Sitzung | ||
Kooperationsprojekte zwischen Wissenschaft und amtlicher Statistik – (Best) Practice-Beispiele mit amtlichen Daten der Bevölkerungsstatistik
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Zusammenfassung der Sitzung | ||
Kooperationsprojekte zwischen Wissenschaft und Einrichtungen der amtlichen Statistik gehen bereits heute über die institutionalisierte Datennutzung an den Forschungsdatenzentren hinaus. Im Rahmen der vorliegenden Session sollen gelungene, aber auch schwierige Kooperationsprojekte in kurzen Impulsvorträgen dargestellt und in ihren Abläufen beschrieben werden. Von Interesse sind dabei Fragestellungen wie: •Wer hat kooperiert? Wie kam der Kontakt zu Stande? Auf welche Initiative hin? •Wie lange dauerte das Kooperationsprojekt (Anbahnungsphase, Projektphase, ggf. Veröffentlichung der Ergebnisse)? •Wie gestaltete sich die Aufgabenteilung? Wer übernahm welche Arbeitspakete? •Warum wurde das Projekt im Rahmen einer Kooperation zwischen Akteuren aus Wissenschaft und amtlicher Statistik durchgeführt? Welche Benefits hatten die jeweiligen Akteure? Welche Ziele wurden jeweils verfolgt? •Welche Aspekte und Bedingungen erwiesen sich in der Kooperation als förderlich? •Welche Schwierigkeiten/ Probleme/ Hürden ergaben sich in der Kooperation? Wir laden Vertreter(innen) aus Wissenschaft und amtlicher Statistik ein, Angebote zu kurzen Impulsvorträgen (max. 7 Minuten) einzureichen, die sich weitestgehend mit der Kooperation selbst (5 Minuten) und nur am Rande mit den Ergebnissen des Projektes (2 Minuten) befassen. Im Anschluss an die Kurzvorträge werden mit allen Vortragenden, die für eine gelungene Kooperation förderlichen wie hinderlichen Faktoren diskutiert und um Erfahrungen aus dem Plenum ergänzt. Dr. Karin Tesching und Dr. Andrea Buschner | ||
Präsentationen | ||
Auswertungen der Binnenwanderungsstatistik. Zusammenarbeit von Statistischem Bundesamt und Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Deutschland Wie viele Personen ziehen jedes Jahr innerhalb Deutschlands um? Zieht es die Menschen eher in die Städte oder aufs Land? Welchen Einfluss hat die COVID-19 Pandemie auf das Umzugsverhalten? All das sind zentrale Fragestellungen, welche im Interesse der interessierten Fachöffentlichkeit und der Politik stehen. Dementsprechend ist eine zeitnahe Auswertung der amtlichen Binnenwanderungsstatistik notwendig und geboten. Der Vortrag gibt einen Einblick in die Zusammenarbeit des Statistischen Bundesamtes und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bei der Binnenwanderungsstatistik und einen Überblick zu aktuellen Trends der Binnenwanderung. Kooperationsprojekte mit der Wissenschaft – Beispiele des Statistischen Bundesamtes Destatis, Deutschland Das Statistische Bundesamt verfügt über langjährige Erfahrungen in der Durchführung von Kooperationsprojekten mit der Wissenschaft. Für die Weiterentwicklung der Statistik ist eine enge Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Partnern unerlässlich. Deshalb kooperieren wir nicht nur mit Partnern des nationalen und internationalen statistischen Verbunds sondern auch der Wissenschaft, um neue methodische Entwicklungen zu identifizieren, zu bewerten und bestenfalls in die Statistikproduktion zu überführen. Beispielhaft für die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft in gemeinsamen Forschungsprojekten sind die DFG Forschungsgruppe "Sektorenübergreifendes kleinräumiges Mikrosimulationsmodell" (MikroSim), das Kompetenzcluster "Anonymität bei integrierten und georeferenzierten Daten" (AnigeD) oder die Projekte "VerBindungen" und "NeDaMo". Der Kurzvortrag soll insbesondere die Rahmenbedingungen und Erfahrungen der beiden Forschungsprojekte MikroSim und AnigeD vorstellen und diskutieren. In beiden Fällen handelt es sich um größere Forschungsverbünde in Kooperation mit mehreren Partnern aus der universitären wie institutionellen Wissenschaft. Die Betrachtung dieser beiden Projekte ist auch daher interessant, da sie sich hinsichtlich ihrer Förderstruktur unterscheiden: Auf der einen Seite die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschungsgruppe MikroSim und auf der anderen Seite das Kompetenzcluster AnigeD, welches Bestandteil eines durch EU-Mittel geförderten und vom BMBF koordinierten Forschungsnetzwerks ist. Beide Projekte nutzen Einzeldaten der amtlichen Bevölkerungsstatistik. Im Projekt MikroSim stellen sie die Basis zur Erstellung der (teil-) synthetischen Basispopulation dar, während sie im Projekt AnigeD als Anwendungsfall für die methodische Weiterentwicklung von Geheimhaltungsverfahren dienen. Der Vortrag soll Entstehungsgeschichte und Rahmenbedingungen der Kooperationen aufzeigen und hierbei neben den positiven Aspekten der Kooperationen auch