Beiträge des Panels Theoretische Fundierung und Forschungsdesign zur Analyse der Schulentwicklungskapazität in Primarschulen Schulentwicklungskapazität (SIC) kann als das Zusammenspiel von schulischen Routine- und Regulationsprozessen zur nachhaltigen Verbesserung von Unterrichtsqualität und der Lernergebnisse der Schüler*innen definiert werden (Maag Merki et al., 2021). In diesem Beitrag wird die theoretische Fundierung und das methodische Design einer umfangreichen Studie in 59 Primarschulen vorgestellt. Aus theoretischer Perspektive basiert SIC auf der Theorie des organisational learning nach Argyris und Schön (1996), in welcher individuelles und kollektives Lernen innerhalb einer Organisation unterschieden wird. Diese wird durch die Theorie der Learning Community nach Mitchell und Sackney (2011) ergänzt. Darüber hinaus stellt das Modell des selbstregulativen Lernens nach Winne und Hadwin (2010) eine wesentliche Erweiterung dar, um schulische Regulationsprozesse differenziert zu modellieren. Um das theoretische Modell empirisch zu untersuchen, werden bei Lehrpersonen mittels eines standardisierten Fragebogens, sozialer Netzwerkanalysen und time-sampling-Analysen Schulentwicklungsstrategien, Motivationen, metakognitives Strategiewissen sowie die Kooperationen in Schulteams erfasst. Diese Analysen werden mit einer qualitativen Fallstudie mittels Gruppendiskussionen vertieft. Darüber hinaus werden die Unterrichtsqualität, Motivationen sowie Mathematikleistungen der Schüler*innen im Längsschnitt erhoben. Stärken und Schwächen des theoretischen und methodischen Forschungsdesigns werden diskutiert. Die Erfassung schulentwicklungsrelevanter Aktivitäten von Lehrpersonen über ein online Logbuch auf der Basis von time-sampling Daten In diesem Beitrag werden Ergebnisse eines time-sampling-Verfahrens zur Erfassung der täglichen Aktivitäten von Lehrpersonen im und außerhalb des Unterrichts berichtet. Diese Methode verspricht eine größere Performanznähe und damit Validität als dies über retrospektive Selbstbeschreibungen möglich wäre (Ohly, Sonnentag, Niessen, & Zapf, 2010). Untersucht wird, welche Aktivitäten Lehrpersonen in Bezug auf die Weiterentwicklung der eigenen Praxis im Unterricht, in Teams und in der Schule realisieren und inwiefern an Tagen, an denen schulentwicklungsrelevante Tätigkeiten realisiert werden, eine höhere Ergiebigkeit für das Lernen der Schüler*innen oder für den Unterricht wahrgenommen wird. Anhand eines online Logbuchs, welches von den Lehrpersonen über 21 Tage ausgefüllt worden ist, werden die Fragen mehrebenenanalytisch untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass Lehrpersonen ausserhalb ihres Unterrichts zur Hälfte Aktivitäten in Kooperation mit anderen Personen realisieren, wobei wiederum ca. die Hälfte davon der Klärung administrativ-organisatorischer Fragen dient, gefolgt von fachlichen sowie Fragen zur Team- und Schulentwicklung. Kooperative Aktivtäten nehmen über die Woche linear ab. Tage, an denen kooperative Aktivitäten realisiert wurden, erlebten die Lehrpersonen für das Lernen der Schüler*innen sowie für Team- und Schulentwicklung als ertragreicher. Stärken und Schwächen des Ansatzes für Erkenntnisse zur Qualitätsentwicklung von schulischen Prozessen werden diskutiert. Kooperation von Schulteams zur Entwicklung der Schule. Analysen auf der Basis sozialer Netzwerke Schulen als pädagogische Organisationen gelten als «loosely coupled systems» (Weick, 1976) und sind eher organisch strukturiert (Lindemann, 2017), wobei die Koordination nicht über eine Hierarchiespitze geschieht, sondern vielmehr durch alle Teammitglieder. Deshalb spielt bei ihrer Entwicklung das Agieren des Schulteams als professionelle Lerngemeinschaft eine entscheidende Rolle (Idel, Ullrich & Baum, 2012). Dabei wird das Ziel verfolgt, die personale, interpersonale und organisationale Kapazität der Lerngemeinschaft weiterzuentwickeln (Mitchell & Sackney, 2011), um Unterrichtsqualität und Lernen zu verbessern (Spillane & Louis, 2002). Um die Kooperation in Schulteams performanznahe zu erfassen, kamen soziale Netzwerkanalysen (Wasserman & Faust, 1994) zum Einsatz. Bisherige Netzwerkstudien untersuchten, wie schulinterne Faktoren die Kooperation von Schulteams hinsichtlich Unterricht und Lernen begünstigen (z.B. Spillane, Kim & Frank, 2012). Effekte von sozialen Netzwerken auf die Schüler*innen wurden bisher kaum erforscht (Mooleaar, Sleegers & Daly, 2012). In dieser Teilstudie wird die Kooperation von Schulteams nicht nur mit Blick auf Unterrichtsentwicklung, sondern auch auf Team- und Organisationsentwicklung untersucht und darüber hinaus in Beziehung zu Unterrichtsqualität, Mathematikleistungen und dem Interesse an Mathematik der Schüler*innen gestellt. Am Kongress werden die Ergebnisse präsentiert und für die Qualitätsentwicklung von schulischen Prozessen diskutiert. Baking-the-Cake der Schulentwicklung: Interpersonale und organisationale Voraussetzungen bei Schulen unterschiedlicher Schulentwicklungskapazität Seit langem werden Voraussetzungen für eine nachhaltige Schulentwicklung untersucht und finden sich für zentrale Bereiche konsistent beschrieben (u.a. Reynolds et. al. 2016). Modelle wie Professionelle Lerngemeinschaften oder Lernende Organisationen, aber auch Studien auf der Basis von Best-Practice-Beispielen bündeln diese Erkenntnisse. Dabei gilt es zu beachten:
Eine Grenze scheint hier demnach weniger zwischen Systemen und Schularten als zwischen High-Performern und der Breite des Feldes zu verlaufen. Ziel dieser Teilstudie ist es, das Zusammenspiel bekannter Entwicklungsvoraussetzungen besser zu verstehen und Muster bei der Entstehung von «Baking-the-Cake-Effekte» zu identifizieren. Dazu werden in einem Mixed-Methods Design Schulen mit verschiedenen Schulentwicklungskapazitäten einander gegenübergestellt. So werden Befunde der Analyse qualitativer Gruppendiskussionen mit quantitativen Befragungsdaten schulischer Akteure sowie einer Governance-Analyse in Verbindung gebracht, um ein differenziertes Bild der Wirkmechanismen auf Einzelschulebne zu erhalten. |