Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Herausforderung Demografie – Aktuelle und künftige Entwicklungen
Zeit:
Mittwoch, 19.03.2025:
13:30 - 15:00

Chair der Sitzung: Dr. Philipp Deschermeier, Institut der deutschen Wirtschaft
Chair der Sitzung: Prof. Dr. Christina Benita Wilke, FOM Hochschule
Ort: Seminarraum A

E03.112

Zusammenfassung der Sitzung

Die empirische Forschung hat durch den demografischen Wandel viele neue Impulse erhalten – und bietet ihrerseits neue Impulse für die Praxis. Auch auf der kommenden Jahrestagung möchten wir wieder eine Plattform für einen Austausch bieten. Herzlich eingeladen sind sowohl erfahrene Personen aus der Wissenschaft, Promovierende als auch Praktiker aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft für einen lebhaften Diskurs. Erwünscht sind Beiträge zur demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland, die einen Bezug zur amtlichen Statistik aufweisen.


Mögliche Themenbereiche sind:


•Auswirkungen regionaler Fachkräfteengpässe auf Unternehmen und Haushalte

•Auswirkungen einer alternden Gesellschaft auf die sozialen Sicherungssysteme

•Zwischen Arbeitsplatz und Homeoffice – Mobilität in Zeiten der Energiekrise

•Der Übergang vom Arbeitsmarkt in den Ruhestand

•Heterogene Wohnungsmärkte: Wohnungsmangel in den Städten, Leerstand auf dem Land


AK Demografische und gesellschaftliche Entwicklungen

Dr. Philipp Deschermeier und Prof. Dr. Christina Benita Wilke


Präsentationen

Die Länge von Erwerbsleben in Deutschland – Messung mit Daten des Mikrozensus

Dudel, Christian1; Sulak, Harun2; Loichinger, Elke3; Klüsener, Sebastian2

1Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; 2Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden; 3Statistisches Bundesamt, Wiesbaden

Die Verlängerung der Erwerbsleben wird als ein Lösungsansatz für die Herausforderungen alternder Gesellschaften angesehen. Jedoch ist überraschend wenig darüber bekannt, wie sich die Erwerbslebensdauer in Deutschland entwickelt hat. Wir verwenden Daten des Mikrozensus für die Jahre 1991 bis 2022 und das Konzept der durchschnittlichen Lebensarbeitszeit, um diese Lücke zu füllen. Im vorliegenden Beitrag erfasst die durchschnittliche Lebensarbeitszeit alle Episoden in Erwerbstätigkeit über den Lebensverlauf hinweg, während Erwerbsunterbrechungen und Phasen von Arbeitslosigkeit oder Inaktivität nicht gezählt werden. Damit verändert sich die durchschnittliche Lebensarbeitszeit beispielsweise, wenn Eintritte in den Arbeitsmarkt durch verlängerte Ausbildungszeiten später erfolgen, oder wenn Austritte aus dem Arbeitsmarkt durch spätere Übergänge in den Ruhestand sich in höhere Alter verschieben. Außerdem wird die durchschnittliche Lebensarbeitszeit für die üblicherweise geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden korrigiert, um den Effekt von Teilzeitarbeit besser abzubilden. Unsere Ergebnisse differenzieren wir nach Geschlecht, drei Bildungsgruppen sowie West- und Ostdeutschland. Für Männer hat die durchschnittliche Lebensarbeitszeit seit den 1990ern nur sehr geringfügig zugenommen und liegt bei etwas unter 40 Jahren. Bei Frauen hat es hingegen einen Anstieg von 24 Jahren auf etwa 29 Jahre gegeben. Dabei verbergen sich hinter diesen Trends unterschiedliche Entwicklungen nach Lebensphase. Beispielsweise ist die durchschnittliche Lebensarbeitszeit während des späten Erwerbslebens für Männer wie auch für Frauen gestiegen. Die Ungleichheit in der Lebensarbeitszeit nach Bildung und Region ist erheblich. Die Gruppe mit der längsten Lebensarbeitszeit (westdeutsche Männer mit hohem Bildungsniveau) arbeitet ungefähr doppelt so lange wie die Gruppen mit der niedrigsten Lebensarbeitszeit (ostdeutsche Männer und Frauen mit niedrigem Bildungsniveau). Insgesamt liefern unsere Ergebnisse wichtige Informationen dazu, wie sich das Erwerbsleben in Deutschland verändert hat, und auf welchen Gruppen der besondere Fokus liegen müsste, um Ungleichheiten in der Länge des Erwerbslebens zu reduzieren.