hinderliche Strukturen sowie „lessons learned“ thematisieren. Neue Analysemöglichkeiten in der Todesursachenstatistik– Kooperationen des Bayerischen Landesamtes für Statistik Bayerisches Landesamt für Statistik, Deutschland Die Aufbereitung und Auswertung von Daten im Bereich der Todesursachenstatistik erfolgt in Deutschland bislang nur unikausal, d.h. für jeden Sterbefall wird genau ein Grundleiden ausgewiesen. Die internationale Forschung ist hier schon deutlich weiter und analysiert seit über 15 Jahren alle Vor- und Begleiterkrankungen sowie Folgen und Komplikationen, die auf der Todesbescheinigung vermerkt wurden. In Bayern werden die Daten seit 2020 multikausal erfasst. Um das enorme Potential der multikausalen Todesursachenstatistik zu nutzen, ist das Bayerische Landesamt für Statistik verschiedene Kooperationen mit Wissenschaftlern im universitären Bereich (Universität Warschau, LMU München) sowie im Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes (Robert Koch-Institut, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) eingegangen. Im Beitrag sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Projekte im Hinblick auf die Entstehung der Kooperationen, die verschiedenen Projektphasen, den Output und mögliche Schwierigkeiten in kondensierter Form dargestellt werden. Bislang liegen die multikausalen Todesursachendaten nur den Statistischen Ämtern vor – eine Bereitstellung für die Wissenschaft in den Forschungsdatenzentren konnte vor allem aus Geheimhaltungsgründen noch nicht erfolgen. Im Rahmen der Session kann die Möglichkeit einer Datennutzung über derartige Kooperationsprojekte diskutiert werden. Kooperation zwischen Wissenschaft und Statistik: Erfahrungen aus dem Statistischen Landesamt Bremen Statistisches Landesamt Bremen, Deutschland Das Statistische Landesamt Bremen hat ein umfangreiches Datenangebot u.a. in seinen (kleinräumigen) Infosystemen öffentlich zugänglich. Manche Forschungsprojekte benötigen dennoch weitergehende Daten. Im Rahmen von Kooperationen zwischen Wissenschaft, Statistischem Landesamt und teils weiteren Akteuren der öffentlichen Verwaltung können Daten noch detaillierter aufbereitet werden. Die meisten Anfragen dahingehend beziehen sich in Bremen auf kleinräumige Daten. Wir möchten den Ablauf verschiedener Projekte der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Statistik im Bereich der Bevölkerungs-, Gesundheits- und Sozialstatistiken beleuchten und die Erkenntnisse zum Projektablauf teilen. Als Fazit steht, dass Kooperationsprojekte zeitweise einen hohen zeitlichen Aufwand mit sich bringen können, ebenso unsichere Finanzierung und Zeitplanung. Demgegenüber steht, dass Kooperationsprojekte im Idealfall dazu führen, das öffentliche Datenangebot der amtlichen Statistik auszubauen. Dabei sehen wir Kooperationsprojekte als Möglichkeit, die Daten tiefergehender zu analysieren und von den Kooperationspartnern ebenfalls weitergehende inhaltliche Einsichten zu erhalten. Implementierung eines Imputationsverfahrens zur Schätzung von fehlenden Altern von Vätern bei der Geburt von Kindern 1Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Deutschland; 2Universität zu Köln, Deutschland; 3Vytautas-Magnus-Universität, Litauen; 4Statistisches Bundesamt, Deutschland; 5Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Deutschland; 6Max Planck-University of Helsinki Center for Social Inequalities in Population Health, Deutschland & Finnland Während in der bundesdeutschen Statistik der Geburten das Alter der Mütter bei fast allen Geburten erfasst ist, fehlt diese Angabe bei einer größeren Zahl von Vätern (2000: 14%, 2019: 6%). Daher wurden über eine lange Zeit offizielle statistische Informationen zur Zusammengefassten Geburtenziffer und zum Durchschnittsalter bei Geburt nur für Frauen veröffentlicht. Dudel und Klüsener (2018) hatten in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aufgezeigt, dass die Imputation des Alters des Vaters idealerweise konditional zum Alter der Mutter erfolgen sollte, da gerade bei jüngeren Müttern die Angaben zum Vater fehlen. In einer Kollaboration zwischen Olga Pötzsch (Statistisches Bundesamt), Sebastian Klüsener (BiB) und Christian Dudel (MPIDR) wurde das konditionale Imputationsverfahren bei der Statistik der Geburten implementiert, so dass 2020 erstmals offizielle statistische Zeitreihen zur Entwicklung der Vaterschaftsziffer und des durchschnittlichen Alters von Vätern bei der Geburt rückwirkend bis 1991 veröffentlicht werden konnten. Seit diesem Zeitpunkt werden die Angaben jährlich in der Datenbank GENESIS-Online veröffentlicht (12612-0021 bis 12612-0023). Im Rahmen des gemeinsamen Projekts entstand auch ein WISTA-Artikel, der das Verfahren beschrieb und weitere Analysen enthielt. |