Übergang in die Rente

Mika, Tatjana

Deutsche Rentenversicherung, Deutschland

Der Übergang in den Ruhestand beginnt für die meisten Personen in Deutschland mit dem ersten Bezug einer Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Rentenbezug ist damit einer der wichtigsten Einschnitte in der Biografie. Idealerweise fallen das Ende der Erwerbstätigkeit und der Beginn von Rentenzahlungen als Alterseinkommen zusammen. Dies ist für viele Deutsche der Fall, weil die Orientierung des Erwerbsverhaltens am individuell ersten möglichen Rentenbezug hoch ist. Aufgrund der komplizierten rechtlichen Regelungen für unterschiedliche Personengruppen, ist dieser Übergang Anlass für intensive persönliche Auseinandersetzungen und Entscheidungen. Die Auseinandersetzung mit den Regeln und Leistungen der Rentenversicherung ist daher in der zweiten Lebenshälfte ein zentrales Thema. So gibt es bei vielen rechtlich festgelegten Rentenzugangsoptionen einen starken Zusammenhang zwischen der Erwerbskarriere im weitesten Sinne und dem gleichzeitigen Übergang in den Ruhestand. Die Voraussetzungen des Rentenübergangs wurden in den letzten zwei Jahrzehnten mehrfach stark reformiert, so dass die Bedingungen für die zwischen 1941 und 1955 Geborenen nicht die gleichen waren. Der Vortrag zeigt die Veränderungen der Versicherungsbiografien als Ursachen veränderten Verrentungsverhaltens mit prozessproduzierten Daten der gesetzlichen Rentenversicherung.



Wohnsituation in Deutschland – Überall und für alle die gleiche Belastung?

Schütz-Hauser, Stefan

Statistisches Bundesamt, Deutschland

Wohnen ist eines der drängendsten sozialen Themen in Deutschland. Jeder Mensch ist unweigerlich von dieser Thematik betroffen. Diskussionen über mangelnden Wohnraum und steigende Wohnkosten haben daher in den vergangenen Jahren zunehmend an Relevanz gewonnen und prägen immer häufiger den öffentlichen Diskurs rund um das Thema Wohnen in Deutschland. Vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheiten ist es sinnvoll, in den Blick zu nehmen, wer zur Miete oder im Eigentum lebt, wie viel Wohnfläche privaten Haushalten in Deutschland zur Verfügung steht, und auch, wie viel Geld für das Wohnen aufgewendet werden muss.<br>

Der Vortrag befasst sich daher mit der genannten Thematik anhand der Ergebnisse des Zusatzprogramms Wohnen des Mikrozensus.<br>

So zeigen sich bezüglich der Eigentumsquote oder der Mietbelastungsquote zwischen 2006 und 2022 auf Bundesebene keine bis wenig Veränderungen in den letzten 16 Jahren. Die Entwicklung der zur Verfügung stehenden Wohnfläche zeigt mit einem leichten Anstieg sogar ein positives Bild.<br>

Eine regional differenzierte Betrachtung macht jedoch deutlich, dass einige der beobachtbaren Zusammenhänge nicht für alle Regionen in Deutschland gleichermaßen zutreffen.<BR>

So sind Mieterinnen und Mieter in urbanen Regionen, insbesondere in den Großstädten stärker durch die Mieten belastet und müssen deutlich mehr ihres Haushaltsnettoeinkommen für die Bruttokaltmiete aufwenden, als Haushalte in ländlichen Regionen. Gleichzeitig unterscheidet sich die Eigentumsquote auf Bundeslandebene enorm und variiert erheblich zwischen urbanen und ländlichen Regionen.<br>

Zudem unterscheidet sich die Belastung durch die Wohnsituation sichtbar nach Haushalttypen bzw. -Zusammensetzungen. Vor allem Einpersonenhaushalte, Haushalte, in denen alle Mitglieder eine Einwanderungsgeschichte haben, oder aber auch Alleinerziehenden-Haushalte sind besonders stark belastet durch ihre Mietausgaben, haben weniger Wohnfläche zur Verfügung, ein kürzer zurückliegendes Einzugsdatum und damit häufig höhere Quadratmeterpreise. Außerdem handelt es sich durchschnittlich seltener um Haushalte im selbstbewohnten Eigentum.<br>

Eine differenzierte Betrachtung der Wohnverhältnisse nach regionalen Unterschieden und verschiedenen Haushaltstypen ist somit unerlässlich, um die Wohnsituation der Haushalte in Deutschland umfassend darstellen zu können.<br>



Strategien zur Sicherung von Wissen im demografischen Wandel: Ein integrativer Ansatz zwischen Pädagogik und KI

Illi, Manuel; Sobczak, Filip

QualityMinds GmbH, Deutschland

Die demografische Entwicklung in Deutschland führt dazu, dass bis 2036 etwa 30 % der Erwerbstätigen in den Ruhestand treten werden. Dies stellt Unternehmen und Institutionen vor die dringliche Herausforderung nicht nur Personal, sondern auch wertvolles Erfahrungswissen zu verlieren. Besonders betroffen sind Bereiche, die bereits heute unter Fachkräftemangel leiden.

In unserem Beitrag stellen wir einen neuartigen Ansatz vor, der in Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus den Bereichen Fort-/Weiterbildung und Künstliche Intelligenz entwickelt wurde. Ziel ist es, die Sicherung und flexible Nutzung von Wissen durch eine Kombination aus heuristischen, wissenstheoretischen und KI-basierten Methoden zu ermöglichen. Der Ansatz besteht aus drei Phasen:

  1. Analyse und Sensibilisierung: Durch simulations- und problembasiertes Lernen sowie Discovery-Workshops werden neuralgische Stellen in Organisationen identifiziert, an denen durch Pensionierungen Wissensverluste drohen. Zudem wird unternehmensweit ein Bewusstsein für die Dringlichkeit des Wissensschutzes geschaffen.

  2. Wissenssicherung: Mittels Interviews, Storytelling-Workshops und weiteren qualitativen Methoden wird vor allem implizites und prozedurales Wissen systematisch erfasst. Dies berücksichtigt auch die Herausforderung, schwer dokumentierbare Erfahrungswerte für die Zukunft zugänglich zu machen.

  3. Wissensaufbereitung und Nutzung: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz, insbesondere Large Language Models (LLMs), wird das gesicherte Wissen aufbereitet und zugänglich gemacht. KI-gestützte Lösungen ermöglichen eine dynamische Nutzung des Wissens, indem sie spezifische Fragen im betrieblichen Kontext adressieren.

Mit diesem Beitrag möchten wir eine Diskussion in der DGD-Tagung eröffnen, die neue Perspektiven auf die Sicherung von Wissen im demografischen Wandel bietet. Besonders im Fokus stehen interdisziplinäre Ansätze, die Erkenntnisse aus der Pädagogik, Wissenssoziologie und Künstlichen Intelligenz integrieren. Unser Ziel ist es, praxisnahe und zugleich theoretisch fundierte Strategien zur Gestaltung dieser Transformation zu entwickeln und weiterzuverfolgen.